Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
Volk von ihm erwartet, sondern sein Volk zu dem zu zwingen, was er von ihm erwartet: die Aufgabe seiner Souveränität.
Die Schliche des Luxemburgers, der sich als everbody’s darling gibt, lassen sich auf einen einfachen Nenner bringen: Er nimmt es mit der Wahrheit nicht immer so genau. Oder er verdreht sie, wie es ihm gerade passt. So schlug er 2010 als Patentlösung für die Eurokrise gemeinschaftliche Anleihen vor, sogenannte Euro-Bonds. Seine Motive lagen auf der Hand: Die vier kreditwürdigen Nordländer der Euro-Zone, allen voran Deutschland, sollten für die Schulden der Südländer bürgen. Letztere kämen durch niedrige Zinsen leichter an billiges Geld, während Deutschland dreimal so hohe Zinssätze zahlen müsste. Nur sagte er das nicht. Was zeigt, dass man auch lügen kann, ohne ein Wort zu sagen.
Das Modell, dem der Charme des real existierenden Sozialismus anhaftet, hat einen Konstruktionsfehler: Muss der Leistungsträger für die Schulden jener bürgen, die weniger Leistung bringen, fehlt für Letztere der Reiz, überhaupt noch Anstrengungen zu unternehmen. Dagegen gibt es bei den Leistungsempfängern die enorme Versuchung, Schulden zu machen. Da diese vergemeinschaftet sind, ist am Ende niemand mehr für sie verantwortlich. Und zahlen muss ganz einfach der, der noch etwas übrig hat.
Im Juni 2012 kommentierte Kanzlerin Merkel die Euro-Bonds mit der als sensationell empfundenen Versicherung, diese würde es nicht geben, »solange ich lebe«. Nun lebt sie doch noch, obwohl etwas Ähnliches wie die Euro-Bonds im September 2012 unter dem solider klingenden Pseudonym »Europäischer Stabilitätsmechanismus« ( ESM ) eingeführt wurde. Wie zu erwarten, weckte die verdeckte Schuldenvergemeinschaftung auch innerhalb Deutschlands Begehrlichkeiten. Bald meldeten sich Vertreter der 13 Nehmerländer, die, bereits am Tropf des Länderfinanzausgleichs hängend, nun ihrerseits »Deutschland-Bonds« forderten.
Die verlockende Idee, neue Schulden zu den niedrigen Zinssätzen der reichen Nachbarn aufnehmen zu können, schien überzeugend. Wenn zum Beispiel Nordrhein-Westfalen mit der Bonität der Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen Schulden machen könnte, würde das Land jährlich rund 100 Millionen an Zinsen sparen. Unerwähnt bleibt, dass dieses eingesparte Geld dann in den Ersparnissen der Geberländer fehlen würde.
Und wozu werden die eingesparten Zinsen von den Nehmerländern verwendet? Zum Schuldenmachen! Ohne die Niedrigzinsen des Euro wären griechische oder italienische Politiker gar nicht erst in der Lage gewesen, solch gewaltige Schuldenberge aufzutürmen. Junckers Vorstellung, die Nehmerländer würden mit den niedrigeren Zinsen sogleich alte Schulden begleichen, ist so weltfremd, dass er wohl selbst nicht daran glaubt. Sie erinnert mich an ein Bonmot von Franz Josef Strauß, das, leicht abgewandelt, lautet: Eher legt ein Hund in seiner Hütte einen Wurstvorrat an, als dass ein Nehmerland eingesparte Zinsen zur Rückführung alter Schulden verwendet.
Dieses windige Produkt stattet Länder wie Griechenland quasi mit der Lizenz zum Geldausgeben aus, während Deutschland nur die Hoffnung bleibt, nie in Haftung genommen zu werden. Darauf wollte Angela Merkel sich vorläufig nicht einlassen. Sie stoppte Junckers Lieblingskind – zumindest in dieser Form und für diesen Augenblick.
Der »ehrliche Makler« aus dem Zwergstaat gab sich indigniert. In Wahrheit, so behauptete er wahrheitswidrig, seien die Euro-Bonds das ideale Instrument, »unsolide Staaten zu mehr Haushaltsdisziplin anzuhalten«. Als die Bundesregierung dieser offensichtlichen Unwahrheit widersprach, legte Juncker für einen Moment die Maske der Liebenswürdigkeit ab: »Deutschland denkt da ein bisschen simpel«, sagte er der Zeit . Da blitzte sie wieder auf, die Keckheit des tapferen Schneiderleins gegenüber den doofen Riesen.
Als deutsche Politiker sich im Sommer 2012 ernsthaft mit einem Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone beschäftigten, erklärte Juncker, es handle sich dabei nur um den durchsichtigen Versuch, die um ihre Ersparnisse fürchtenden deutschen Wähler zu beruhigen. Welch nationaler Egoismus! Das hinderte ihn aber nicht, nun selbst in die Trickkiste der Abwiegelung zu greifen. Man werde, so vertröstete er, erst dann konkret über Griechenland sprechen können, wenn der Troika-Bericht vorliege. Das sollte von den Deutschen so verstanden werden und wurde auch so verstanden, dass die Beratungen über
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