Die Entdeckung der Erde
Meerbusen bildete. Nach d’Avezac wäre unter diesem Golfe die Mündung des Rio do Ouro zu verstehen, der sich unsern dem Wendekreise des Krebses in den Atlantischen Ocean ergießt. Im Grunde des betreffenden Golfes zeigte sich eine Insel mit vielen Gorillas, welche die Karthager für beharrte Wilde hielten. Es gelang ihnen, sich dreier, »Frauen« zu bemächtigen, die sie jedoch, der unbezähmbaren Wildheit dieser Affenweibchen wegen, später tödten mußten.
Die genannte Südspitze bezeichnet die äußerste, von der punischen Expedition erreichte Grenze. Einige Commentatoren behaupten sogar, sie habe Cap Bojador, das kaum zwei Grade unterhalb des Wendekreises liegt, nicht überschritten, doch scheint man sich im Allgemeinen mehr der anderen Annahme zuzuneigen. An diesem Punkte angekommen, schlug Hanno, dessen Nahrungsmittel-Vorrath sich sichtbar gelichtet hatte, wiederum den Weg nach Norden ein und kehrte glücklich nach Karthago zurück, wo er seinen Reisebericht im Tempel des Baal Moloch aufzeichnen ließ.
Nach dem karthagischen Seefahrer war der berühmteste Reisende des Alterthums aus historischer Zeit der Neffe des Dichters Panyasis, dessen Poesien damals sogar mit denen Homer’s und Hesiod’s rivalisirten, der gelehrte Herodot, mit dem ehrenden Beinamen »der Vater der Geschichte«. Für unseren Zweck trennen wir den Reisenden von dem Geschichtsschreiber und folgen nur jenem durch die von ihm durchzogenen Lande.
Herodot wurde in Halikarnassus, einer Stadt Kleinasiens, im Jahre 484 v. Chr. geboren. Seine Familie war vermögend und konnte in Folge ihrer weitverzweigten Handelsverbindungen dem in ihm sehr frühzeitig erwachenden Forschungstriebe Genüge leisten. Zu jener Zeit stritt man sich noch lebhaft über die eigentliche Gestalt der Erde. Die pythagoräische Schule lehrte indeß schon, daß sie rund sein müsse. Herodot selbst betheiligte sich nicht an dieser Discussion, welche die Gelehrten des Zeitalters ungemein erregte, sondern verließ, noch jung an Jahren, das Vaterland in der Absicht, die zu seiner Zeit mehr oder weniger bekannten Länder möglichst sorgfältig zu durchforschen, da über dieselben im Ganzen nur sehr unzuverlässige Berichte existirten.
Im Jahre 464 verließ er, erst zwanzig Sommer alt, Halikarnassus. Aller Wahrscheinlichkeit nach wandte er sich zuerst nach Egypten und besuchte Memphis, Heliopolis und Theben. Auf dieser Reise glückte es ihm, sehr werthvolle Beobachtungen über das periodische Austreten des Nils zu machen, und er theilt bei dieser Gelegenheit auch die verschiedenen Anschauungen seiner Zeitgenossen über die Quellen jenes Flusses mit, dem die Egypter wahrhaft göttliche Verehrung zollten. »Wenn der Nil aus den Ufern getreten ist,« sagt er, »sieht man nichts weiter mehr als die Städte; sie ragen aus den Wassern empor und gleichen dann nahezu den Inseln des Aegäischen Meeres.« Er erzählt von den religiösen Ceremonien der Egypter, von ihren frommen Opfern, ihrem Eifer bei den Festen der Göttin Isis, vorzüglich in Busiris, dessen Ruinen man noch heutzutage neben dem neueren Bousir findet; von ihrer Verehrung der wilden und der Hausthiere, welche sie für geheiligt halten, und denen sie ein ehrenvolles Begräbniß zu Theil werden lassen. Als getreuer Naturbeobachter beschreibt er das Krokodil des Nils, dessen Körperbau und Lebensweise, nebst der Art und Weise, wie man es fängt; ferner den Hyppopotamus, den Tupinambis, Phönix, Ibis und die dem Jupiter geheiligten Schlangen. Von den Sitten und Gebräuchen der Egypter besitzt man keine verläßlicheren Berichte als die seinigen. Er schildert das häusliche Leben, die öffentlichen Spiele wie die Methode der Einbalsamirung, in der die Chemiker jener Zeit sich ganz besonders auszeichneten. Ferner giebt er von Menes, dem ersten Könige ausgehend, eine Geschichte des Landes; beschreibt die Errichtung und die innere Construction der Pyramiden unter der Regierung Cheop’s, das, ein wenig über dem Möris-See erbaute Labyrinth, dessen Ueberreste im Jahre 1799 aufgefunden wurden; den Möris-See selbst, den er mit der hohlen Hand des Menschen vergleicht, und die beiden Pyramiden, welche sich über seine Wasserfläche erheben; er leiht seiner Bewunderung über den Tempel der Minerva zu Saïs beredten Ausdruck, ebenso wie über die in Memphis errichteten Tempel Vulkans und der Isis und über jenen kolossalen Monolithen, zu dessen Ueberführung von Elephantine nach Saïs 2000 Schiffer nicht weniger als drei Jahre
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