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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dass du noch lebst.«
    »Ihrer Gnade «, schnaubte Nick. »Der einzige Grund, weshalb sie mich begnadigt hat, ist der, dass ich lebend mehr wert bin als tot. Du hast selbst gehört, was sie gesagt hat.«
    »Das habe ich. Aber sie hat dir auch das Leben gerettet.«
    »Und dafür werde ich ihr jetzt ewig dankbar sein müssen«, versetzte Nick bitter. »Diese verdammten Spanier sind alle gleich. Für sie sind wir noch weniger wert als der Dreck unter ihren Füßen.«
    »Das sind wir«, bestätigte der alte Angus, »aber deshalb darfst du deine Träume niemals aufgeben, Sohn. Die Spanier können uns auspeitschen lassen und wie Dreck behandeln, sie können uns erniedrigen und uns umbringen, wenn es ihnen beliebt. Aber sie können uns nicht unsere Träume nehmen.«
    »Und wenn schon«, flüsterte Nick. »Träume werden Leute wie Navarro und seine Tochter nicht davon abhalten, uns weiterhin wie Tiere zu behandeln und uns ihrer unersättlichen Gier untertan zu machen.«
    »Und dennoch kannst du nicht wissen, welche Überraschungen das Leben für dich noch bereithält, mein Junge. Halte an deinen Hoffnungen fest und setze nicht leichtfertig dein Leben aufs Spiel. Glaube an deine Träume – in einer Welt wie dieser sind sie alles, was dir geblieben ist.«»Nun, Vater? Habe ich die Prüfung bestanden?« Ein wissendes Lächeln breitete sich über Doña Elenas Züge, das der Conde de Navarro nur zu gut kannte.
    »Wenn du mich auf diese Weise ansiehst, Tochter«, erwiderte er, »so sehe ich deine Mutter vor mir. Auch sie pflegt diese Miene zur Schau zu stellen, wenn sie glaubt, mich zu durchschauen.«
    »Aber Mutter ist nicht hier, Vater. Sie ist zu Hause in Spanien und zieht es vor, den Kolonien fernzubleiben. Ich dagegen bin hier, und bitte versuche nicht, meiner Frage auszuweichen.«
    »Du hast nicht nur die Schönheit, sondern auch den Starrsinn deiner Mutter geerbt«, stellte Navarro fest und blickte aus dem Fenster der Kutsche, wo das dichte Grün des Regenwalds vorbeiwischte. Die Hitze, die in dem mit dunkelrotem Samt ausgeschlagenen Gefährt herrschte, war unerträglich, und auch die Fächer, mit denen die beiden Insassen die Schwüle zu vertreiben suchten, konnten daran nichts ändern.
    »Und?«, beharrte Elena. »Bist du zufrieden mit mir?«
    Navarro lächelte. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    »Dann will ich es dir sagen, Vater. Diese Angelegenheit mit dem Sklaven soeben war nichts anderes als eine Prüfung. Du wolltest wissen, ob ich einer Situation wie dieser gewachsen bin.«
    »Nun«, räumte Navarro ein, »ich gestehe, dass dieser Aspekt eine Rolle gespielt hat …«
    »Nein«, beharrte Elena, »er war der einzige Grund, weshalb du mir die Entscheidung über die Bestrafung überlassen hast. Du wolltest sehen, wie ich darauf reagiere. Ich hoffe, meine Reaktion ist zu deiner Zufriedenheit ausgefallen.«
    »Allerdings – wenngleich anders, als ich erwartet hatte.«
    »Den Sklaven zu bestrafen, war überflüssig«, erklärte die junge Frau mit entwaffnendem Lächeln. »Wir hätten uns dadurch nurselbst geschadet. Also habe ich ihn begnadigt und mich auf diese Weise seiner Loyalität versichert.«
    »Du hast dich der Loyalität eines Sklaven versichert?« Navarro blickte missmutig drein. »Du bist meine Tochter und damit die uneingeschränkte Herrscherin über diese Stadt, Elena. Du brauchst dir niemandes Loyalität zu verdienen, am allerwenigsten die eines nichtswürdigen Sklaven.«
    »Du hast natürlich Recht, Vater. Aber unter den Sklaven wird sich verbreiten, was heute geschehen ist, und sie werden uns um vieles bereitwilliger dienen.«
    »Sklaven, die bereitwillig dienen? Wer hat dir denn diesen Unsinn in den Kopf gesetzt?«
    »Jene Lehrer, denen du viel Geld dafür bezahlt hast, dass sie mir eine universelle Bildung zuteil werden lassen. Und im Sinne einer rationalen Einheit, wie Spinoza sie forderte …«
    »Rationale Einheit?« Der Conde lachte derb. »Welch ein Unsinn! Wenn es darum geht, diesen verlausten Affen zu zeigen, wer ihr Herr ist, zählt ein einziger Peitschenhieb mehr als alle Vernunft. Diese Sklaven sind wertlos, Elena. Sie sind keine Menschen wie du und ich, sondern einzig dazu da, um zu arbeiten. Sie sind noch weniger wert als Tiere, und genauso solltest du sie behandeln. Andernfalls werden sie es dir übel danken.«
    »Das ist deine Ansicht, Vater. Meine Lehrer in Madrid haben mir etwas anderes beigebracht.«
    »Teufel auch«, maulte Navarro. »Ich habe meine Tochter an das

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