Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein
jene Larven auf sie und benutzen dann die Begattung, um auf die weiblichen Bienen zu kriechen. Sobald die letzteren ihre Eier auf den in den Zellen befindlichen Honig legen, so hüpft die Larve auf das Ei und verzehrt es. Später erfährt sie eine komplette Veränderung; die Augen verschwinden, die Füße und Antennen werden rudimentär und sie ernährt sich von Honig. Sie gleicht daher nunmehr den gewöhnlichen Insektenlarven. Endlich unterliegt sie noch weiteren Verwandlungen und erscheint zuletzt als vollkommener Käfer. Wenn nun ein Insekt mit ähnlichen Umgestaltungen wie diese Sitaris der Urerzeuger der ganzen großen Insektenklasse werden sollte, so würde wahrscheinlich der allgemeine Verlauf der Entwicklung und besonders der der ersten Larvenstände sehr verschieden von dem der jetzt existierenden Insekten sein. Und sicher würden die ersten Larvenstände nicht den früheren Zustand irgend eines erwachsenen und alten Insektes repräsentirt haben.
Auf der andern Seite ist es sehr wahrscheinlich, dass bei vielen Tiergruppen uns die embryonalen oder Larvenzustände mehr oder weniger vollständig die Form des Urerzeugers der ganzen Gruppe in seinem erwachsenen Zustande zeigen. In der ungeheuren Klasse der Crustaceen erscheinen wunderbar von einander verschiedene Formen, wie die saugenden Parasiten, Cirripeden, Entomostraken und selbst der Malacostraken in ihrem ersten Larvenzustand unter einer ähnlichen Nauplius -Form; und da diese Larven im offenen Meere sich ernähren und leben und nicht irgend eigentümlichen Lebensweisen angepasst sind, so ist es, wie auch noch nach andern von Fritz Müller angeführten Gründen, wahrscheinlich, dass ein unabhängiges erwachsenes Tier ähnlich einem Nauplius in einer sehr früheren Zeit existiert und später längs mehrerer divergirender Descendenzreihen die verschiedenen obengenannten großen Crustaceengruppen erzeugt hat. So ist es ferner nach dem, was wir von den Embryonen der Säugetiere, Vögel Fische und Reptilien wissen, wahrscheinlich, dass diese Tiere die modifizierten Nachkommen irgend eines alten Urerzeugers sind, welcher im erwachsenen Zustande mit Kiemen, einer Schwimmblase, vier flossenartigen Gliedmaßen und einem langen Schwanze, alles für das Leben im Wasser passend, versehen war.
Da alle organischen Wesen, welche noch leben oder jemals auf dieser Erde gelebt haben, in einige wenige große Klassen geordnet werden können, und da alle innerhalb jeder Klasse, unserer Theorie gemäß, früher durch die feinsten Abstufungen mit einander verkettet gewesen sind, so würde die beste, oder in der Tat, wenn unsere Sammlungen einigermaßen vollständig wären, die einzig mögliche Anordnung derselben die genealogische sein. Gemeinsame Abstammung ist das geheime Band, welches die Naturforscher unter dem Namen natürliches System gesucht haben. Von dieser Annahme aus können wir begreifen, woher es kommt, dass in den Augen der meisten Naturforscher die Bildung des Embryos für die Klassification selbst noch wichtiger als die des Erwachsenen ist. Tiere zweier oder mehrerer Gruppen mögen jetzt im erwachsenen Zustande in Bau und Lebensweise noch so verschieden von einander sein; wenn sie gleiche oder ähnliche Embryostände durchlaufen, so dürfen wir uns überzeugt halten, dass beide von denselben Eltern abstammen und deshalb nahe verwandt sind. So verräth Übereinstimmung in der Embryonalbildung gemeinsame Abstammung; aber Unähnlichkeit in der Embryonalentwickelung beweist noch nicht eine verschiedene Abstammung, denn in einer von zwei Gruppen können die Entwicklungsstufen unterdrückt oder durch Anpassung an neue Lebensweisen so stark modifiziert worden sein, dass man sie nicht wieder erkennen kann. Selbst in Gruppen, in welchen die Erwachsenen im äußersten Grade modifiziert worden sind, wird die Gemeinsamkeit der Abstammung oft durch die Struktur der Larven enthüllt; wir haben z. B. gesehen, dass die Cirripeden, obschon sie äußerlich den Muscheln so ähnlich sind, an ihren Larven sogleich als zur großen Klasse der Kruster gehörig erkannt werden können. Da der Bau des Embryo uns im Allgemeinen mehr oder weniger deutlich den Bau ihrer alten noch wenig modifizierten Stammform überliefert, so sehen wir auch ein, warum alte und erloschene Lebensformen so oft den Embryonen der heutigen Arten derselben Klasse gleichen. Agassiz hält dies für ein allgemeines Naturgesetz; und ich hoffe es später noch bestätigt zu sehen. Es lässt sich indessen nur in den
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