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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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rotbraune Mäuse auf der Welt gab, nur eben keine in Stubbins (und in Smiggins auch nicht, wie sich herausstellte).
    »Und außerdem«, sagte Tante Beezer und schnitt den Streit zwischen Alex und Alice ab, der darüber entbrannt war, wer von ihnen der Apfel, wer der Käse und wer wohl der Pingpongball sei, »außerdem geht ihr das ganz falsch an. Ein Sofa ist doch nicht wie der Ast eines Baumes. Ihr müsst die Methode anpassen.« Behände hüpfte sie auf die Sofalehne, sprang dann mit dem Kopf voraus ab, schlug in der Luft einen Salto und landete graziös auf den Füßen.
    »Wow, Tante Beezer!« Ihre Neffen, ihre Nichte und ihr Mann klatschten laut Applaus.
    »Zeig uns, wie man das macht!«, rief Alex.
    Somit wurde der restliche Abend bis zum Zubettgehen damit zugebracht, mit Überschlag vom Sofa zu springen, bis sie alle den Dreh raushatten (außer Onkel Ebenezer, der offenbar doch nicht mehr so wendig war wie früher).
    In dieser Nacht sank Alistair sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf, bis er kurz nach Mitternacht von einem Pochen an den Fensterläden geweckt wurde.

    Alex gähnte und streckte sich. Sonnenlicht schien ihm auf die Lider und er schlug die Augen auf. Jemand musste die Fensterläden geöffnet haben, obwohl es erst – er warf einen Blick auf den Wecker auf seinem Nachttisch – halb sieben war. Halb sieben! Er sah zum Bett seiner Schwester. Sie hatte den Kopf unter dem Kissen vergraben und schlief noch. Alistairs Bett, das direkt unter dem offenen Fenster stand, war leer.
    Mit einem Seufzer schlug Alex die Decke zurück. Er würde jetzt sowieso nicht mehr einschlafen können. Da konnte er also genauso gut nachsehen, ob noch etwas von dem Käsekuchen vom gestrigen Abend übrig war.
    Er tappte in die Küche hinüber, in der Erwartung, seinen Bruder dort anzutreffen. Doch Alistair war weder in der Küche noch im Wohn- und Esszimmer und auch nicht im Badezimmer. Als er an der Wohnungstür vorbeikam, fiel ihm auf, dass die Kette noch vorgelegt war.
    Alex ließ das Essen erst mal Essen sein. Er horchte an der Schlafzimmertür von Tante und Onkel, aber das Einzige, was er hören konnte, war Ebenezers lautes, trompetenartiges Schnarchen, begleitet von Beezers singendem Pfeifen – nichts von Alistair.
    Seltsam berührt und etwas in Sorge kehrte er in ihr Zimmer zurück. »Alice«, sagte er und rüttelte seine Schwester wach, »Alistair ist weg.«
    Alice brummte etwas und schüttelte ihn ab, aber er zog ihr das Kissen vom Kopf und sagte noch mal: »Alistair ist weg.«
    »Kann ich ihm nicht übel nehmen«, sagte Alice und griff nach ihrem Kopfkissen. »Wenn du nicht aufhörst, mich zu schütteln, dann hau ich auch ab. Schließlich haben wir Ferien ! Wir dürfen schlafen, so lange wir wollen – oder auch früh aufstehen, wie im Fall von Alistair.«
    »Ich meine es ernst, Schwesterherz. Ich hab die ganze Wohnung abgesucht. Er ist nicht da.«
    »Dann ist er vielleicht draußen.«
    »Aber die Kette ist noch vorgehängt«, sagte Alex.
    »Hmm.« Alice verstummte kurz. »Das ist wirklich seltsam.« Mit einem Gähnen schlug sie die Decke zurück und setzte sich auf die Bettkante. »Was ist mit dem Fenster?«
    »Also, nicht mal ich würde es wagen, aus dem zweiten Stock zu klettern, und Alistair schon gar nicht.«
    Zusammen gingen sie ans Fenster und sahen hinaus. Unter ihnen lag ein Gemüsebeet, das Herrn Groll aus dem Erdgeschoss gehörte, dann kam ein Stück Rasen und dahinter die Straße, die demnächst voll sein würde von Mäusen, die zur Arbeit oder zum Einkaufen gingen. Aber um diese Stunde lag sie noch ruhig da. Selbst Herr Groll, der gewöhnlich mit den Spatzen aufstand, um zu gießen, ehe es in der Sonne zu heiß wurde, war noch nicht in seinem Garten.
    Als sich Alice über das Fensterbrett beugte, wurde sie auf etwas Türkisfarbenes aufmerksam: ein Stück Wollfaden, das sich am Rand des halb geöffneten Fensterladens verfangen hatte.
    »Alex«, sagte sie und sah ihren Bruder an, »hat Alistair seinen Schal umgehabt, als er ins Bett gegangen ist?«
    Alex zuckte mit den Schultern. »Ich glaube schon. Er nimmt ihn doch fast nie ab.«
    »Dann können wir wohl mit Sicherheit sagen, dass er durch das Fenster hier verschwunden ist.«
    »Aber wie?«, wollte Alex wissen. »Und warum? Das ist doch ganz unwahrscheinlich.«
    Alice streckte den Kopf wieder aus dem Fenster. »Alistair!«, zischte sie mit lautem Flüstern. »Alistair, bist du da draußen?«
    Alex drängte sie zur Seite. »Alistair!«, brüllte

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