Die Erben
„Lilith?“
„Durchgeknallte Tante von mir“, erklärte Constantine knapp und verdrehte die Augen.
„Tante?“
„Ja, mehr oder weniger“, winkte er ungeduldig ab. „Sie hat den gleichen Ursprung wie mein Vater und seine Brüder, wurde aber in der Hölle geboren und ist überzeugt, sie sei die rechtmäßige Herrscherin.“
Ich stöhnte und fasste mir an den Kopf. „Mir raucht echt der Schädel langsam.“
„Mir auch“, sagte Constantine. „Die haben gemerkt, was los ist und- Naja, es gefällt ihnen nicht.“
Ich starrte ihn an. „Was tun sie?“
„Mir wird ziemlich warm, also nehme ich an, es hat mit Feuer zu tun“, mutmaßte er und zupfte an seinem schwarzen Shirt herum. „Ich spüre noch keinen Schmerz, dafür bin ich zu weit weg. Vom Kopf her“, fügte er hinzu, als ich ihn verdutzt ansah.
„Aber ich verstehe nicht, warum sie dich davon abhalten wollen, mit uns Kontakt aufzunehmen“, meinte ich. „Wir sollen dich doch finden, damit sie uns fangen können.“
„Ja“, nickte Constantine. „Finden. Nicht mit mir quatschen.“
Für einen Moment verzog er das Gesicht zu einer gequälten Grimasse. „Wir haben keine Zeit mehr“, meinte er daraufhin gehetzt. „Sag den anderen, was ich dir gesagt habe und dann kommt hierher. Boston, Behen Street. Keine Ahnung, welche Hausnummer oder wie der Schuppen hier von außen aussieht. Aber ihr werdet es schon finden.“
„Und dann?“, warf ich ein. „Die warten doch praktisch auf uns.“
„Ja und?“, entgegnete Constantine und sah mich mit deutlicher Ungeduld an. „Hattet ihr vor mit einer Blaskapelle hier einzufallen? Ihr könnt die Typen mit euren Fähigkeiten überlisten und im Ernstfall schlagt ihr sie eben k.o. Schließlich seid ihr jetzt gewarnt.“
Ich nickte ohne jegliche Überzeugung und verzog das Gesicht. „Ich geb’s mal so weiter. Vielleicht stößt dein Vorschlag ja bei den anderen auf Beifallsstürme.“
Constantine musterte mich eindringlich. „Versprich, dass ihr mich holen werdet.“
„Wir werden schon eine Lösung finden“, antwortete ich ausweichend, doch Constantines Blick wurde eindringlicher.
„Versprich, dass ich mich hier rausholen werdet“, wiederholte er deutlicher und streckte mit seine Hand entgegen.
„Wenn ich einschlage“, meinte ich mit trockenem Mund, „dann ist das bindend, hab ich Recht? Ich mein, ich geh dann einen Pakt ein oder sowas, richtig?“
Constantine grinste schief. „Ich bin der Sohn des Höllenfürsts. Rechne es dir selbst aus.“
Ich ballte die Hände hinter meinen verschränkten Armen zu Fäusten.
Constantine würde sterben, wenn er noch viel länger hier bliebe, soviel stand wohl fest. Und dieser Mark fand sicher auch einen anderen Weg, uns aus dem Verkehr zu ziehen und wenn er schlussendlich doch in Gloucester über uns herfallen musste.
Die ganze Sache mit Luzifer und unserer angedachten Aufgabe ihm wieder zur Macht zu verhelfen, gefiel mir dagegen überhaupt nicht.
Constantines Blick wurde ungeduldig und immer wieder zuckten seine Gesichtszüge schmerzvoll, wenn er spürte, was mit seinem Körper veranstaltet wurde.
Zögernd ließ ich die Arme fallen und hob meine rechte Hand.
Constantine zu versprechen ihn zu befreien musste ja nicht gleich heißen, in diesen Höllenkrieg zu ziehen.
„Ok, versprochen“, presste ich hervor und schlug mit ihm ein.
Für einen Pakt war der Moment reichlich unspektakulär. Ich hätte kleine Funken erwartet oder schwarzen Nebel oder irgendwas. Aber es passierte nichts, abgesehen von Constantines Erleichterung auf seinem Gesicht.
„Dann bis bald“, verabschiedete er sich und ließ meine Hand los.
Sofort begann alles um mich herum zu verblassen und sich aufzulösen.
Komplette Dunkelheit breitete sich aus und ich bekam nur noch schlecht Luft.
Irgendwie fühlte ich mich, als sei ich unter Wasser und müsste an die Oberfläche schwimmen, aber ich wusste nicht, wie.
Leise Panik formte sich in mir und erleichtert hörte ich in diesem Moment Simons Stimme.
„Ganz ruhig, ich helfe dir“, raunte er und es begann wieder zu kribbeln, als würden tausend Ameisen über mich laufen.
Undeutlich nahm ich mein Bett unter mir wahr und spürte Simons Atem auf meiner Stirn.
Mein Körper reagierte noch immer nicht auf meine Kommandos, aber wenigstens konnte ich meine Augen öffnen.
Ich blickte direkt auf Simons Hand, die meine umschlossen hielt und auf seiner Brust lag.
Ich konnte seinen Herzschlag an meinem Handrücken spüren.
Mein Kopf
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