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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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besorgt; atmet doch und verdaut und excernirt der Nahrungskanal in der Larve der Libellen wie in dem Fische Cobitis . Wendet man die Hydra wie einen Handschuh um, das Innere nach außen, so verdaut die äußere Oberfläche und die innere atmet. In solchen Fällen könnte die natürliche Zuchtwahl das ganze Organ oder einen Teil desselben, welches bisher zweierlei Verrichtungen gehabt hat, ausschließlich nur für einen der beiden Zwecke spezialisieren und so in unmerklichen Schritten die ganze Natur des Organes allmählich umändern, wenn damit irgend ein Vorteil erreicht würde. Es sind viele Fälle von Pflanzen bekannt, welche regelmäßig zu derselben Zeit verschieden gebildete Blüten produzieren; sollten derartige Pflanzen nur eine Form hervorbringen, so würde verhältnismäßig eine große Veränderung in ihrem spezifischen Charakter eintreten. Es ist indessen wahrscheinlich, dass die zwei Arten von Blüten auf derselben Pflanze ursprünglich durch fein graduirte Abstufungen hervorgebracht worden sind, welche in einigen Fällen noch verfolgt werden können.
    Ferner verrichten zuweilen zwei verschiedene Organe oder ein und dasselbe Organ unter zwei sehr verschiedenen Formen gleichzeitig einerlei Funktion in demselben Individuum, und dies ist ein äußerst wichtiges Übergangsmittel. So gibt es, um ein Beispiel anzuführen, Fische mit Kiemen, womit sie die im Wasser verteilte Luft einatmen, während sie zu gleicher Zeit atmosphärische Luft mit ihrer Schwimmblase atmen, welches Organ zu dem Ende durch einen Luftgang mit dem Schlunde verbunden und innerlich von sehr gefäßreichen Zwischenwänden durchzogen ist. Um noch ein anderes Beispiel aus dem Pflanzenreich zu geben: Pflanzen klettern durch drei verschiedene Mittel, durch eine spirale Windung, durch Ergreifen von Stützen mittelst ihrer empfindlichen Ranken und durch die Emission von Luftwurzeln; diese drei Mittel findet man gewöhnlich in besonderen Gattungen oder Familien; einige wenige Pflanzen bieten aber zwei oder selbst alle drei Mittel in demselben Individuum vereint dar. In allen solchen Fällen kann das eine der beiden dieselbe Funktion vollziehenden Organe leicht verändert und so vervollkommnet werden, dass es immer mehr die ganze Arbeit allein übernimmt, wobei es während dieses Modifikationsprozesses durch das andere Organ unterstützt wird; und dann kann das andere entweder zu einer neuen und ganz verschiedenen Bestimmung modifiziert werden oder gänzlich verkümmern.
    Das Beispiel von der Schwimmblase der Fische ist sehr belehrend, weil es uns die hochwichtige Tatsache zeigt, wie ein ursprünglich zu einem besonderen Zwecke, zum Flottiren, gebildetes Organ für eine ganz andere Verrichtung umgeändert werden kann, und zwar für die Athmung. Auch ist die Schwimmblase als ein Nebenbestandteil für das Gehörorgan mancher Fische mitverarbeitet worden. Alle Physiologen geben zu, dass die Schwimmblase in Lage und Struktur den Lungen höherer Wirbeltiere »homolog« oder »ideell gleich« sei; daher ist kein Grund vorhanden, daran zu zweifeln, dass die Schwimmblase wirklich in eine Lunge oder in ein ausschließlich zum Athmen benutztes Organ verwandelt worden sei.
    Nach dieser Ansicht kann man wohl schließen, dass alle Wirbeltiere mit echten Lungen auf dem gewöhnlichen Fortpflanzungswege von einer alten unbekannten Urform abstammen, welche mit einem Schwimmapparat oder einer Schwimmblase versehen war. So mag man sich, wie ich aus Professor Owen’s interessanter Beschreibung dieser Teile entnehme, die sonderbare Tatsache erklären, wie es komme, dass jedes Teilchen von Speise und Trank, die wir zu uns nehmen, über die Mündung der Luftröhre weggleiten muss mit einiger Gefahr in die Lungen zu fallen, der sinnreichen Einrichtung ungeachtet, wodurch der Kehldeckel die Stimmritze schließt. Bei den höheren Wirbeltieren sind die Kiemen gänzlich verschwunden, aber die Spalten an den Seiten des Halses und der schlingenförmige Verlauf der Arterien deuten in dem Embryo noch ihre frühere Stelle an. Doch ist es begreiflich, dass die jetzt gänzlich verschwundenen Kiemen durch natürliche Zuchtwahl zu einem ganz anderen Zwecke umgearbeitet worden sind; so hat z. B. Landois gezeigt, dass sich die Flügel der Insekten von den Tracheen aus entwickeln; es ist daher in hohem Grade wahrscheinlich, dass in dieser großen Klasse Organe, die einst zur Athmung gedient haben, jetzt faktisch zu Flugorganen umgewandelt worden sind.
    Was die Übergangsstufen der

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