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Die Erzaehlungen 1900-1906

Die Erzaehlungen 1900-1906

Titel: Die Erzaehlungen 1900-1906 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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so
    regungslos halb gesessen, halb gelegen. Es paßte zu ihr, zu ihrer Figur und zu ihren Kleidern, zu ihrer angenehm weichen, nicht ganz freien Stimme, auch
    zu ihrem Gesicht, das mit den ruhigen Augen so klug und abwartend und
    gelassen aussah.
    Herr Homburger sah auf die Uhr.
    Verzeihen Sie, meine Damen, ich sollte nun an die Arbeit. Sie bleiben doch
    hier, Paul?
    Er verbeugte sich und ging.
    Die andern blieben schweigend sitzen. Paul hatte seine Linke langsam und
    mit ängstlicher Vorsicht wie ein Verbrecher der Frauenhand genähert und dann dicht neben ihr liegen lassen. Er wußte nicht, warum er es tat. Es geschah ohne seinen Willen, und dabei wurde ihm so drückend bang und heiß, daß seine Stirn voll von Tropfen stand.
    Krocket spiele ich auch nicht gerne , sagte Berta leise, wie aus einem
    Traum heraus. Durch das Weggehen des Hauslehrers war zwischen ihr und
    Paul eine Lücke entstanden, und sie hatte sich die ganze Zeit besonnen, ob sie herrücken solle oder nicht. Es war ihr, je länger sie zauderte, immer schwerer vorgekommen, es zu tun, und nun fing sie, nur um sich nicht länger ganz allein zu fühlen, zu reden an.
    Es ist wirklich kein nettes Spiel , fügte sie nach einer langen Pause mit
    unsicherer Stimme hinzu. Doch antwortete niemand.
    Es war wieder ganz still. Paul glaubte, sein Herz schlagen zu hören. Es
    trieb ihn, aufzuspringen und irgend etwas Lustiges oder Dummes zu sagen
    oder wegzulaufen. Aber er blieb sitzen, ließ seine Hand liegen und hatte ein Gefühl, als würde ihm langsam, langsam die Luft entzogen, bis zum Ersticken.
    Nur war es angenehm, auf eine traurige, quälende Art angenehm.
    Fräulein Thusnelde blickte in Pauls Gesicht, mit ihrem ruhigen und etwas
    müden Blick. Sie sah, daß er unverwandt auf seine Linke schaute, die dicht
    neben ihrer Rechten auf der Bank lag.
    Da hob sie ihre Rechte ein wenig, legte sie fest auf Pauls Hand und ließ sie da liegen.
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    Ihre Hand war weich, doch kräftig und von trockener Wärme. Paul erschrak
    wie ein überraschter Dieb und fing zu zittern an, zog aber seine Hand nicht
    weg. Er konnte kaum noch atmen, so stark arbeitete sein Herzschlag, und sein ganzer Leib brannte und fror zugleich. Langsam wurde er blaß und sah das
    Fräulein flehend und angstvoll an.
    Sind Sie erschrocken?
    lachte sie leise.
    Ich glaube, Sie waren eingeschla-
    fen?
    Er konnte nichts sagen. Sie hatte ihre Hand weggenommen, aber seine lag
    noch da und fühlte die Berührung noch immer. Er wünschte, sie wegzuziehen,
    aber er war so matt und verwirrt, daß er keinen Gedanken oder Entschluß
    fassen und nichts tun konnte, nicht einmal das.
    Plötzlich erschreckte ihn ein ersticktes, ängstliches Geräusch, das er hinter sich vernahm. Er wurde frei und sprang tiefatmend auf. Auch Thusnelde war
    aufgestanden.
    Da saß Berta tiefgebückt an ihrem Platz und schluchzte.
    Gehen Sie hinein , sagte Thusnelde zu Paul,
    wir kommen gleich nach.
    Und als Paul wegging, setzte sie noch hinzu:
    Sie hat Kopfweh bekommen.
    Komm, Berta. Es ist zu heiß hier, man erstickt ja vor Schwüle. Komm,
    nimm dich zusammen! Wir wollen ins Haus gehen.
    Berta gab keine Antwort. Ihr magerer Hals lag auf dem hellblauen Ärmel des
    leichten Backfischkleidchens, aus dem der dünne, eckige Arm mit dem breiten
    Handgelenk herabhing. Und sie weinte still und leise schluckend, bis sie nach einer langen Weile rot und verwundert sich aufrichtete, das Haar zurückstrich und langsam und mechanisch zu lächeln begann.
    Paul fand keine Ruhe. Warum hatte Thusnelde ihre Hand so auf seine gelegt?
    War es nur ein Scherz gewesen? Oder wußte sie, wie seltsam weh das tat? So
    oft er es sich wieder vorstellte, hatte er von neuem dasselbe Gefühl; ein erstickender Krampf vieler Nerven oder Adern, ein Druck und leichter Schwindel im Kopf, eine Hitze in der Kehle und ein lähmend ungleiches, wunderliches
    Wallen des Herzens, als sei der Puls unterbunden. Aber es war angenehm, so
    weh es tat.
    Erlief am Haus vorbei zum Weiher und in den Obstgängen auf und ab.
    Indessen nahm die Schwüle stetig zu. Der Himmel hatte sich vollends ganz
    bezogen und sah gewitterig aus. Es ging kein Wind, nur hin und wieder im
    Gezweig ein feiner, zager Schauer, vor dem auch der fahle, glatte Spiegel des Weihers für Augenblicke kraus und silbern erzitterte.
    Der kleine alte Kahn, der angebunden am Rasenufer lag, fiel dem Jungen
    ins Auge. Er stieg hinein und setzte sich auf die einzige noch vorhandene
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    Ruderbank. Doch band er das

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