Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Die Erben von Somerset: Roman (German Edition)

Titel: Die Erben von Somerset: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leila Meacham
Vom Netzwerk:
mit dem Rosenkrieg in England und der Rolle, die die Familien seiner Freunde in dem zweiunddreißigjährigen Konflikt gespielt hatten. Er begriff, was die Rosenbüsche mit den eingewickelten Wurzelballen bedeuteten, die sie unter größten Strapazen von South Carolina mitgebracht hatten. Nach dem Treffen machte er seinen Freunden unter sechs Augen einen Vorschlag: Sie sollten beide Farben in ihren Gärten pflanzen und die Vermischung von Weiß und Rot als Zeichen ihrer Einigkeit verstehen.
    Doch sie reagierten mit unsicherem Schweigen. Henri legte ihnen jeweils eine Hand auf die Schulter und sagte: »Selbstverständlich wird es Meinungsverschiedenheiten
zwischen euch geben. Ihr habt sie in Form eurer Rosen mitgebracht.«
    »Sie sind Symbol unserer Herkunft, dessen, was wir sind«, erklärte Silas Toliver.
    »Stimmt«, pflichtete Henri ihm bei. »Symbol dessen, was ihr einzeln darstellt. Sie sollten jedoch auch das repräsentieren, was ihr gemeinsam seid, nämlich Männer mit Verantwortung. Und die sprechen über ihre Meinungsverschiedenheiten. Sie führen keine Kriege, um sie zu beseitigen. Solange in euren Gärten nur die Symbole eurer eigenen Häuser wachsen, wird immer Feindseligkeit – oder günstigenfalls Entfremdung – in der Luft liegen, wie bei euren Vorfahren in England.«
    »Und was ist mit dir?«, fragte einer der beiden. »Du bist unser Partner. Was willst du in deinem Garten pflanzen?«
    »Nun …« Der Franzose breitete die Hände aus. »Rote und weiße Rosen, was sonst? Sie sollen mich an meine Verpflichtung unserer Freundschaft und unseren gemeinsamen Unternehmungen gegenüber erinnern. Falls ich jemals einen von euch verstimmen sollte, schicke ich ihm eine rote Rose als Zeichen, dass ich ihn um Verzeihung bitte. Und falls ich je eine rote Rose aus demselben Grund erhalte, schicke ich als Beweis meiner Vergebung eine weiße zurück.«
    Die beiden anderen dachten über Henris Vorschlag nach. »Wir sind stolz«, gestand Jeremy Warwick schließlich. »Es fällt uns schwer, einen Fehler zuzugeben.«
    »Und genauso schwer, jemandem zu verzeihen«, meinte Silas Toliver. »Wenn in unseren Gärten Rosen beider Farben wüchsen, könnten wir ohne Worte um Vergebung bitten und diese gewähren.« Er dachte einen Augenblick lang nach. »Und was ist, wenn nicht verziehen wird? Sollen wir für diesen Zweck rosa Rosen pflanzen?«
    »Rosa Rosen?«, spottete Henri. »Was für eine jämmerliche Farbe für eine so edle Blume. Nein, meine Herren, nur Weiß
und Rot. Die Anwesenheit einer anderen Farbe würde die Möglichkeit des Undenkbaren ausdrücken. Unter aufrichtigen Männern guten Willens gibt es keinen Fehler, Irrtum oder Fehltritt, der sich nicht verzeihen ließe. Nun, was haltet ihr von meinem Vorschlag?«
    Jeremy hob sein Champagnerglas, und Silas folgte seinem Beispiel. »Auf die rote und die weiße Rose! Auf dass sie ewig in unseren Gärten blühen mögen!«
    Amos schloss das Buch mit einem Seufzer. Faszinierende Lektüre, dachte er, aber es hatte keinen Sinn weiterzulesen. Der Band endete mit einer optimistischen Auflistung des Nachwuchses, von dem eine Fortführung der vornehmen Tradition erwartet wurde: Percy Warwick, Ollie DuMont sowie Miles und Mary Toliver. 1901, als das Buch erschien, war Mary ein Jahr alt, und die Jungen waren fünf. Die Antworten, nach denen Amos suchte, lagen in ihrem späteren Leben begründet. In Rosen würde er keinen Hinweis auf eine gemeinsame Tragödie der Familien finden, die Marys Handlung erklärte. Aber wo sonst?
    Es war allgemein bekannt, dass die Familien eine gesellschaftliche Einheit bildeten, aber getrennt arbeiteten und Reichtümer anhäuften, wegen der zu Beginn festgelegten Regel, die jeweiligen Unternehmen müssten aus eigener Kraft wachsen, ohne finanzielle Unterstützung der anderen. Amos selbst hielt diese Maxime für wenig freundschaftlich, doch seines Wissens hatten sich die Beteiligten immer daran gehalten. Die Tolivers pflanzten Baumwolle, die Warwicks schlugen Holz, die DuMonts verkauften Luxuskurzwaren und hatten niemals – nicht einmal nach der Heirat von Mary Toliver und Ollie DuMont – ihre Unternehmen zusammengelegt oder auf die Ressourcen der anderen zurückgegriffen.
    Warum also wollte Mary Somerset Percy vermachen?
    Du bist in unser Leben getreten, als unsere Geschichte bereits
geschrieben war, hatte Mary gesagt, und das glaubte er inzwischen sogar. Nur ein Mann konnte die fehlenden Kapitel beisteuern. Am liebsten wäre Amos nach Warwick

Weitere Kostenlose Bücher