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Die Erben der Schwarzen Flagge

Die Erben der Schwarzen Flagge

Titel: Die Erben der Schwarzen Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dabei so fest geballt, dass das Weiße an den Knöcheln zu sehen war. Zu gern hätte er sich auf den Aufseher gestürzt, um ihm mit blanker Faust beizubringen, was er von ihm hielt – aber er wusste auch, dass es das Letzte wäre, was er in diesem Leben täte.
    »Was ist los, Sklave?«, fragte San Guijuela, noch immer grinsend. »Solltest du dich ungerecht behandelt fühlen? Dann nur freiheraus damit, ich höre mir alles an, was du zu sagen hast …«
    Nick holte tief Luft. Es hätte wahrlich genug gegeben, was er dem Mann hätte sagen wollen, den jeder der Sklaven hasste und fürchtete. Aber bei allem Zorn, der in ihm wütete, war ihm klar, dass der Aufseher es darauf anlegte, ihn herauszufordern. Nicht einmal San Guijuela durfte einen Sklaven töten, weil es ihm in den Kram passte – immerhin waren die Gefangenen Eigentum der spanischen Krone, und ihre Arbeitskraft musste erhalten werden. Wenn Nick ihm allerdings nur den geringsten Anlass gab, würde der Aufseher keinen Augenblick zögern, seine Drohung in die Tat umzusetzen.
    Nick spürte, wie jeder um ihn herum den Atem anhielt, allen voran seine Freunde und Angus. Dass sein Sohn sich sinnlos opferte, war das Letzte, was der alte Mann wollte. Also atmete Nick tief durch, überwand seinen Zorn und senkte demütig das Haupt, um dem Blutegel keinen Vorwand zu geben, ihn zu töten.
    Noch einige Augenblicke blieb der Aufseher vor ihm stehen,schwang provozierend seine Peitsche. Dann, fast enttäuscht, wandte er sich ab und setzte die Morgeninspektion fort.
    »Verdammt, Junge«, zischte der alte Angus, kaum dass der Spanier außer Hörweite war. »Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    »Ich wollte dir helfen, Vater.«
    »Du hilfst mir nicht, indem du dich umbringen lässt.«
    »Ich weiß, Vater.«
    »Bleib am Leben, hörst du?«, schärfte Angus ihm ein. »Egal was mit mir geschieht, bleib am Leben …«
     
     
     
    Als die Sklaven den Marsch über die Berge antraten, hieß es wieder, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
    Getrieben von den Peitschen der erbarmungslosen Aufseher, schleppte sich der Zug der Gefangenen den schmalen Pfad hinauf. Unmittelbar nach Verlassen des Lagers brach ein Gewitter los. Strömender Regen setzte ein, der den schmalen Bergpfad im Handumdrehen in eine schlammgefüllte Furche verwandelte, in der man allzu leicht ausgleiten konnte. Wer den Halt verlor, der stürzte tief, aber San Guijuela und seine Schergen scherten sich nicht darum. Erbarmungslos trieben sie die Sklaven zur Eile an, den Berg hinauf und in den tiefen Dschungel.
    Am späten Vormittag – es hatte zu regnen aufgehört – gelangte der Sklavenzug in dem kleinen Fort an, das die Spanier auf einer Urwaldlichtung unterhielten. Dorthin wurden die Silberladungen gebracht, die aus den Dschungelminen gefördert wurden, von Maultieren zumeist, bisweilen aber auch von Sklaven, die ein noch elenderes Los gezogen hatten als Nick und seine Freunde. Die bleichen Gestalten mit den ausgemergelten Gesichtern wirkten mehr tot als lebendig, und es kam selten vor, dass man einen von ihnen zweimal sah.
    Wie an jedem Tag hieß man die Sklaven, in einer Linie anzutreten und ihre leeren Säcke gegen prall gefüllte einzutauschen, die sie sich auf die schmerzenden Schultern luden. Als der alte Angus sich seine Last auf den Rücken schnürte, wankte er bedenklich, und Nick wollte ihm zu Hilfe kommen.
    »Lass es gut sein, Junge«, raunte ihm der Alte zu. »Ich komme schon zurecht.«
    »Bist du sicher, Vater?«
    Statt einer Antwort sandte Angus ihm ein verwegenes Lächeln – das vorletzte, das Nick auf den Zügen des Alten sehen sollte. Dann erklang bereits das Trommelsignal zum Abmarsch, und die erschöpften, durchnässten und verdreckten Gestalten schickten sich an, den Rückweg nach Maracaibo anzutreten.
    An diesem Tag hatten die Aufseher es besonders eilig – das Schiff, für welches die Silberladung bestimmt war, sollte noch vor Sonnenuntergang ablegen. Unentwegt knallten die Peitschen, und die derben Rufe der Antreiber dröhnten den Sklaven in den Ohren. Nick und seine Freunde hatten sich längst daran gewöhnt, ebenso wie an die Hitze und die Schwärme von Moskitos, die ihre ständigen Begleiter waren und es auf ihr Blut abgesehen hatten. Wenn man eine schwere Last auf dem Rücken trug, hatte man keine Zeit, um nach ihnen zu schlagen, und alles in allem gehörten mit roten Pusteln übersäte Arme, Beine und Gesichter noch zu den geringeren Qualen, denen die Sklaven ausgesetzt waren.
    Unter

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