Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
Vom Netzwerk:
Fällen beweisen, wo der alte Zustand des Erzeugers der Gruppe weder durch successive in einer frühen Wachstumsperiode erfolgte Abänderungen noch durch Vererbung derartiger Abweichungen auf ein früheres Lebensalter, als worin sie ursprünglich aufgetreten sind, verwischt worden ist. Auch ist zu erwähnen, dass das Gesetz ganz wahr sein und doch, weil sich die geologische Urkunde nicht weit genug rückwärts erstreckt, noch auf lange hinaus oder für immer unbeweisbar bleiben kann. In denjenigen Fällen wird das Gesetz nicht gelten, in denen eine alte Form in ihrem Larvenzustand irgend einer speziellen Lebensweise angepasst wurde und denselben Larvenzustand einer ganzen Gruppe von Nachkommen überlieferte; denn diese werden in ihrem Larvenzustand dann keiner noch älteren Form im erwachsenen Zustande gleichen.
    So scheinen sich mir die leitenden Tatsachen in der Embryologie, welche an Wichtigkeit keinen anderen nachstehen, aus dem Prinzip zu erklären: dass Modifikationen in der langen Reihe von Nachkommen eines frühen Urerzeugers nicht in einem sehr frühen Lebensalter eines jeden derselben erschienen und in einem entsprechenden Alter vererbt worden sind. Die Embryologie gewinnt sehr an Interesse, wenn wir uns so den Embryo als ein mehr oder weniger verblichenes Bild der gemeinsamen Stammform, entweder in ihrer erwachsenen oder Larvenform, aller Glieder derselben großen Tierklasse vorstellen.
    Rudimentäre, atrophirte und abortive Organe
    Organe oder Teile in diesem eigentümlichen Zustande, die den offenbaren Stempel der Nutzlosigkeit tragen, sind in der Natur äußerst gewöhnlich oder selbst allgemein. Es dürfte unmöglich sein, eins der höheren Tiere namhaft zu machen, bei welchen nicht irgend ein Teil sich in einem rudimentären Zustande findet. Bei den Säugetieren besitzen z. B. die Männchen immer rudimentäre Zitzen; bei Schlangen ist der eine Lungenflügel rudimentär; bei Vögeln kann man den Afterflügel getrost als einen verkümmerten Finger ansehen und bei einigen Arten ist der ganze Flügel in so weit rudimentär, dass er nicht zum Fliegen benutzt werden kann. Was kann wohl merkwürdiger sein als die Anwesenheit von Zähnen bei Walembryonen, die im erwachsenen Zustande nicht einen Zahn im ganzen Kopfe haben, und das Dasein von Schneidezähnen im Oberkiefer unserer Kälber vor der Geburt, welche aber niemals das Zahnfleisch durchbrechen?
    Rudimentäre Organe lassen ihren Ursprung und ihre Bedeutung auf verschiedene Weise deutlich erkennen. So gibt es Käfer, welche zu nahe verwandten Arten oder selbst zu einer und derselben identischen Art gehören, welche entweder vollkommene Flügel von voller Größe oder bloss äußerst kleine häutige Rudimente, die nicht selten unter den Flügeldecken fest miteinander verwachsen, besitzen; und in diesen Fällen ist es unmöglich zu zweifeln, dass diese Rudimente die Flügel vertreten. Rudimentäre Organe behalten zuweilen noch die Möglichkeit ihrer Funktionirung; dies scheint bei den Brustdrüsen männlicher Säugetiere gelegentlich der Fall zu sein, von welchen man weiß, dass sie zuweilen sich wohl entwickelt und Milch abgesondert haben. So haben ferner die Weibchen der Gattung Bos gewöhnlich vier entwickelte und zwei rudimentäre Zitzen am Euter; aber bei unserer zahmen Kuh entwickeln sich zuweilen auch die zwei letzten und geben Milch. Bei Pflanzen sind zuweilen bei Individuen einer und der nämlichen Spezies die Kronenblätter bald nur als Rudimente und bald in ganz ausgebildetem Zustande vorhanden. Bei gewissen diöcischen Pflanzen fand Kölreuter, dass sich nach der Kreuzung einer Art, bei welcher die männlichen Blüten ein rudimentäres Pistill hatten, mit einer hermaphroditen Spezies, deren Blüten natürlich ein entwickeltes Pistill besitzen, das Rudiment in den Bastardnachkommen oft bedeutend vergrößert habe; und dies beweist deutlich, dass die rudimentären und vollkommenen Pistille der Natur nach wesentlich gleich sind. Ein Tier kann verschiedene Teile im vollkommenen Zustande besitzen, und doch können sie in einem gewissen Sinne rudimentär sein, da sie nutzlos sind. So hat die Larve des gewöhnlichen Wassersalamander oder Triton , wie G. H. Lewes bemerkt, »Kiemen und verbringt ihr Leben unter Wasser, aber die Salamandra atra , welche hoch oben im Gebirge lebt, bringt vollständig ausgebildete Junge hervor. Dies Tier lebt niemals im Wasser. Oeffnen wir indes ein trächtiges Weibchen, so finden wir innerhalb desselben Larven mit

Weitere Kostenlose Bücher