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Die erste Nacht - Roman

Die erste Nacht - Roman

Titel: Die erste Nacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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herzustellen, ich denke, für zweihundert Gulden wäre das möglich, das heißt …«
    Der Mann öffnete eine Schublade und zog einen Taschenrechner heraus.
    »Neunzig Euro. Entschuldigung, aber ich kann mich noch immer nicht an dieses neue Geld gewöhnen.«
    »Wann könnten Sie ihn fertig haben?«, fragte ich.
    »Zuerst muss ich die Uhr beenden, mit der ich beschäftigt war, als Sie gekommen sind. Sie muss wieder in den Frontispiz einer Kirche eingesetzt werden, und der Priester ruft mich fast jeden Tag an, um zu hören, wie weit ich bin. Ich muss auch noch drei alte Armbanduhren reparieren, ich könnte also Ende des Monats anfangen, wäre das in Ordnung?«
    »Tausend Gulden, wenn Sie sofort anfangen!«, bot Ivory an.
    »Haben Sie es so eilig?«
    »Mehr als das. Ich verdoppele die Summe, wenn der Ring heute Abend fertig ist!«
    »Nein«, erklärte der Uhrmacher, »tausend Gulden sind mehr als genug. Und mit den anderen Sachen bin ich so im Verzug, dass es auf einen Tag auch nicht mehr ankommt … schauen Sie gegen achtzehn Uhr wieder vorbei.«
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, würden wir lieber hier warten.«
    »Na gut, wenn Sie mich nicht bei der Arbeit stören. Etwas Gesellschaft wird mir auch nicht schaden.«
    Der alte Mann machte sich sofort ans Werk. Er öffnete eine Schublade nach der anderen und wählte schließlich einen Messingstab, der ihm geeignet schien. Er betrachtete ihn eingehend, verglich den Durchmesser mit der Rille auf den Fragmenten und erklärte dann, so müsste es gehen. Er legte die Stange auf die Werkbank und begann, sie zu bearbeiten. Mit einem Stanzrad schuf er auf der einen Seite eine Vertiefung
und zeigte uns dann die Rippe, die sich auf der anderen gebildet hatte. Wir waren fasziniert von seiner Geschicklichkeit. Der Uhrmacher vergewisserte sich, dass sie in die Rille der Fragmente passte, und fuhr dann mehrmals mit dem Stanzrad über die Vertiefung, um die Rippe noch stärker herauszuarbeiten. Dann griff er zu einer Schablone, die an einer Kette über der Werkbank hing. Mit einem kleinen Hammer machte er sich daran, den Messingstab um die Form zu biegen.
    »Sind Sie wirklich ein Nachfahre von Habermel?«, fragte Keira.
    Der Mann hob den Kopf und lächelte sie an.
    »Würde das etwas ändern?«
    »Nein, aber all diese alten Instrumente in Ihrer Werkstatt …«
    »Sie sollten mich arbeiten lassen, wenn Sie wollen, dass ich diesen Reif fertigstelle. Wir können uns später nach Herzenslust über meine Vorfahren unterhalten.«
    Wir standen schweigend in einer Ecke und begnügten uns damit, fasziniert die Fingerfertigkeit dieses Handwerkers zu beobachten. Zwei Stunden arbeitete er über seinen Tisch gebeugt und handhabte seine Werkzeuge mit einer Präzision, die der eines Chirurgen würdig gewesen wäre. Plötzlich drehte er sich auf seinem Hocker zu uns um.
    »Ich glaube, es ist so weit. Wollen Sie es sich ansehen?«
    Wie beugten uns über die Werkbank, der Ring war perfekt. Er polierte ihn mit einer kleinen, motorbetriebenen Drahtbürste und wischte ihn anschließend mit einem weichen Tuch ab.
    »Sehen wir, ob die Stücke hineinpassen«, erklärte er und nahm das erste Fragment.
    Dann setzte er das zweite und das dritte ein.
    »Ganz offensichtlich fehlt eins, aber der Ring hat Spannung
genug, um die drei Teile dennoch zusammenzuhalten, vorausgesetzt, man geht vorsichtig damit um.«
    »Ja, eins fehlt«, sagte ich und hatte Mühe, meine Enttäuschung zu verbergen.
    Entgegen meiner Hoffnung fand keine elektrische Reaktion statt.
    »Wie schade«, sagte der Uhrmacher, »ich hätte dieses Gerät wirklich gerne vollständig gesehen. Es handelt sich um eine Art Astrolabium, sagten Sie?«
    »Genau«, log Ivory ungeniert.
    Der Professor legte fünfhundert Euro auf den Tisch und bedankte sich.
    »Wer hat das Ihrer Meinung nach gebaut?«, wollte der Uhrmacher wissen. »Ich kann mich nicht erinnern, je etwas Ähnliches gesehen zu haben.«
    »Sie haben hervorragende Arbeit geleistet«, gab Ivory zurück. »Sie haben wirklich goldene Hände, ich werde Sie Freunden empfehlen, die etwas Wertvolles zu restaurieren haben.«
    »Wenn die nicht so ungeduldig sind wie Sie, sind sie mir willkommen«, antwortete der Mann und begleitete uns zur Tür seines Ateliers.
    »Haben Sie vielleicht noch eine andere Idee, wie ich mein Geld ausgeben kann?«, fragte Ivory, als wir wieder auf der Straße waren. »Bis jetzt habe ich nichts Transzendentes feststellen können!«
    »Wir brauchen ein Lasergerät«, erklärte ich.

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