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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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unsere Klassification noch etwas mehr als blosse Ähnlichkeit zu berücksichtigen habe. Und ich glaube in der Tat, dass dies der Fall ist, und dass die Gemeinsamkeit der Abstammung (die einzige bekannte Ursache der Ähnlichkeit organischer Wesen) das durch mancherlei Modifikationsstufen verborgene Band ist, welches durch unsere natürliche Klassification teilweise enthüllt werden kann.
    Betrachten wir nun die bei der Klassification befolgten Regeln und die dabei vorkommenden Schwierigkeiten von der Ansicht aus, dass die Klassification entweder einen unbekannten Schöpfungsakt darstellt oder auch nur einfach ein Mittel bietet, allgemeine Sätze auszuprechen und die einander ähnlichsten Formen zusammenzustellen. Man könnte annehmen und es ist in älteren Zeiten angenommen worden, dass diejenigen Teile der Organisation, welche die Lebensweise und im Allgemeinen die Stellung eines jeden Wesens im Haushalte der Natur bestimmen, von sehr großer Bedeutung bei der Klassification wären. Und doch kann nichts unrichtiger sein. Niemand legt mehr der äußern Ähnlichkeit der Maus mit der Spitzmaus, des Dugongs mit dem Wale, und des Wales mit dem Fisch einige Wichtigkeit bei. Diese Ähnlichkeit, wenn auch in innigstem Zusammenhange mit dem ganzen Leben des Tieres stehend, werden als blosse »analoge oder Anpassungs-Charaktere« bezeichnet; doch werden wir auf die Betrachtung dieser Ähnlichkeiten später zurückkommen. Man kann es sogar als eine allgemeine Regel ansehen, dass, je weniger ein Teil der Organisation für Spezialzwecke bestimmt ist, desto wichtiger er für die Klassification wird. So z. B. sagt R. Owen, indem er vom Dugong spricht: »Ich habe die Generationsorgane, insofern sie mit Lebens- und Ernährungsweise der Tiere in wenigst naher Beziehung stehen, immer als solche betrachtet, welche die klarsten Andeutungen über die wahren Verwandtschaften derselben zu liefern vermögen. Wir sind am wenigsten der Gefahr ausgesetzt, in Modifikationen dieser Organe einen bloss adaptiven für einen wesentlichen Charakter zu nehmen.« So ist es auch mit den Pflanzen. Wie merkwürdig ist es nicht, dass die Vegetationsorgane, von welchen ihre Ernährung und ihr Leben überhaupt abhängig ist, so wenig zu bedeuten haben, während die Reproduktionswerkzeuge und deren Erzeugnis, der Same und Embryo von oberster Bedeutung sind. So haben wir früher bei Erörterung gewisser morphologischer Verschiedenheiten, welche von keiner physiologischen Bedeutung sind, gesehen, dass sie oft für die Klassification von höchstem Werte sind. Dies hängt von der Beständigkeit ab, mit welcher sie in vielen verwandten Gruppen auftreten; und diese Beständigkeit hängt wiederum hauptsächlich davon ab, dass etwaige geringe Strukturabweichungen in solchen Teilen von der natürlichen Zuchtwahl, welche nur auf nützliche Charaktere wirkt, nicht erhalten und angehäuft worden sind.
    Daß die blosse physiologische Wichtigkeit eines Organes seine Bedeutung für die Klassification nicht bestimme, ergibt sich fast schon aus der Tatsache allein, dass der classificatorische Wert eines Organes in verwandten Gruppen, wo man ihm doch eine gleiche physiologische Bedeutung zuschreiben darf, oft weit verschieden ist. Kein Naturforscher kann sich mit einer Gruppe näher beschäftigt haben, ohne dass ihm dies aufgefallen wäre, was auch in den Schriften fast aller Autoren vollkommen anerkannt wird. Es wird genügen, wenn ich Robert Brown als den höchsten Gewährsmann citire, welcher bei Erwähnung gewisser Organe bei den Proteaceen sagt: ihre generische Wichtigkeit »ist so wie die aller ihrer Teile nicht allein in dieser, sondern nach meiner Erfahrung in allen natürlichen Familien sehr ungleich und scheint mir in einigen Fällen ganz verloren zu gehen.« Eben so sagt er in einem andern Werke: die Genera der Connaraceae »unterscheiden sich durch die Ein- oder Mehrzahl ihrer Ovarien, durch Anwesenheit oder Mangel des Eiweises und durch die schuppige oder klappenartige Ästivation. Ein jedes einzelne dieser Merkmale ist oft von mehr als generischer Wichtigkeit; hier aber erscheinen alle zusammen genommen unzureichend, um nur die Gattung Cnestis von Connarus zu unterscheiden.« Ich will noch ein Beispiel von den Insekten entlehnen, wo in der einen großen Abteilung der Hymenopteren nach Westwood’s Beobachtung die Fühler von sehr beständiger Bildung sind, während sie in einer andern Abteilung sehr abändern und die Abweichungen von ganz untergeordnetem Werte

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