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Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition)

Titel: Die Essensvernichter: Warum die Hälfte aller Lebensmittel im Müll landet und wer dafür verantwortlich ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Kreutzberger , Valentin Thurn
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Nahrungsmangel war, um uns zu schonen. Erst im Ruhestand, als sie ihr Leben aufschrieb, kam auch diese Geschichte zutage.
    Katharina wurde im damaligen Jugoslawien geboren. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, hatte sie gerade ihren ersten Geburtstag gefeiert. Ihre Familie gehörte zur deutschsprachigen Minderheit, die im 16. Jahrhundert in das damals österreichisch-ungarische Gebiet ausgewandert war. Das wurde ihnen 1944 zum Verhängnis, denn als die russische Armee den Balkan eroberte, internierten die jugoslawischen Partisanenverbände die deutschstämmige Bevölkerung und übten damit Vergeltung für die blutigen Kriegsverbrechen, die die Deutschen zuvor begangen hatten.
    Katharina war sechs Jahre alt, als sie in solch einem Lager eingesperrt wurde, gemeinsam mit ihrer Mutter, die ebenfalls Katharina hieß. Die Tagesration, ein Teller wässrige Erbsensuppe mit etwas Gerste, dazu manchmal eine Scheibe Maisbrot, reichte weder für die Tochter noch für die Mutter. Zwar waren Kinder und Eltern getrennt untergebracht, doch die Mutter kam alle paar Tage heimlich ins Kinderlager, um ihrer Tochter einen Teil ihrer Essensration zuzustecken – damit sie überlebt.
    Das ging etwa ein Jahr, bis die Mutter eines Tages nicht mehr kam. Der Hunger hatte sie stark geschwächt, sie steckte sich mit Typhus an und starb binnen weniger Tage. Die Tochter Katharina, inzwischen sieben, aber lebte. Und sollte den Wert, den ein Kanten Brot hat, nie vergessen. Auch nicht, als sie längst in einer anderen Welt lebte – im Wirtschaftswunderland der Bundesrepublik, das keine Knappheit mehr kannte.
    In meiner Familie wurde gutes Essen immer geschätzt. Den höchsten Feiertagen war das Fischgulasch vorbehalten – eine balkanische Spezialität, höllenscharf und aus einem tieferen Grund immer auf dem offenen Feuer zubereitet, selbst im tiefsten Winter. Dann wurde das Feuer eben im Schnee entfacht und alle standen rund um den Kupferkessel im Garten.
    Ich bin hier in Deutschland aufgewachsen, und diese Traditionen sind auch für mich eher exotisch, das werde ich meinen Kindern nicht weitergeben können. Aber ich werde wohl etwas viel Grundlegenderes weitergeben, das ich von meiner Mutter gelernt habe: dass die Gaben der Natur sehr unterschiedlich aussehen und wie man erkennt, ob etwas gut ist oder schlecht. Das Handwerkszeug dazu musste ich mir selbst beibringen, das bekommt man als Stadtbewohner heutzutage leider nicht in die Wiege gelegt: Was ist Qualität? Dabei kam mir sehr zugute, dass ich in einem Weinbaugebiet aufwuchs, wo traditionell eine der reichhaltigsten Küchen Deutschlands gepflegt wird – dem Remstal in der Nähe von Stuttgart.
    Und unsere Mutter lehrte uns Kinder die Wonnen der österreichisch-ungarischen Mehlspeisen. Vor allem aber gab sie uns ihre Werte weiter. Nur die Geschichte von Hunger und Tod hat sie uns erst vor wenigen Jahren erzählt. Sie hat mich tief bewegt, denn für mich ist lebensbedrohender Hunger etwas, was ich nur aus den Fernsehnachrichten kenne und mir nicht wirklich vorstellen kann. Dabei liegt die Erfahrung in der eigenen Familie erst eine Generation zurück!
    Die Kriegserfahrungen haben unsere Eltern geprägt und damit auch uns. Aber wie kann man sich vor diesem Hintergrund erklären, dass in Deutschland heute jedes Jahr rund 20 Millionen Tonnen essbare Lebensmittel auf den Müll geworfen werden? Haben wir so schnell vergessen? Oder sind es andere Mechanismen, die die Essensvernichtung antreiben?
    Um das zu ergründen, habe ich 2009 begonnen, das Filmprojekt »Taste The Waste« zu entwickeln. Ich arbeite in einer Bürogemeinschaft mit der Produktionsfirma Schnittstelle Köln. Wir haben ein ehemaliges Fabrikgebäude in einem Hinterhof von Köln-Sülz bezogen. Ich nenne das unseren »kreativen Hinterhof«. Bei der Entscheidung für das Gebäude spielte die kleine Terrasse eine große Rolle.
    Bei aller Geschäftigkeit finden meine Kolleginnen und Kollegen doch jeden Tag die Zeit für eine Mittagspause, für ein gemeinsames Essen auf der Terrasse oder am Küchentisch. Uns eint das Gefühl, dass Essen keine Nebensache ist – eine wichtige Grundlage für das Projekt.
    Unsere Produzentin Astrid Vandekerkhove kam auf die Idee, das Projekt bei der »Documentary Campus Masterschool« einzureichen. Ein Programm für Filmemacher, die wissen möchten, wie man Geschichten für ein internationales Publikum erzählt – und verkauft. Und so fand ich mich mit 15 Filmemachern aus anderen europäischen Ländern in einer

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