Die englische Rebellin: Historischer Roman (German Edition)
erwachen. Frostbeulen waren ein weiterer Grund, sich an einem eisigen Februartag nicht vom Feuer zu entfernen. Er schob die Nase eines hungrig bettelnden Hundes weg.
»Wie geht es meiner Mutter?«
Sein Vater betupfte sich mit einer Serviette die Lippen. »Recht gut, aber wie wir alle sehnt sie den Frühling herbei – und wartet natürlich auf Neuigkeiten von dir.«
»Sobald das Wetter besser wird, reite ich nach Framlingham und besuche sie.«
»Vielleicht sogar schon früher.«
»Oh?« Hugh hob fragend eine Braue.
Der Earl blickte zu seinen anderen Söhnen hinüber.
»Nach dem Essen. Ich will unter vier Augen und ungestört mit dir reden.«
Er ließ sich nicht umstimmen, und Hugh blieb nichts anderes übrig, als seine Neugier zu bezähmen.
Nach einer bescheidenen Fastenmahlzeit, die aus Fischsuppe und Brot bestand, verschwand Ralph, um seine Wölfe abzubalgen. William zog es vor, mit den Rittern zu würfeln, nachdem ihm bedeutet worden war, sich zu entfernen.
Hughs innere Anspannung wuchs, während er darauf wartete, dass sein Vater das Gespräch eröffnete. Irgendetwas Bedeutendes stand an.
Der Earl kehrte dem Feuer den Rücken zu und räusperte sich. »William Marshal ist an mich herangetreten und hat mir angeboten, dir seine älteste Tochter zur Frau zu geben.«
Die Neuigkeit kam nicht überraschend, trotzdem verspürte Hugh ein flaues Gefühl im Magen. Sein Vater hielt schon seit einiger Zeit nach einer passenden Braut Ausschau. Marshals Tochter war einer von mehreren Namen auf der Liste.
»Ich habe ihm gesagt, ich würde über seinen Vorschlag nachdenken und ihm meine Antwort geben, nachdem ich mit dir gesprochen hätte.«
»Sie ist noch keine elf Jahre alt.« Hughs erster Gedanke kam ihm über die Lippen, obwohl er ihn gar nicht hatte aussprechen wollen.
»Sie wird schnell heranwachsen, und du bist auch noch jung und kannst dir Zeit lassen mit dem Heiraten. Ich war über dreißig, als ich deine Mutter heiratete, und William Marshal war doppelt so alt wie du, als er Isabelle of Leinster zur Frau nahm. Was zählt, ist die Ehre und das Ansehen einer Verbindung mit den Marshals und die Verwandtschaft, die uns das Mädchen beschert.«
Hugh dachte daran, wie er beim Weihnachtsfest in Canterbury mit Mahelt Marshal getanzt hatte. Sie war groß für ihr Alter und schlank und geschmeidig wie ein Jagdhund. Vor allem ihr Haar hatte ihn fasziniert – glänzend dunkelbraun mit einem Bronzeschimmer. Er hatte ihre Gesellschaft genossen, aber sie war ein ausgelassenes Kind, keine Frau, die man heiratete und mit ins Bett nahm. Tatsächlich kamen ihm, wenn er an die Familie Marshal dachte, der Earl und die Countess in den Sinn, nicht Mahelt. Bei Hof hatte er sich immer stark von Countess Isabelle angezogen gefühlt, die mit Anfang dreißig eine starke und reizvolle Frau war.
»Irgendetwas macht dir Sorgen, das sehe ich dir an.«
Hugh stützte das Kinn in die Hand.
»Es mag ja nicht mehr lange dauern, bis das Mädchen eine erwachsene Frau ist, aber was, wenn sie in der Zwischenzeit
stirbt? Dann verlieren wir ihre Mitgift, und andere Angebote sind uns entgangen.«
»Das Risiko müssen wir eingehen«, räumte sein Vater ein. »Aber Mahelt Marshal ist nicht kränklich … alle ihre Brüder und Schwestern sind so robust wie Schlachtrösser.« Ein Funke glomm in den Augen des älteren Mannes auf. »Gutes Zuchtmaterial.«
Hugh stieß den Atem aus und grinste hämisch.
Sein Vater wurde ernst.
»Wir werden kein besseres Angebot erhalten.«
Hugh wusste, dass der scharfe Verstand seines Vaters und seine Fähigkeit, logisch zu argumentieren, der Grund dafür waren, dass der König ihn als Richter und Berater schätzte. Er hatte jegliche Vor- und Nachteile dieser Verbindung mit Sicherheit genau abgewogen und würde auf jeden Einwand von Hugh eine Antwort haben.
»Ich füge mich deinem Willen, Vater«, sagte er. »Ich kenne meine Pflicht gegenüber der Familie, und meine Bedenken sind nicht von Belang.«
Die Lippen seines Vaters verzogen sich zu einem leisen Lächeln.
»Trotzdem sind sie verständlich. Ich bin froh, einen Sohn großgezogen zu haben, der selbstständig zu denken vermag. Lord Marshal wünscht im Moment nur eine Verlobung. Die Heirat soll ausgesetzt werden, bis das Mädchen alt genug ist, um die Pflichten einer Ehefrau zu übernehmen.«
»Wird sie bei uns leben?« Hughs Ton klang gleichmütig, obwohl ihn die Vorstellung, eine Kindfrau an seiner Seite zu haben, insgeheim beunruhigte, auch
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