Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ewigen

Die Ewigen

Titel: Die Ewigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Sabalat
Vom Netzwerk:
überlegen und sehr selbstbewusst mit den tiefliegenden, schwarzen Augen und dem leicht emporgereckten Kinn. Die Haare waren von einem verwaschenen, ausgebleichten Braun, sein Alter hätte ich nur schwer angeben können: Ende dreißig? Er schien es gewohnt zu sein, dass die anderen seinen Anweisungen gehorchten, auch wenn diese nur aus kleinen Hinweisen und kurzen Blicken bestanden. Mir gegenüber war der sogenannte 'Ordensmeister' von einer demonstrativen Höflichkeit gewesen, seine Worte gewählt, seine Mimik beherrscht, seine Gesten immer beruhigend – vielleicht zu bemüht beruhigend, denn von allen empfand ich ihn bislang am ... undurchschaubarsten, an Adjektive wie 'bedrohlich' wollte ich in eigenem Interesse lieber gar nicht denken, auch wenn sie sich aufdrängten.
    Ciaran auf dem Sitz vorn war anders: natürlicher und offener, scheinbar auch etwas jünger - Anfang oder Mitte dreißig? Ich konnte von hinten nur seine ordentlich geschnittenen Haare sehen – Braun, aber mit einem deutlichen Stich ins Rote. Sehr weiße Haut, intelligente, wache, dunkelblaue (nein, eher schon veilchenfarbene!) Augen und ein paar recht große Sommersprossen auf Nase, Stirn und Händen: Interessant und ausgesprochen hübsch, einschüchternd höchstens in der Klugheit, die er ausstrahlte. Er war etwa so groß wie ich, eher schmal und so feingliedrig, wie Andreas kräftig war - und wichtiger: Er lächelte viel und oft, was aber nicht aufgesetzt wirkte und mir daher gerade umso willkommener war.
    Nach etwa zwanzig Minuten im dichten Verkehr bogen wir auf die Via della Conciliazione ein: eine breite, prächtige Straße, die ich gestern schon bewundert hatte, als ich vom Petersplatz zum Tiber hinunter gegangen war. Ich hatte auch das Haus kurz gemustert, vor dem wir jetzt langsamer wurden, denn es passte eigentlich so gar nicht in diese Prachtstraße. Das lag jedoch nicht daran, dass es heruntergekommen oder klein gewesen wäre – es unterschied sich einfach in seiner Architektur grundsätzlich von den es umgebenden, herausgeputzten Palazzi: vielleicht sechs Stockwerke hoch und aus grauem Stein, die großen Quader in den Mauern sichtbar, kein schützender Putz oder schmückender Stuck an der Fassade. Die Fenster waren allesamt quadratisch und lagen mit ihren schwarzen Fensterläden wie Schießscharten tief in den dicken Mauern, das flache Dach krönten breite Zinnen im gezackt-gotischen Stil: Umgeben von einer mehr als zwei Meter hohen Mauer mit einem großen Tor stand es wie eine mittelalterliche Trutzburg, wie ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit zwischen den verspielt bis kitschig verzierten Imponierbauten rechts und links.
    Der kleine Fiat hatte sich die ganze Fahrt über tapfer hinter uns gehalten, gemeinsam rollten wir nun durch das sich rasch öffnende Tor. Dahinter lag ein kleiner Hof: Gepflastert, aber leer - wahrscheinlich schlicht ein Parkplatz, was angesichts der überquellenden Straßen und zugeparkten Gehwege in Rom ein echter Luxus war.
    Ciaran öffnete mir wieder galant die Tür, ich stieg aus. Das Haus ragte groß, grau und schmucklos vor mir auf und machte im trüben Regenwetter nun wirklich keinen sehr einladenden Eindruck. Einen besonderen Blick war (wie schon vor der Schwertkammer) die Eingangstür wert: Von der Straße durch die Mauer verborgen, war sie ebenso quadratisch wie die Fenster - ich schätzte sie auf eine Höhe und Breite von weit über zwei Metern. Sie schien aus einem schwarzen Metall zu sein, vorn verziert mit einer XL-Ausgabe des Schwingenkreuzes, dem ich auch schon in der Schwertkirche so regelmäßig begegnet war.
    Ich blickte zurück zum Tor: Es fuhr gerade mit einem scharfen Klicken zu, und dieses Geräusch brannte unangenehm in meinen Ohren, klang es doch wieder nach 'eingeschlossen', wenn auch glücklicherweise nicht in einer unterirdischen Kammer. Ich schüttelte diesen unangenehmen Gedanken ab und folgte Andreas mit vorgeblich entspanntem Gesicht durch die Schwingenkreuztür: Bislang waren alle hier höflich gewesen, ich alte Skeptikerin (ja, da hatte Ciaran mich ganz richtig eingeschätzt!) sollte vielleicht einfach ein bisschen Vertrauen beweisen, nicht in allem Anzeichen und Vorzeichen sehen.
    Die Eingangshalle des grauen Hauses war beeindruckend bis einschüchternd: Sie erstreckte sich über zwei Stockwerke und schien komplett mit Marmor ausgekleidet zu sein. Auf dem Boden verwoben sich weiße und schwarze Schwingenkreuze in unendlichem Reigen ineinander, an den Wänden erstreckte

Weitere Kostenlose Bücher