Die erste Nacht - Roman
»Ein starker Laser könnte genügend Energie freisetzen, um das Ganze wieder aufzuladen, sodass es uns erneut die Karte projiziert. Wer weiß, vielleicht enthüllt uns das dritte Fragment etwas Entscheidendes.«
»Ein starkes Lasergerät … Wenn es sonst nichts ist … Und wo sollen wir das hernehmen?«, fragte Ivory aufgebracht.
Wim, der den ganzen Nachmittag über geschwiegen hatte, trat vor.
»Es gibt eines an der Virje-Universität, im LCVU, die Institute für Physik, Astronomie und Chemie teilen es sich.«
»LCVU?«, fragte Ivory.
»Laser Center of Virje University«, erklärte Wim, »Professor Hogervorst hat es gegründet. Er ist inzwischen im Ruhestand, aber ich könnte ihn anrufen und bitten, sich für uns zu verwenden, damit wir Zugang zu der Einrichtung auf dem Campus bekommen.«
»Worauf warten Sie dann noch?«, fragte Ivory.
Wim zog ein Adressbuch aus der Tasche und blätterte nervös darin.
»Ich habe seine Nummer nicht bei mir, aber ich rufe das Universitätssekretariat an, ich bin sicher, sie wissen, wie wir Kontakt mit ihm aufnehmen können.«
Wim verbrachte eine halbe Stunde am Telefon und tätigte zahlreiche Anrufe auf der Suche nach Professor Hogervost. Dann kam er mit aufgelöster Miene zu uns zurück.
»Ich habe seine Privatnummer bekommen, und das war gar nicht so einfach. Doch sein Assistent hat mich nicht mit ihm verbinden können, da er sich auf einem Kongress in Argentinien befindet und erst Anfang nächster Woche zurückkommt.«
Es gibt keinen Grund dafür, dass das, was einmal funktioniert hat, nicht auch ein zweites Mal funktioniert. Ich erinnerte mich an Walters Trick, als wir uns auf Kreta Zugang zu einem solchen Gerät hatten verschaffen wollen. Er hatte sich auf die Akademie berufen. Ich nahm Ivorys Handy und rief auf der Stelle meinen Freund an. Er begrüßte mich trübselig.
»Was ist los?«, fragte ich.
»Nichts!«
»Ich höre doch, dass etwas nicht stimmt, Walter, was ist es?«
»Ich sage Ihnen doch, nichts.«
»Ich erlaube mir zu insistieren, denn es scheint Ihnen nicht gut zu gehen.«
»Rufen Sie an, um sich nach meinem Wohlergehen zu erkundigen?«
»Walter, seien Sie nicht kindisch. Sie sind nicht wie sonst. Haben Sie getrunken?«
»Und wenn schon, ich habe schließlich das Recht zu tun, was ich will.«
»Es ist erst sieben Uhr abends, wo sind Sie?«
»In meinem Büro!«
»Sie haben sich im Büro betrunken?«
»Ich bin nicht betrunken, nur ein bisschen beschwipst. Und außerdem, hören Sie auf mit Ihren Moralpredigten, das kann ich im Moment nicht ertragen.«
»Ich hatte auch nicht die Absicht, Ihnen eine zu halten, aber ich lege nicht auf, bevor Sie mir nicht erklärt haben, was los ist.«
Kurzes Schweigen, dann glaubte ich, Walter aufschluchzen zu hören.
»Walter, weinen Sie?«
»Das kann Ihnen doch egal sein, es wäre mir lieber gewesen, ich hätte Sie nie kennengelernt.«
Ich wusste nicht, was Walter in einen solchen Zustand versetzte, doch seine Bemerkung traf mich zutiefst. Erneutes Schweigen, dann erneutes Schluchzen. Dieses Mal schnäuzte er sich geräuschvoll.
»Tut mir leid, das habe ich nicht so gemeint.«
»Aber Sie haben es gesagt! Was habe ich Ihnen getan, dass Sie so schlecht auf mich zu sprechen sind?«
»Sie, Sie, Sie - immer geht es nur um Sie! Walter hier, Walter da, denn ich bin sicher, wenn Sie mich anrufen, dann,
weil ich Ihnen einen Dienst erweisen soll. Sagen Sie bloß nicht, Sie wollten nur hören, wie es mir geht?«
»Genau das versuche ich seit Beginn dieses Gesprächs vergebens.«
Ein drittes Mal Schweigen. Walter dachte nach.
»Stimmt«, sagte er seufzend.
»Verraten Sie mir jetzt, was Sie so sehr mitnimmt?«
Ivory wurde ungeduldig und fing an, wild zu gestikulieren. Ich entfernte mich und ließ ihn mit Keira und Wim zurück.
»Ihre Tante ist nach Hydra zurückgefahren, und ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so einsam gefühlt«, gestand Walter mit einem erneuten Schluchzer.
»Ist das Wochenende gut verlaufen?«, fragte ich und betete, dass dem so wäre.
»Noch viel besser, jeder Augenblick war Idylle pur. Perfekter Einklang.«
»Dann müssten Sie doch außer sich sein vor Glück, ich verstehe Sie nicht.«
»Sie fehlt mir so, Adrian, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr. Noch nie habe ich etwas Vergleichbares erlebt. Bis ich Elena begegnet bin, war mein Gefühlsleben reine Wüste mit einigen wenigen Oasen, die sich letztlich als Fata Morgana erwiesen haben, aber mit ihr ist alles
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