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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Leutchen nicht unnötig zu stören, wohl aber aufmerksam zu sein und
    Dummheiten zu verhüten. Bei Paul war es das erstemal, dessen war sie sicher.
    Wie lang noch, und er würde ihrer Fürsorge entwachsen sein und seine Wege
    ihrem Blick entziehen! – O ihr Kinder!
    Draußen war es beinahe finster geworden. Der Regen rann und ließ nach
    mit den wechselnden Windstößen, das Gewitter zögerte noch, und der Donner
    klang noch meilenfern.
    Haben Sie Furcht vor Gewittern?
    fragte Herr Homburger seine Dame.
    Im Gegenteil, ich weiß nichts Schöneres. Wir könnten nachher in den Pa-
    villon gehen und zusehen. Kommst du mit, Berta?
    Wenn du willst, ja, gern.
    Und Sie also auch, Herr Kandidat? – Gut, ich freue mich darauf. Es ist in
    diesem Jahr das erste Gewitter, nicht?
    Gleich nach Tisch brachen sie mit Regenschirmen auf, zum nahen Pavillon.
    Berta nahm ein Buch mit.
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    Willst du dich denen nicht anschließen, Paul?
    ermunterte die Tante.
    Danke, nein. Ich muß eigentlich üben.
    Er ging in einem Wirrwarr von quellenden Gefühlen ins Klavierzimmer.
    Aber kaum hatte er zu spielen begonnen, er wußte selbst nicht was, so kam
    sein Vater herein.
    Junge, könntest du dich nicht um einige Zimmer weiter verfügen? Brav,
    daß du üben wolltest, aber alles hat seine Zeit, und wir älteren Semester
    möchten bei dieser Schwüle doch gern ein wenig zu schlafen versuchen. Auf
    Wiedersehen, Bub!
    Der Knabe ging hinaus und durchs Eßzimmer, über den Gang und zum Tor.
    Drüben sah er gerade die andern den Pavillon betreten. Als er hinter sich den leisen Schritt der Tante hörte, trat er rasch ins Freie und eilte mit unbedecktem Kopf, die Hände in den Taschen, durch den Regen davon. Der Donner nahm
    stetig zu, und erste scheue Blitze rissen zuckend durch das schwärzliche Grau.
    Paul ging um das Haus herum und gegen den Weiher hin. Er fühlte mit trot-
    zigem Leid den Regen durch seine Kleider dringen. Die noch nicht erfrischte, schwebende Luft erhitzte ihn, so daß er beide Hände und die halbentblößten
    Arme in die schwer fallenden Tropfen hielt. Nun saßen die andern vergnügt im Pavillon beisammen, lachten und schwatzten, und an ihn dachte niemand. Es
    zog ihn hinüber, doch überwog sein Trotz; hatte er einmal nicht mitkommen
    wollen, so wollte er ihnen auch nicht hinterdrein nachlaufen. Und Thusnelde
    hatte ihn ja überhaupt nicht aufgefordert. Sie hatte Berta und Herrn Hom-
    burger mitzukommen aufgefordert und ihn nicht. Warum ihn nicht?
    Ganz durchnäßt kam er, ohne auf den Weg zu achten, ans Gärtnerhäuschen.
    Die Blitze jagten jetzt fast ohne Pause herab und quer durch den Himmel in
    phantastisch kühnen Linien, und der Regen rauschte lauter. Unter der Holz-
    treppe des Gärtnerschuppens klirrte es auf, und mit verhaltenem Grollen kam
    der große Hofhund heraus. Als er Paul erkannte, drängte er sich fröhlich und schmeichelnd an ihn. Und Paul, in plötzlich überwallender Zärtlichkeit, legte ihm den Arm um den Hals, zog ihn in den dämmernden Treppenwinkel zurück
    und blieb dort bei ihm kauern und sprach und koste mit ihm, er wußte nicht
    wie lang.
    Im Pavillon hatte Herr Homburger den eisernen Gartentisch an die gemau-
    erte Rückwand geschoben, die mit einer italienischen Küstenlandschaft bemalt war. Die heiteren Farben, Blau, Weiß und Rosa paßten schlecht in das Regen-grau und schienen trotz der Schwüle zu frieren.
    Sie haben schlechtes Wetter für Erlenhof , sagte Herr Homburger.
    Warum? Ich finde das Gewitter prächtig.
    Und Sie auch, Fräulein Ber-
    ta?
    O, ich sehe es ganz gerne.
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    Es machte ihn wütend, daß die Kleine mitgekommen war. Gerade jetzt, wo
    er anfing, sich mit der schönen Thusnelde besser zu verstehen.
    Und morgen werden Sie wirklich schon wieder reisen?
    Warum sagen Sie das so tragisch?
    Es muß mir doch leid tun.
    Wahrhaftig?
    Aber gnädiges Fräulein –
    Der Regen prasselte auf dem dünnen Dach und quoll in leidenschaftlichen
    Stößen aus den Mündungen der Traufen.
    Wissen Sie, Herr Kandidat, Sie haben da einen lieben Jungen als Schüler.
    Es muß ein Vergnügen sein, so einen zu unterrichten.
    Ist das Ihr Ernst?
    Gewiß. Er ist doch ein prächtiger Junge – Nicht, Berta?
    O, ich weiß nicht, ich sah ihn ja kaum.
    Gefällt er dir denn nicht?
    Ja, das schon. – O ja.
    Was stellt das Wandbild da eigentlich vor, Herr Kandidat? Es scheint eine
    Rivieravedute?
    Paul war nach zwei Stunden ganz durchnäßt und todmüde heimgekommen,
    hatte ein kaltes Bad genommen und sich

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