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Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein

Titel: Die Entstehung der Arten Illustriert - Ueber die Entstehung der Arten durch natuerliche Zuchtwahl oder die Erhaltung der beguenstigten Rassen im Kampfe ums Dasein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Darwin
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ausgezeichneten gefiederten Kiemen; und bringt man diese in Wasser, so schwimmen sie ebenso herum wie die Larven des Wassersalamanders. Offenbar hat diese auf Wasserleben eingerichtete Organisation keine Beziehung zum künftigen Leben des Tieres, ebenso wenig ist sie eine Anpassung an einen embryonalen Zustand; sie hat allein Bezug auf vorelterliche Anpassungen, sie wiederholt eine Entwicklungsphase der Urerzeuger.«
    Ein zweierlei Verrichtungen dienendes Organ kann für die eine und sogar die wichtigere derselben rudimentär werden oder ganz fehlschlagen und in voller Wirksamkeit für die andere bleiben. So ist die Bestimmung des Pistills die, den Pollenschläuchen zu gestatten, die in dem Ovarium an seiner Basis enthaltenen Eichen zu erreichen. Das Pistill besteht aus der vom Griffel getragenen Narbe; bei einigen Compositen jedoch haben die männlichen Blütchen, welche natürlich nicht befruchtet werden können, ein Pistill in rudimentärem Zustande, indem es keine Narbe besitzt; und doch bleibt es sonst wohl entwickelt und wie in andern Compositen mit Haaren überzogen, um den Pollen von den umgebenden und vereinigten Antheren abzustreifen. So kann auch ein Organ für seine eigentliche Bestimmung rudimentär werden und für einen anderen Zweck benutzt werden; so scheint in gewissen Fischen die Schwimmblase für ihre eigentliche Verrichtung, den Fisch im Wasser flottirend zu erhalten, beinahe rudimentär zu werden, indem sie in ein Athmungsorgan oder eine Lunge überzugehen beginnt. Es könnten noch viele andere ähnliche Beispiele angeführt werden.
    Noch so wenig entwickelte, aber doch brauchbare Organe sollten nicht rudimentär genannt werden, wenn wir nicht Grund zur Vermutung haben, dass sie früher höher entwickelt waren; sie können für »werdende« Organe gelten und im Fortgange zu weiterer Entwicklung. Dagegen sind rudimentäre Organe entweder vollständig nutzlos: wie Zähne, welche niemals das Zahnfleisch durchbrechen, oder beinahe nutzlos, wie die Flügel des Straußes, die nur als Segel dienen. Da Organe in diesem Zustande früher, wo sie noch weniger entwickelt wären, von noch geringerem Nutzen gewesen wären als jetzt, so können sie auch früher nicht durch Variation und natürliche Zuchtwahl gebildet worden sein, welche bloss durch Erhaltung nützlicher Abänderungen wirkt. Sie weisen nur auf einen früheren Zustand ihres Besitzers hin und sind teilweise nur durch Vererbung erhalten worden. Es ist indessen schwer zu erkennen, welche Organe rudimentäre und welche »werdende« sind; denn wir können nur nach Analogie urteilen, ob ein Teil weiterer Entwicklung fähig ist, in welchem Falle allein er ein werdender genannt zu werden verdient. Organe in diesem Zustande werden immer selten sein; denn es werden Geschöpfe mit werdenden Organen gewöhnlich durch ihre Nachkommen mit Organen in vollkommenerem und entwickelterem Zustande ersetzt worden und folglich schon vor langer Zeit ausgestorben sein. Der Flügelstummel des Pinguins ist als Ruder von großem Nutzen und mag daher den beginnenden Vogelflügel vorstellen; nicht als ob ich glaubte, dass er es wirklich sei, denn wahrscheinlich ist er ein reduziertes und für eine neue Bestimmung hergerichtetes Organ. Der Flügel des Apteryx andererseits ist völlig nutzlos und wirklich rudimentär. Die einfachen fadenförmigen Gliedmaßen des Lepidosiren betrachtet Owen als »die Anfänge von Organen, welche bei höheren Wirbeltieren eine vollständige funktionelle Entwicklung erreichen;« nach der neuerdings von Dr. Günther verteidigten Ansicht sind sie aber wahrscheinlich Überreste, die aus dem beständigen Achsenteile der Flosse bestehen, deren seitliche Strahlen oder Aeste abortirt sind. Die Milchdrüsen der Ornithorhynchus können vielleicht, mit denen der Kuh verglichen, als werdende bezeichnet werden. Die Eierzügel gewisser Cirripeden, welche nur wenig entwickelt sind und nicht mehr zur Befestigung der Eier dienen, sind werdende Kiemen.
    Rudimentäre Organe variieren sehr gern in ihrer Entwicklungsstufe sowohl als in anderen Beziehungen in Individuen einer nämlichen Art. Außerdem ist der Grad, bis zu welchem das Organ rudimentär geworden, in nahe verwandten Arten zuweilen sehr verschieden. Für diesen letzten Fall liefert der Zustand der Flügel bei einigen zu der nämlichen Familie gehörigen weiblichen Nachtschmetterlingen ein gutes Beispiel. Rudimentäre Organe können gänzlich fehlschlagen oder abortiren, und daher rührt es dann, dass wir

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