Die Euro-Lügner: Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht (German Edition)
mach mich nicht nass. Dem öffentlichen Bekenntnis folgt das vertrauliche Geständnis, dass man »Brüssel« satthat. Nur übersieht man, dass Brüssel der Euro ist. Wenn der Euro scheitert, dann scheitert – nein, nicht Europa, wie uns weisgemacht wird. Dann scheitert Brüssel.
Am wenigsten wollen dies unsere Politiker, deren Parteifreunde in der Europazentrale sich ans großzügige Geldverteilen gewöhnt haben. Um das darüber besorgte Wahlvolk zu beruhigen, passen sich die Parteien der herrschenden Euro-Schizophrenie an. Schlau bedienen sie beide Seiten. Sie singen das Hosianna des Eurogeldes und lassen gleichzeitig Kritiker der Euro-Rettung von der Leine.
Zu den Politikern, die scheinbar der Vernunft das Wort reden, gehört der FDP -Mann Frank Schäffler. Mit gut durchdachten Argumenten zieht er durch die Lande, um seine Hörer vom Unsinn der Euro-Rettung zu überzeugen. Wie es gerade kommt, predigt er leidenschaftlich gegen die diversen Griechenland-Hilfen, die Bankenunion, die deutschen Zypernmilliarden und das ganze ungebremste Schuldenmachen. Das spricht dem Publikum aus dem Herzen.
Aber wo es um Wahrheit geht, sind Leidenschaft und Herz nicht genug. Die Wahrheit ist, dass Europa nicht durch die Krise des Euro, sondern durch den Euro selbst bedroht ist. Wer an ihm festhalten will und sich gleichzeitig gegen seine Rettung wehrt, ist schizophren – aber diese Krankheit ist unter Politikern weitverbreitet.
Unter Parteien ebenfalls. Der sonst so kluge Frank Schäffler scheut die Einsicht, dass der Euro nicht die Lösung, sondern das Problem darstellt, wie der Teufel das Weihwasser. Hinter dieser Inkonsequenz des zeitweiligen FDP -Vorstandsmitglieds steht niemand anderes als seine Partei. Sie benutzt ihn für das Doppelspiel, einerseits im Schulterschluss mit der CDU / CSU die Euro-Rettung zu unterstützen, um sich andrerseits in Gestalt Frank Schäfflers davon zu distanzieren. Sie lässt ihn im Bundestag polemisieren und sogar die eigene Parteispitze ordentlich kritisieren, und reserviert ihm im Gegenzug, unbeeindruckt von seiner Schelte, einen hoffnungsvollen Listenplatz in Nordrhein-Westfalen. Der gute Herr Schäffler ist also nur ein Bauer auf dem Schachbrett seiner Partei. Ob er das Spiel völlig durchschaut, bezweifle ich.
Anders Peter Gauweiler, der durchaus weiß, welchen Dienst er der CSU leistet. Regelmäßig tritt er, sprachgewaltig und publikumswirksam, vor die Mikrofone, um als schwarzer Rebell gegen die Euro-Rettung aufzubegehren, zu deren Abwendung er sogar vor das Bundesverfassungsgericht zieht. Doch bei allem Kanonendonner hütet er sich, gegen die Einheitswährung aufzutreten. Und eine Rückkehr zur D-Mark oder gar die Einführung eines Nord-Euro kommen für ihn nicht infrage. Schon 2011 sagte er der Bild -Zeitung: »Mein Ziel ist es, die Grundlagen des Maastricht-Vertrags, die Geschäftsgrundlage des Euro, wiederherzustellen.« Dabei ist der Maastricht-Vertrag schon im Mai 2010 eines gewaltsamen Todes gestorben. Genauso könnte man am Grab eines geliebten Verwandten verkünden: »Mein Ziel ist es, ihn wieder zum Leben zu erwecken.« Bei genauerem Hinsehen erweist sich der edle Kämpfer für Bürgerrechte als nützlicher Parteisoldat. Die CSU weiß sehr wohl, was sie an dem vermeintlichen Querdenker und -treiber hat: Mit seiner Kritik hält er ein Hintertürchen für jene Massen an Wählern offen, die mit den immer neuen Milliardenbürgschaften nicht einverstanden sind.
Eine traurige Rolle in diesem Spiel hat auch die Wirtschaft übernommen. Mir kommt es wie der reine Trotz vor, dass sie an etwas festhält, das auch für sie zum Vabanquespiel geworden ist. Im September 2011 wurde ich vom Bundesverband der Deutschen Industrie ( BDI ), dessen Präsident ich von Anfang 1995 bis Ende 2000 gewesen war, zur Jahrestagung eingeladen. Lange Zeit hatte ich den BDI gemieden – warum ich jetzt die Einladung annahm? Vielleicht weil ich hoffte, dass hier irgendwann in Sachen Euro die Vernunft obsiegen würde.
Auf eine Enttäuschung war ich eingestellt, nicht aber auf die Blamage, deren Zeuge ich dann wurde. Aufs Podium trat der damalige BDI -Präsident Hans-Peter Keitel und begrüßte die Ehrengäste: In der ersten Reihe saß neben Kanzlerin Merkel der griechische Ministerpräsident Papandreou, von dem man inzwischen weiß, dass er die Kunst der politischen Lüge perfektioniert hat. Keitel, der dies nicht ahnte, zelebrierte dem Griechen ein wahres Hochamt an Bewunderung und Schmeichelei, und die
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