Die Eroberung Von Mexiko Durch Ferdinand Cortes
einer kleinen Insel, dieweil ich wahrnahm, daß ein Gefecht zwischen unseren Indianern und den Temixtitanern anfing, wobei erstere in das Wasser zurückgetrieben wurden. Mit unserer Hilfe aber stürmten sie bald von neuem vorwärts. Auch fernerhin deckte ich ihnen den Rücken, damit nicht aus den Nebengassen ein Angriff der Bürger von rückwärts auf die in der Gasse kämpfenden Hispanier möchte geschehen. Bald bekam ich die Meldung, daß sie ein gutes Stück vorwärtsgekommen und nun nicht mehr fern vom großen Markt wären. Sie seien willens, noch weiter vorzurücken, dieweil sie in der Ferne bereits Lärm hörten. Selbiger zeigte den nahen Kampf der Obristen Sandoval und Alvarado an.
Ich ermahnte sie daraufhin mit allem Ernst nochmals, auchnicht einen Schritt vorwärtszurücken, sie hätten denn zuvor die Gräben hinter sich völlig zugeschüttet, damit sie nicht durch das Wasser gehindert würden, wenn sie vielleicht aus Not müßten zurückgehen. Denn dies wäre die größte Gefahr. Sie meldeten mir zurück, es stünde alles zum besten und alles sei in guter Ordnung. Ich solle mich in eigener Person überzeugen, wenn ich daran zweifele. Mir schwante, es wäre doch nicht alles in Ordnung, und so ging ich hin und fand, daß in der Gasse ein Stück hinter den Kämpfern ein Graben von zehn bis zwölf Schritt Breite und zwei Mannslängen Tiefe zwar nach der Einnahme mit Balken und allerlei Holz zugeschüttet worden war, so daß er wohl von einzelnen in Gemächlichkeit überschritten werden konnte, aber bei der ungestümen Flucht eines ganzen Haufens zusammenbrechen mußte. In ihrer Siegesfreude hatten die Hispanier vermeint, dies Werk wunder wie fest gemacht zu haben.
Wie ich noch die Brücke besichtigte, sah ich, wie die Hispanier und Massen von unseren Indianern eilends zurückwichen, die Feinde aber wie Hetzhunde hinterdrein. Ich rief ihnen laut zu: Halt! Halt! Kehrt! – Im Augenblick war auch schon der Graben voller Hispanier und Indianer, und von dem hineingeworfenen Holz war nichts mehr zu sehen. Die Feinde stachen in die Unsrigen ein, die im Wasser standen, und metzelten eine Menge von ihnen nieder. Schon nahten auch auf der Wasserbahn die Kähne der Feinde, fingen etliche Hispanier und schleppten sie hinweg.
Alles dies trug sich unversehens zu. Als ich sah, wie meine Leute so jämmerlich erstochen wurden, beschloß ich, allda zu bleiben und im Kampfe zu fallen. Wir zogen etliche der Unglücklichen an den Händen aus dem Wasser und retteten sie vom Wassertode. Viele waren verwundet, andere halb ersoffen, manche ohne Wehr und Waffen. Ich ließ sie nach dem Hauptquartier abrücken. Da überfiel uns ein solcher Haufen Feinde, daß ich und die zwölf Mann bei mir völlig umringt waren.
Schon drangen etliche Temixtitaner auf mich ein und wollten mich hinwegschleppen, was sicherlich geschehen wäre, wenn mich nicht der Hauptmann meiner Leibwache (Anton von Quinones) und ein Soldat mit Gottes Hilfe vom Tode errettet hätten. Der Soldat (Christoval aus Olea) hieb mich so tapfer heraus, daß er sein Leben dabei ließ.
Währenddem kamen die in die Flucht geschlagenen Hispanier auf dem gepflasterten Weg zurück, und dieweil selbiger schmal und eng war und mit dem Wasser in gleicher Höhe, und dieweil Massen von unseren Indianern zugleich mit den Hispaniern rückwärts drängten, so ward das Gedränge immer dichter und die Fliehenden vermochten kaum noch auszuschreiten. Die Feinde aber hatten dadurch Zeit und Gelegenheit, vom Wasser aus auf beiden Seiten in die Unsrigen einzufallen und ihrer eine Menge gefangen zu nehmen und niederzustechen. Der genannte Hauptmann rief mir zu: Wir müssen von hier fort, denn Eure Person ist in Gefahr! Wenn Ihr nicht gerettet werdet, so sind wir alle verloren!
Trotzdem brachte ich es nicht fertig, davonzugehen. Als er dies sah, packte er mich am Arm und zog mich fort, und wiewohl ich lieber gefallen wäre, als daß ich mich in Sicherheit brachte, hab ich mir doch sagen müssen, daß der Hauptmann meiner Leibwache und alle anderen um mich herum auf ihrer Seite recht hatten, mich zum Rückzug zu nötigen, dieweil es Eurer Kaiserlichen Majestät und meinem Heere alles in allem nicht auf dies einzelne Gefecht ankam, vielmehr auf den Fortgang des Feldzuges.
Einer meiner Retter, der herbeigeeilt war, um mich im Abzuge zu decken, ward von einem niederen Altan aus durch einen Wurfspieß in die Kehle getroffen, so daß er zu Boden sank. Endlich brachte mir einer meiner Knechte ein Pferd,
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