Die Erben von Hammerfell - 5
gehörte? Stammte alles, was er wußte oder
konnte, aus seinem Erbgut, war es ein Geschenk der geheimnisvollen Comyn, die diese Fähigkeiten in seine Linie hineingezüchtet hatten, wie er Pferde zum Rennen
oder Hunde auf Gutartigkeit hin züchten würde? Er
fühlte sich sehr klein und war geneigt, den Comyn zu grollen.
Conn und der Hund gingen ein Stückchen vor Erminie
her. Es war eine abgelegene Straße, in der wenige Leute
unterwegs waren und sie viel Platz hatten, um Kupfer ihre
Übungen machen zu lassen. Die kleine Hündin war gelehrig und leicht zu unterrichten. Gehorsam tat sie, was man
von ihr verlangte, und viel Streicheln, viele freundliche
Worte und ein paar leckere Stückchen getrocknetes
Heisch aus der Küche beflügelten ihren Eifer. Conn beschloß die Lektion, indem er Kupfer an der Leine schnell
laufen ließ. Der Sprint half ihm, Klarheit in seine verworrenen Gefühle zu bringen. Sie kamen in eine ruhige
Straße, in der sich eins der größeren Stadthäuser in der
letzten Phase des Baus befand. Conn zog Kupfer zurück
und wartete, bis Erminie bei ihnen war.
Sie sahen dort mehrere Menschen in Roben. Der Bewahrer in Rot, zwei Techniker in Grün und ein Mechaniker in Blau standen im Kreis um eine Frau, die Conn bereits als Überwacherin identifizieren konnte. Ein paar
Zuschauer hatten sich eingefunden, zumeist Kinder oder
müßige Tagelöhner. Ein Stadtgardist in seinem grünen
Mantel war auch dabei, aber Conn war sich nicht sicher,
ob er in amtlicher Eigenschaft anwesend war oder ob auch
er einfach das Recht eines freien Bürgers in Anspruch
nahm, alles zu begaffen, was sich auf der Straße an Interessantem abspielte.
Kupfer unterbrach den Vorgang, indem sie hinstürmte
und mit freudigem Bellen eine alte Freundin begrüßte.
Conn erkannte in der weißgekleideten Überwacherin
Floria, und wie jedesmal, wenn er die Verlobte seines
Bruders erblickte, überwältigte ihn seine Liebe zu ihr.
Floria streichelte die junge Hündin kurz und ermahnte sie
dann: »Braves Mädchen, leg dich, ich kann jetzt nicht mit
dir spielen!«
»Sir«, sagte der Gardist scharf, »bringt den Hund von
hier weg, hier wird gearbeitet!« Dann bemerkte er Erminie und setzte in respektvollem Ton hinzu: »Ist das Euer
Hund, domna? Tut mir leid, aber Ihr müßt dafür sorgen,
daß er sich ruhig verhält, oder ihn wegbringen.«
»Ist schon gut«, fiel Floria ein. »Ich kenne die Kleine,
sie wird mich nicht stören, nicht von da drüben.«
Erminie schimpfte mit Kupfer, die sich zwischen ihren
Füßen niederließ und da so still lag wie ein Gipsmodell
von einem Hund. Der Bewahrer, eine schmächtige verschleierte Gestalt – Conn war sich nicht sicher, ob Mann oder Frau, aber Frauen in diesem Amt waren, wie er wußte, sehr selten, so daß der Bewahrer wahrscheinlich ein Mann von sehr femininem Äußeren oder emmasca war – wartete geduldig ab, bis die Störung beseitigt war. Dann holte er den Kreis mit einer kurzen Kopfbewegung wieder zusammen. Conn sah – und spürte – die Stränge, die sie vereinten, die unsichtbaren Bande, die diese Telepathen zu einem Kreis verwoben, künstlich verstärkt von
den Matrix-Kristallen.
Und obwohl er nie zuvor etwas Ähnliches gesehen oder
gespürt hatte, kam ihm nicht der geringste Zweifel an
dem, was geschah. Ohne zu wissen, wie er das machte,
oder sich auch nur klar darüber zu sein, daß er es machte,
berührte er Florias Geist. Zwar konzentrierte sie sich völlig auf ihre Aufgabe, aber mit einem winzigen Bruchteil
ihres Bewußtseins erkannte und begrüßte sie Conn, wie
sie ihm vielleicht in einem Raum, wo sie ein Musikinstrument spielte, gewinkt und durch ein Zeichen zu verstehen
gegeben hätte, sich hinzusetzen und still zuzuhören.
Er nahm wiederum mit einem Fragment seines eigenen
Bewußtseins wahr, daß auch seine Mutter dort war,
ebenso wie er darauf beschränkt, von der Seitenlinie aus
zuzusehen. Sogar die kleine Kupfer schien irgendwie Teil
dieser engen Intimität zu sein. Conn fühlte sich behaglich,
willkommen, akzeptiert – niemals hatte er sich halb so
willkommen oder akzeptiert gefühlt, obwohl keiner der
Leute ihm die geringste Aufmerksamkeit zollte. Nach
ihrer äußeren Haltung zu schließen, nahm keiner von ihnen zur Kenntnis, daß er da war.
Als der Bewahrer alle auf eine Weise, die Conn noch
nicht voll verstehen konnte, vereinigt hatte, lenkte er ihre
Gedanken auf einen Haufen Baumaterial am Straßenrand. Dann sammelte er ihre Kräfte. Ab jetzt begriff Conn
überhaupt nicht mehr,
Weitere Kostenlose Bücher