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Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Titel: Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Kreutzberger , Valentin Thurn
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Klasse, die sich über ein Jahr zu vier einwöchigen, sehr intensiven Kursen traf. Jeder entwickelte sein eigenes Filmprojekt und half doch auch den anderen mit seinen kritischen Fragen und Ideen.
    Das Projekt startete mit den sogenannten Mülltauchern – und entfernte sich bald davon, um die große Frage in den Blick zu bekommen: Warum verschwendet unsere Gesellschaft solche unglaublichen Mengen an Essen?
    »Taste The Waste«, das wurde bald klar, würde kein klassischer Dokumentarfilm werden. Denn die Recherche zeigte schon bald: Es gibt bereits viele Bewegungen, die sich mit der Vernichtung von Lebensmitteln beschäftigen, weltweit verstreut und noch unverbunden. Unser Projekt könnte ein Sprachrohr werden für den gemeinsamen Protest: gegen die zunehmende Entwertung der Basis unseres Lebens.
    Mir war bald klar: Wir müssen etwas dagegen tun! Geht das mit einem Filmprojekt? Ja, aber der Film alleine reicht nicht, es muss eine Kampagne werden, deren tragende Bestandteile Filme für Kino und Fernsehen – und dieses Buch – sind.
    Zunächst wollte ich verstehen, warum das Problem über viele Jahrzehnte unbeachtet blieb – nicht nur bei den Mainstreammedien, sondern auch bei den Umweltverbänden und der Eine-Welt-Bewegung. Ich schließe mich da mit ein, auch ich hatte die Bedeutung des Themas nicht erfasst. Kaum zu begreifen, angesichts der Größenordnung: Wir werfen in etwa genauso viel weg, wie wir essen! In anderen Worten: 50 Prozent der Nahrungsmittelproduktion werden auf dem Weg vom Acker zum Teller vernichtet!
    Mir war schon bewusst, dass ich in einer verschwenderischen Gesellschaft lebe, aber diese Größenordnung hätte ich mir niemals vorstellen können. Die Augen geöffnet haben mir die Mülltaucher, junge Politaktivisten, die sich nicht scheuen, Essbares aus den Containern der Supermärkte herauszufischen.

[Menü]  
    Essen ist kein Abfall
    Als Jens den grünen Containerdeckel anhebt, schlägt uns der Geruch von Verwesung entgegen. »Der Gestank kommt von ganz unten«, sagt der Mülltaucher. »Das Zeug hier oben ist perfekt: Schau mal, ein Bund Karotten, da ist nichts dran.« Etwas eklig ist es trotzdem, denn die Karotten sind ja mit dem Müll in Berührung gekommen. »Die muss man natürlich noch abwaschen. Fauliges esse ich nicht«, beruhigt er mich.
    Jens sucht weiter, findet Kohlrabi, ein Netz Orangen, drei Paprika, noch plastikverpackt und ohne irgendeine schlechte Stelle. Er steckt alles in eine Plastiktüte und zwei Blumensträußchen obendrauf. Auch die waren in der Tonne. Warum wirft ein Supermarkt Waren weg, die noch völlig in Ordnung sind? »Da ist vermutlich frische Ware gekommen, und im Regal war kein Platz mehr, also hauen sie die Reste von gestern raus«, sinniert Jens. Kann man das nicht besser planen? »Na ja, das ist schwierig, wir sind es ja gewohnt, dass die Regale zu jeder Tageszeit prall gefüllt sind.«
    Jens zieht weiter, und ich hinterher. Während der erste Container noch auf öffentlichem Grund stand, kommen wir jetzt an ein schier unüberwindbares Hindernis: ein drei Meter hohes Metalltor. Jens weiß, dahinter sind jede Menge interessanter Schätze. Er überlegt kurz, ob er versuchen soll, über das Tor zu klettern. Aber dann kommt ihm eine Idee. Er legt sich flach auf den Boden, streckt einen Arm unter dem Tor durch und tastet in die Dunkelheit.
    Ein leiser Pfiff entfährt ihm. »Das ist ja mal nett.« Er zieht eine Kiste unter dem Tor heraus, offenbar bereitgestellt von Angestellten des Supermarkts, die die Mülltaucher unterstützen. »Manche Leute sind wirklich lieb, da sag ich Dankeschön«, freut er sich. Geräucherter Lachs in rauen Mengen und Miesmuscheln, vakuumverpackt. Fisch und Meeresfrüchte sind hochriskant, wenn die Kühlkette unterbrochen ist. Heute Nacht aber liegen die Temperaturen um null Grad, Jens sieht also keinen Grund, nicht zuzulangen: »Ein Fisch reicht mir und eine Packung Muscheln, den Rest lege ich wieder zurück, damit andere auch noch was davon haben.«
    Daheim, in seinem Bauwagen, stellt Jens einen großen Topf mit Wasser auf den Herd. »Die Muscheln müssen zuerst gemacht werden, das Haltbarkeitsdatum läuft morgen ab.« Ein bisschen Gemüse in den Sud, Pfeffer und ein Schuss Weißwein, und die Blümchen auf den Tisch – Jens entpuppt sich als Genießer. Der Dreck unter seinen Fingernägeln offenbart aber auch den Einzelgänger.
    Sein Essen holt er schon seit über zehn Jahren aus dem Müllcontainer, aber nicht aus Gründen der Armut.

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