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Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad

Titel: Die Erben der Nacht - Vyrad - Schweikert, U: Erben der Nacht - Vyrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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schickt sich nicht, danach zu fragen.«
    Malcolm lachte fröhlich. » Wie bitte? Du scherst dich darum, was sich schickt? Alisa, ich erkenne dich nicht wieder! Willst du wirklich nicht fragen, auch wenn du vor Neugier fast vergehst?«
    Alisa erwiderte sein Lachen. » Woher willst du das wissen? Hat Rowena dir beigebracht, was wir bei den Dracas gelernt haben?«
    Malcolm wehrte ab. » Leider nein, aber das weiß ich auch, ohne Gedanken lesen zu können.«
    » Gut, ich gebe zu, dass es mich interessiert.« Alisa versuchte sich an einer würdevollen Miene, was ihr nicht so recht gelingen wollte. Malcolm kniff sie in die Wange.
    » Ich kann deinem Drängen nicht widerstehen. Was hältst du davon, wenn ich dich ein wenig durch den Temple führe. Dort können wir ungestört plaudern. Wir werden rechtzeitig zurück sein. Das verspreche ich. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis alle da sind und es etwas zu Trinken gibt.«
    Alisa strahlte ihn an. » Das ist eine gute Idee.« Sie hakte sich bei Malcolm unter und ließ sich aus der Halle führen.
    *
    Ivy saß im Schneidersitz auf einem Steinblock. Unter ihr donnerten die Wellen gegen den schwarzen Fels der Klippe, dass die Gischt bis zu ihr aufspritzte. Salzige Tropfen benetzten ihr Haar und den silbernen Stoff ihres Gewandes, doch sie bemerkte es nicht. Die Augen geschlossen, saß sie still da. Nur ihr Geist regte sich. Er wanderte zwischen Mauern umher. Es war dunkel um sie, doch sie kannte jedes Möbelstück und jeden Gegenstand in dem fremden und doch so vertrauten Gemach. Ivy konnte den kalten Moder des alten Gemäuers riechen. Dann trat sie durch die Tür auf den von Mondlicht beschienenen Hof hinaus. Ihr Blick glitt über die Wipfel der Bäume und fiel dann in die Schlucht hinab. Tief dort unten suchte sich das Wasser des in den Sommermonaten zu einem Bach geschrumpften Flusses seinen Weg zwischen Kiesbänken, die das Frühlingshochwasser mit sich gebracht und dann hier abgeladen hatte. Sie dachte an die Frau, deren Körper dort unten auf den Felsen zerschellt war. Wie sehr der Verlust nach so langer Zeit plötzlich wieder nagte und im Innern fraß. Nicht an der Seele. Diese wohnte schon lange nicht mehr in dem an die Erde gebundenen Körper. Nein, an ihr tat sich der Teufel gütlich– wenn es ihn denn wirklich gab, was Ivy stets bezweifelt hatte. Sie war die Tochter einer Druidin und hatte nie an den Gott der Christen geglaubt, nicht an seinen Sohn und die Auferstehung, und auch nicht an den gefallenen Engel Luzifer und die Hölle mit ihrem Fegefeuer und den perfiden Qualen, die sich die Maler früherer Jahrhunderte so gern im Detail ausgedacht und in grausiger Farbenpracht dargestellt hatten. Und dennoch verfluchte sie nun den Teufel, an dessen Existenz sie gar nicht glaubte. Schmerz und Trauer durchfluteten sie für einige Augenblicke, nur um von einer unbändigen Wut abgelöst zu werden. Ivy zitterte am ganzen Körper, so heftig wurde sie von diesem Zorn erfasst, der über Jahrhunderte gewachsen war und sich an der Einsamkeit genährt hatte. Sie war betrogen worden. Warum? Ivys Brauen schoben sich ein wenig zusammen. Was war passiert? Ein flüchtiger Schatten. Gedankenfetzen, die sie nicht zu deuten wusste. Und immer wieder dieser übermächtige Zorn, der nach Zerstörung schrie, um Rache zu üben.
    Für einen Augenblick verhüllte Nebel ihre Sicht und ein leichter Schwindel erfasste sie. Sie erhaschte einen Blick der Mauerkrone und der Wand, die unter ihr in die Tiefe führte, bis sie mit dem grauen Fels verschmolz. Mit einem Mal verschoben sich die Farben und Konturen. Das Bild erschien in einer anderen Tiefe, und auch der Klang der Nacht war ein anderer. Die Mauer glitt unter ihr hinweg, und sie stürzte auf die Baumwipfel im Tal zu. Fast streiften die kleinen, klauenbewehrten Füße die Äste, dann glitt die Fledermaus über den Talgrund hinweg.
    Da! Was war das? Das Echo warf die Kontur eines plumpen Karrens zurück, der von zwei zottigen Pferden gezogen wurde. Wieder diese Wut, die in blinden Hass umschlug. Der Nebel kehrte zurück, und wieder änderte sich der Anblick des Tals. Nun leuchteten die warmen Körper der Pferde in der Nacht. Doch sie waren nicht die einzigen Wesen, in deren Adern lebendiges Blut floss. Getrieben von Gier stob sie auf den Wagen zu. Mit übermenschlicher Kraft riss sie den Kutscher vom Bock. Sie hieb ihre Reißzähne in seinen Hals, bis ihr das Blut in kräftigen Stößen ins Gesicht spritzte. Sie trank in gierigen Schlucken. In

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