Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
zwar, wenn man berücksichtigt, wie wenig außerhalb Europa’s solche Geschlechtslosen untersucht worden sind, nicht einmal selten. F. Smith hat gezeigt, wie erstaunlich dieselben bei den verschiedenen englischen Ameisenarten in der Größe und mitunter in der Farbe variieren, und dass selbst die äußersten Formen zuweilen vollständig durch aus demselben Neste entnommene Individuen untereinander verbunden werden können. Ich selbst habe vollkommene Stufenreihen dieser Art mit einander vergleichen können. Zuweilen geschieht es, dass die größeren oder die kleineren Arbeiter die zahlreicheren sind; oder auch beide sind gleich zahlreich mit einer mittleren weniger zahlreichen Zwischenform. Formica flava hat größere und kleinere Arbeiter mit einigen wenigen von mittlerer Größe; und bei dieser Art haben nach Smith’s Beobachtung die größeren Arbeiter einfache Augen (Ocelli), welche, wenn auch klein, doch deutlich zu beobachten sind, während die Ocellen der kleineren nur rudimentär erscheinen. Nachdem ich verschiedene Individuen dieser Arbeiter sorgfältig zergliedert habe, kann ich versichern, dass die Ocellen der kleineren weit rudimentärer sind, als aus ihrer im Verhältnis geringeren Größe allein zu erklären wäre, und ich glaube fest, wenn ich es auch nicht gewiß behaupten darf, dass die Arbeiter von mittlerer Größe auch Ocellen von mittlerem Vollkommenheitsgrade besitzen. Hier finden sich daher zwei Gruppen steriler Arbeiter in einem und demselben Neste, welche nicht allein in der Größe, sondern auch in den Gesichtsorganen von einander abweichen, jedoch durch einige wenige Glieder von mittlerer Beschaffenheit miteinander verbunden werden. Ich könnte nun noch weiter gehen und sagen, dass, wenn die kleineren die nützlicheren für den Haushalt der Gemeinde gewesen wären und demzufolge immer diejenigen Männchen und Weibchen, welche die kleineren Arbeiter liefern, bei der Züchtung das Obergewicht gewonnen hätten, bis alle Arbeiter einerlei Beschaffenheit erlangten, wir eine Ameisenart haben müssten, deren Geschlechtslose fast wie bei Myrmica beschaffen wären. Denn die Arbeiter von Myrmica haben nicht einmal Augenrudimente, obwohl deren Männchen und Weibchen wohlentwickelte Ocellen besitzen.
Ich will noch ein anderes Beispiel anführen. Ich erwartete so zuversichtlich Abstufungen in wesentlichen Teilen des Körperbaues zwischen den verschiedenen Kasten der Geschlechtslosen in einer nämlichen Art zu finden, dass ich mir gern Hrn. F. Smith’s Anerbieten zahlreicher Exemplare von demselben Neste der Treiberameise ( Anomma ) aus Westafrica zu nutze machte. Der Leser wird vielleicht die Größe des Unterschiedes zwischen diesen Arbeitern am besten bemessen, wenn ich ihm nicht die wirklichen Ausmessungen, sondern ein völlig entsprechendes Beispiel mitteile. Die Verschiedenheit war eben so groß, als ob wir eine Reihe von Arbeitsleuten ein Haus bauen sähen, von welchen viele nur fünf Fuß vier Zoll und viele andere bis sechszehn Fuß groß wären (1 : 3); dann müssten wir aber noch außerdem annehmen, dass die größeren vier- statt dreimal so große Köpfe als die kleineren und fast fünfmal so große Kinnladen hätten. Überdies ändern die Kinnladen dieser Arbeiter verschiedener Größen wunderbar in Form, in Größe und in der Zahl der Zähne ab. Aber die für uns wichtigste Tatsache ist, dass, obwohl man diese Arbeiter in Kasten von verschiedener Größe unterscheiden kann, sie doch unmerklich in einander übergehen, wie es auch mit der so weit auseinander weichenden Bildung ihrer Kinnladen der Fall ist. Ich kann mit Zuversicht über diesen letzten Punkt sprechen, da Sir John Lubbock Zeichnungen dieser Kinnladen mit der Camera lucida für mich angefertigt hat, welche ich von den Arbeitern verschiedener Größen abgelöst hatte. Bates hat in seiner äußerst interessanten Schrift »Naturalist on the Amazons« einige analoge Fälle beschrieben.
Mit diesen Tatsachen vor mir glaube ich, dass natürliche Zuchtwahl, auf die fruchtbaren Ameisen oder die Eltern wirkend, eine Art zu bilden im Stande ist, welche regelmäßig auch ungeschlechtliche Individuen hervorbringen wird, die entweder alle eine ansehnliche Größe und gleichbeschaffene Kinnladen haben, oder welche alle klein und mit Kinnladen von sehr verschiedener Bildung versehen sind, oder welche endlich (und dies ist die Hauptschwierigkeit) gleichzeitig zwei Gruppen von verschiedener Beschaffenheit darstellen, wovon die eine von einer
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