Die facebook-Falle
genutzt hatte. »Für Leute, die öffentlich agieren und zugleich privat kommunizieren wollen, ist Facebook alles andere als eine gute Option.« Denn für Cory Doktorow interessierten sich plötzlich Freunde nicht, weil er ein so umgänglicher und kluger Kerl ist, sondern weil sie seine Bücher
lieben. Natürlich hat er auch reale Freunde, die er gerne als Facebook-»Freunde« aufnahm, aber was sollte er mit all den anderen anfangen? Irgendwann hatte er mehr als tausend »Freundschaftsanfragen« und fast tausend Freunde. Das alles zu kontrollieren und zu ordnen wurde ihm einfach zu viel. Ein Jahr lang ignorierte er daraufhin sein Facebook-Konto. Als er sich wieder einmal einloggte, hatte er bereits Zigtausende Anfragen und bekam Skrupel: »Ich dachte, ich nutze Facebook nicht, weil es mir nichts bringt, und diese vielen Leute melden sich womöglich sogar bei Facebook an, um mit mir zu kommunizieren.«
Dass Facebook Ende 2009 die Profile seiner Mitglieder öffentlich für das gesamte Internet freischaltete, gefiel ihm als Verfechter der Privatsphäre ganz und gar nicht, also löschte er sein Konto. »Das Problem sind die unfreiwilligen Enthüllungen bei solchen Netzwerken«, sagt er, »du bist nicht der Kunde in diesem Geflecht, der Kunde ist die Werbewirtschaft. Du selbst bist das Produkt, und du wirst herumgereicht, sodass du attraktiv für den Kunden bist.«
Aber Doktorow ist ein Internetmensch und kein Eremit. Er hofft, dass es eines Tages gelingt, ein Netzwerk zu schaffen, welches das Attribut »sozial« wirklich verdient. Ein Netzwerk, das uns nicht nach unseren Konsuminteressen bündelt und der Wirtschaft präsentiert, sondern eines, das uns ausschließlich hilft, unsere sozialen Kontakte zu pflegen. Informatiker, die kein Interesse am Kommerz, dafür an Datenschutz haben, bauen solche Netze gerade in den USA (Diaspora) und Deutschland (Safebook) auf. Diese Netzwerke sollen wirklich unter Freunden bleiben, und ein Erfolg ist ihnen zu gönnen. Es wird aber für sie nicht leicht
werden, weil der Mensch seine Kontakte gewöhnlich dort sucht, wo er sie auch finden kann. Und diese Kontakte befinden sich schon heute häufiger bei Facebook als anderswo. So wie die Dinge sich entwickeln, werden sich in dem Netzwerk demnächst eine Milliarde Facebook-»Freunde« eingefunden haben. Wir werden also gezwungen sein, uns anzufreunden. Doch damit erweist uns Facebook keinen Freundschaftsdienst. »Jedermanns Freund zu sein, das geht nicht an, denn wer ein Freund von allen ist, hat keinen besonderen Freund«, schrieb Kant. Nicht nur als Bürger und Konsumenten drohen wir also in die Facebook-Falle zu tappen, sondern auch als Freunde. Denn wenn alle Menschen Freunde sind, gibt es keine mehr.
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Danksagungen
Mein Dank gilt allen, die sich die Zeit genommen haben, mit mir über Facebook zu diskutieren. Mit ihren vielen unterschiedlichen Erfahrungen und Hinweisen haben sie aus meinen gesammelten Recherchen ein lebendiges und anschauliches Buch gemacht.
Danken möchte ich auch allen Menschen, die ihr profundes Wissen mit mir »teilten«. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts in verschiedenen Stadien danke ich:
Dr. Marit Hansen vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein, Professor Norbert Pohlmann vom Institut für Internetsicherheit der FH Gelsenkirchen, Professor Wolfgang Wahlster vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, Rechtsanwalt Simon Bergmann, dem »social media«-Experten Nico Lumma, dem Geheimdienstkenner Erich Schmidt-Eenbohm und schließlich meinem Freund Martin Hahn.
Für ihre Recherchen der Datenschutzlücken bei Facebook danke ich meiner Kollegin Monika Wagener aus der »Monitor«-Redaktion. Vielen Dank auch Simone Hamm
und Markus Schmidt für ihre Unterstützung. Dieses Buch wäre ohne Michael Neher in dieser Form nicht erschienen.
Für sein wunderbares Lektorat danke ich Thomas Bertram.
Besonders herzlich danken möchte ich Helen Ahmad für die spannenden Interviews, die sie für dieses Buch mit Beate Krafft-Schöning, Simone Rafael und Mitarbeitern des BKA geführt hat, sowie ihrer gewissenhaften Recherche.
Herzlich möchte ich mich bei meinen Söhnen Max und Nils dafür bedanken, dass sie mir manch klärenden Einblick in ihre Netzwelt gewährten und selbst recherchierten.
Lieben Dank an Mélanie Angoujard. Ihr kritischer Blick, ihre Zuversicht und ihre Liebe haben dafür gesorgt, dass ich die Nerven behalten habe.
Sascha
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