Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
Vom Netzwerk:
einander durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden. Ich will hier nicht auf diese mancherlei Fälle eingehen, sondern nur bei einer besondern Schwierigkeit stehen bleiben, welche mir anfangs unübersteiglich und meiner ganzen Theorie wirklich verderblich zu sein schien. Ich will von den geschlechtlosen Individuen oder unfruchtbaren Weibchen der Insektencolonien sprechen; denn diese Geschlechtslosen weichen sowohl von den Männchen als den fruchtbaren Weibchen in Bau und Instinkt oft sehr weit ab und können doch, weil sie steril sind, ihre eigentümliche Beschaffenheit nicht selbst durch Fortpflanzung weiter übertragen.
    Dieser Gegenstand verdiente wohl eine weitläufigere Erörterung; doch will ich hier nur einen einzelnen Fall herausheben, die Arbeiter- oder geschlechtslosen Ameisen. Anzugeben wie diese Arbeiter steril geworden sind, ist eine große Schwierigkeit, doch nicht viel größer als bei andern auffälligen Abänderungen in der Organisation. Denn es lässt sich nachweisen, dass einige Insekten und andere Gliedertiere im Naturzustande zuweilen unfruchtbar werden; und falls dies nun bei gesellig lebenden Insekten vorgekommen und es der Gemeinde vorteilhaft gewesen ist, dass jährlich eine Art zur Arbeit geschickter aber zur Fortpflanzung untauglicher Individuen unter ihnen geboren werde, so sehe ich keine Schwierigkeit, warum nicht die natürliche Zuchtwahl dies hervorgebracht haben könnte. Doch muss ich über dieses vorläufige Bedenken hinweggehen. Die Größe der Schwierigkeit liegt darin, dass diese Arbeiter sowohl von den männlichen wie von den weiblichen Ameisen auch in ihrem übrigen Bau, in der Form des Bruststückes, in dem Mangel der Flügel und zuweilen der Augen, so wie in ihren Instinkten weit abweichen. Was den Instinkt allein betrifft, so hätte sich die wunderbare Verschiedenheit, welche in dieser Hinsicht zwischen den Arbeitern und den fruchtbaren Weibchen sich ergibt, noch weit besser bei den Honigbienen nachweisen lassen. Wäre eine Arbeitsameise oder ein anderes geschlechtsloses Insekt ein Tier in seinem gewöhnlichen Zustande, so würde ich ohne Zögern angenommen haben, dass alle seine Charaktere durch natürliche Zuchtwahl langsam entwickelt worden seien, und dass namentlich, wenn ein Individuum mit irgend einer kleinen nutzbringenden Abweichung des Baues geboren worden wäre, sich diese Abweichung auf dessen Nachkommen vererbt habe, welche dann ebenfalls variieren und bei weiterer Züchtung wieder gewählt wurden, und so fort. In der Arbeiterameise aber haben wir ein von seinen Eltern abweichendes Insekt, doch absolut unfruchtbar, welches daher succesiv erworbene Abänderungen des Baues oder Instinktes nie auf eine Nachkommenschaft weiter vererben kann. Man kann daher wohl fragen, wie es möglich sei, diesen Fall mit der Theorie natürlicher Zuchtwahl in Einklang zu bringen?
    Zunächst können wir mit unzähligen Beispielen sowohl unter unseren cultivirten als unter den natürlichen Erzeugnissen belegen, dass vererbte Strukturverschiedenheiten aller Arten mit gewissen Altersstufen und mit einem der zwei Geschlechter in Correlation getreten sind. Wir haben Verschiedenheiten, die in solcher Correlation nicht nur allein mit dem einen Geschlechte, sondern sogar bloss mit der kurzen Jahreszeit stehen, wo das Reproduktivsystem tätig ist, wie das hochzeitliche Kleid vieler Vögel und der hakenförmige Unterkiefer des männlichen Salmen. Wir haben selbst geringe Unterschiede in den Hörnern einiger Rinderrassen, welche mit einem künstlich unvollkommenen Zustande des männlichen Geschlechts in Bezug stehen; denn die Ochsen haben in manchen Rassen längere Hörner als die andrer Rassen, im Vergleich zu denen der Bullen oder Kühe derselben Rassen. Ich finde daher keine wesentliche Schwierigkeit darin, dass irgend ein Charakter mit dem unfruchtbaren Zustande gewisser Mitglieder von Insektengemeinden in Correlation tritt; die Schwierigkeit liegt nur darin zu begreifen, wie solche in Wechselbeziehung stehende Modifikationen des Baues durch natürliche Zuchtwahl langsam gehäuft werden konnten.
    Diese anscheinend unüberwindliche Schwierigkeit wird aber bedeutend geringer oder verschwindet, wie ich glaube, gänzlich, wenn wir bedenken, dass Zuchtwahl ebensowohl bei der Familie als bei den Individuen anwendbar ist und daher zum erwünschten Ziele führen kann. Rindviehzüchter wünschen das Fleisch vom Fett gut durchwachsen; ein so charakterisiertes Tier ist geschlachtet worden, aber der

Weitere Kostenlose Bücher