Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Titel: Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Kreutzberger , Valentin Thurn
Vom Netzwerk:
kess »schwangere Auster« genannt. Eine Zuschauerin drückte mir nach der Vorstellung zehn Euro in die Hand: »Bitte geben Sie das Véronique, ich möchte sie gerne unterstützen.« In mir reifte der Plan, ein Spendenkonto für unsere Abfallheldin aus Paris einzurichten.
    Das dritte Screening schließlich veranstalteten wir selbst, um all die Verbände einzuladen, die an einer Kampagne gegen Lebensmittelverschwendung interessiert sind. Wir mieteten dafür die beiden Säle des Kreuzberger Eiszeitkinos.
    Nach der Filmvorführung zogen wir mit den über 100 Gästen in die nahe gelegene Markthalle 9. In dem historischen Gebäude starteten wir zunächst mit einer Podiumsdiskussion, moderiert von Andrea Ernst vom Westdeutschen Rundfunk. Das Interesse war groß, auf der übervollen Bühne drängten sich Jürgen Knirsch von Greenpeace, Ursula Hudson von Slow Food, Stephan Buchheim von der Berliner Tafel, Kai Falk vom Handelsverband Deutschland, Wolfgang Jamann von der Welthungerhilfe, Stig Tanzmann vom Evangelischen Entwicklungsdienst, Laura Gross von der Verbraucherinitiative und Bäckermeister Roland Schüren, Protagonist unseres Films.
    Für die besondere Stimmung sorgten unzählige Pflanzkübel, meist recycelt, große Kisten ebenso wie gebrauchte Milchtüten: In solchen mobilen Gefäßen überwintern die »Prinzessinnengärten« ihre Pflanzen. Robert Shaw und Marco Clausen besetzen mit ihrem Grün während der warmen Jahreszeit Freiflächen in der Stadt. Heute unterstützten die Pioniere des »city gardening« in der Küche »Aktionskoch« Wam Kat, der uns Kartoffelstampf mit Gemüsecarpaccio und Kräuterpesto präsentierte.
    Einen Teil der Zutaten lieferte die Berliner Tafel, einen anderen Teil brachte Wam Kat selbst mit – Erntereste seiner Landwirtschafts-Kooperative im Berliner Umland, die wegen leichter optischer Fehler nicht vermarktet werden konnten und ansonsten vernichtet worden wären. Später sorgte dann DJ ane Grace Kelly für heiße Rhythmen, unterbrochen durch zwei Musiker der Band The Beez, die uns einen überraschenden Live-Act boten.
    Diese »Kick-off-Party« während der Berlinale kann als Geburtsstunde unseres Bündnisses gegen Lebensmittelverschwendung gelten. Einen Monat später trafen sich die Verbände zu einem ersten Koordinationstreffen in Bonn bei der Welthungerhilfe, per Videokonferenz mit Berlin verbunden. Neue Bündnispartner kamen hinzu: der Deutsche Naturschutzring, die Verbraucherzentrale, Brot für die Welt, die Vereinigung deutscher Wissenschaftler, der Bundesverband der Tafeln und gleich mehrere Mitarbeiter aus den zuständigen Ministerien in Berlin und Düsseldorf.
    In Österreich gibt es bereits mehrere erfolgreiche Kampagnen gegen Lebensmittelverschwendung – dort werden sie nicht selten von lokalen Abfallversorgungsbetrieben getragen. In Deutschland hatte ich bisher erfolglos nach ähnlichen Initiativen gesucht. Umso erfreuter war ich, als ich auf der »Messe des guten Geschmacks«, die Slow Food jedes Jahr in Stuttgart veranstaltet, auf die Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises Ludwigsburg ( AVL ) stieß. Die Abteilungsleiterin Annette Ponton startete ein Pilotprojekt, das zunächst mit 15, später 45 Haushalten auslotet, wie man die Mengen an Lebensmittelmüll in der Küche verringern kann. Sie arbeitet dabei mit der Initiative »Green Cook« der Europäischen Union zusammen.
    International zieht das Thema immer größere Kreise. Im Mai 2011 stellte die UN – Welternährungsorganisation FAO eine Studie vor, nach der die weltweite Verschwendung je nach Lebensmittel zwischen 20 und 75 Prozent liegt. Den weltweiten Berg an Lebensmittelabfällen schätzen die FAO – Forscher auf unvorstellbare 1,2 Milliarden Tonnen im Jahr. Während in den Industrieländern am meisten von den Konsumenten vergeudet wird, verderben in den Entwicklungsländern die Lebensmittel oft schon direkt nach der Ernte. Hier fehlt es an Lagermöglichkeiten und Infrastruktur. Die Verpackungsindustrie hat dies als neues Geschäftsfeld erkannt und auf der Messe »interpack« in Düsseldorf die Initiative » SAVE FOOD « gegründet. Denn wo bei uns oft mit Verpackung übertrieben wird, ist bei den Produzenten ärmerer Länder oft fehlende oder schlechte Verpackung daran schuld, dass Lebensmittel verderben.
    Ich bin mir sicher, bald werden auch die Supermärkte in Deutschland Kampagnen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln starten. Und zu Erntedank vielleicht auch die Kirchen – eines der ureigensten

Weitere Kostenlose Bücher