Die Erben der Nacht - Oscuri: Band 6 (German Edition)
erinnern«, brauste der Werwolf auf.
»Aber dann … «, stotterte Alisa. Sie sah Hilfe suchend zu Leo. Auch die anderen tauschten Blicke.
»Ich höre ihre Stimme«, fuhr Seymour fort. »Sie ist noch bei mir. Nein, ihr braucht euch nicht so anzusehen. Der Schmerz hat mir nicht meine Sinne geraubt, obgleich ich ab und zu dachte, er würde es tun. Ivy ließ nicht zu, dass ich verrückt werde. Ich habe ganz Irland nach einer Spur von ihr durchkämmt. Vergeblich. Ich kann sie nicht finden. Deshalb bin ich hier, um euch um eure Hilfe zu bitten.«
Es schmerzte Alisa tief, ihn so zu sehen. »Seymour, auch wir können sie nicht finden. Es ist ganz normal, dass ihre Stimme in deiner Erinnerung … «
»Nein!«, unterbrach er sie barsch. »Es ist keine Erinnerung. Sie ist noch da, oder zumindest ein Teil von ihr.«
Die Erben sahen sich an. War das möglich? Konnte Ivy oder ein Stück ihres Geistes, ihrer Persönlichkeit oder was auch immer das mörderische Feuer überdauert haben? War da noch etwas, das man finden und retten konnte?
Sie wollten es so gern glauben!
»Also, wie ist es? Kommt ihr nun mit oder nicht?«, drängte der Werwolf ungeduldig.
Es war Anna Christina, die zu ihrer Überraschung zuerst sprach. »Ich weiß nicht, was ihr vorhabt, aber ich habe keine so wichtigen Termine in Wien, als dass ich nicht noch einen Abstecher nach Irland dazwischenschieben könnte. Ich muss zwar zugeben, ich bin noch nicht überzeugt, dass dieser Werwolf hier nicht lediglich ein wenig wirr in seinem Kopf ist … « Sie ignorierte sein zorniges Grollen. »Aber vielleicht lohnt es sich ja, das genauer zu untersuchen.«
Alisa sah Leo an. Natürlich würden sie Seymour begleiten!
»Wir kommen auch mit«, sagte Clarissa bestimmt. Luciano blieb nur noch, zu nicken.
Tammo sah Nicoletta an. »Meinst du, du wärst einer solchen Reise schon gewachsen?«
Die frisch gewandelte Vampirin reckte das Kinn. »Natürlich! Außerdem wollte ich Irland schon immer gern einmal kennenlernen.«
Alisa sah zu Hindrik. »Würdest du bitte Dame Elina unsere Reisepläne mitteilen, wenn du in Hamburg bist?«
Hindrik lächelte. »Ich werde ihr gerne telegrafieren. Nach Hamburg werde ich in nächster Zeit wohl nicht kommen. Ihr glaubt doch nicht etwa, dass ich meine Pflichten vernachlässige und meine Vamaliaschützlinge alleine sich in neue Gefahren stürzen lasse?«
»Wir sind erwachsen«, erinnerte Alisa.
»Ihr vielleicht, aber was ist mit Nicoletta? Ich denke, ein wenig Schutz und Führung wird ihr nicht schaden.«
Alisa lächelte ihn an. »Gib doch zu, dass du lediglich vergnügungssüchtig bist.«
Hindrik erwiderte das Lächeln. »Aber ja, um nichts in der Welt wollte ich euer nächstes Abenteuer verpassen!«
Die Vampire und der Werwolf wandten sich um und verließen den Bahnhof wieder. Sie machten sich auf den Weg durch Cannaregio und San Marco zum Hafen, um ein Schiff ausfindig zu machen, das sie nach Irland bringen würde, wo vielleicht irgendwo Ivys ruheloser Geist noch immer durch die Weiten der Moore strich.
GLOSSAR
Altan – Bezeichnung für eine säulengestützte Plattform im Obergeschoss eines Gebäudes. In Venedig als hölzerne Dachterrassen üblich.
Acqua alta – italienisch: hohes Wasser. Von acqua alt a / Aqua alta spricht man aber erst, wenn der Wasserspiegel höher als 90 cm über den Normalstand steigt. Dies geschieht, wenn bei besonders starker Flut und niedrigem Luftdruck der Wind das Wasser landeinwärts in die Lagune drückt.
Arkade – architektonischer Begriff für einen von Pfeilern oder Säulen getragenen Bogen oder auch einen Gang, der an der Seite von einer Bogenreihe begrenzt wird.
Bacino – Hafenbecken von San Marco am Ausgang des Canal Grande.
Bricole – mit Eisenbändern umspannte Pfähle, die zur Begrenzung der Fahrrinne in den Lagunengrund gerammt werden.
Ca’ – venezianische Abkürzung für Haus, italienisch Casa. Die Paläste der Adeligen wurden früher nur Ca’ genannt, da das Wort Palazzo allein dem Dogenpalast vorbehalten war.
Campanile – freistehender Glockenturm neben einer Kirche, vor allem in Italien und Litauen weit verbreitet.
Campiello – italienische Bezeichnung für »kleiner Platz«.
Campo – italienische Bezeichnung für einen Platz. In Venedig durften sich auch die größeren Plätze der Stadt nur Campo nennen, da der Begriff Piazza dem Markusplatz vorbehalten war.
Canalazzo – andere venezianische Bezeichnung des Canal Grande (Canal + azzo =
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