Die falsche Frau
weiß ich?«
François war gereizt und blies künstlich die Backen auf. Er kannte diesen Ort von früher und hatte sich dort mit fünfzehn sein erstes Geld mit kleinen Geschäften verdient, die er schnell und präzise ausführte, ohne genau zu wissen, worum es ging.
»An Bord sind zehn Kilo reines Heroin, das über Istanbul und Budapest nach Wien geschleust und hier gestreckt wird«, sagte Katzan. Dann sah er sich um, als ob noch andere im Raum wären.
»Keine Sorge, ich bin die einzige Wanze hier«, sagte François mit einem dünnen Lächeln. »Du brauchst nicht so zu flüstern, Bruder!«
»Zehn Kilo Heroin! He, ist ‘ne Menge Stoff, oder?!«
»Was hab ich damit zu tun? Du hast doch deine Jobs in Paris bisher auch immer ohne mich durchgezogen. Du hast unwichtige Dealer ans Messer geliefert und dafür abkassiert.«
Katzan griff sich in den Schritt.
»Bis ein zuverlässiger Abnehmer gefunden wird, lagert das Heroin auf schwimmenden Depots, auf diesen Barkassen am Mexikoplatz«, sagte er.
»Schwimmende Depots?« François winkte ab. Er hatte genug von Drogengeschichten.
»Hör zu, Mann«, sagte Katzan scharf. »Erinnerst du dich an Dimitri?«
François spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Dimitri war eine Legende, ein Arschloch, dem man am besten aus dem Weg ging.
Katzan, der beste Kontakte zum Milieu pflegte und als verdeckter Ermittler für verschiedene Polizeibehörden arbeitete, hatte Dimitri im Auftrag der Wiener Drogenfahndung ausfindig gemacht. Dimitri gehörte zur Russenmafia, so viel wusste François.
»Vor kurzem noch war Dimitri in Paris«, sagte Katzan.
François ließ die Hände sinken. »Und?«
Katzan war derjenige, der sich für Jobs interessierte, die in der Grauzone spielten. Details schwieriger Operationen hatte er immer für sich behalten. Diesmal packte er aus.
»Was ist mit Dimitri?«, fragte François.
»Die Polizei dachte, dass er für den Boss der Mafia ein Netzwerk ausbauen sollte, doch diese Vermutung ließ sich nicht erhärten. Der französische Zoll konnte zwar eine läppische Menge Heroin beschlagnahmen, aber es gab keine weiteren Anzeichen dafür, dass Dimitri und die Russenmafia weiter in Paris Fuß fassen wollten.
Am Ende flog nur ein verknalltes Ostblockmädchen auf, das Dimitri nach Frankreich verkauft hatte. Ich konnte ihm zwar die Bullen vom Hals halten, von wegen Mädchenhandel, aber alle Fäden zum Mafiaboss waren danach gleich wieder gerissen. Die Franzosen sind einfach zu blöd! Ich hatte sie gebeten, mir einen Tarnpass mit falschem Namen zu geben und mich offiziell als verdeckter Ermittler einzusetzen, aber das lief nicht. Denen fehlen einfach die Gesetze für solche Operationen. Deshalb bin ich nach Wien. Sie haben mich auf ORTIS angesetzt, ein Kartell, das an die Russen abliefern muss, und rate mal an wen?«
»An dieses Arschloch Dimitri Kovac!«
»Richtig, Bruder.«
François wusste, dass Katzan ein Faible für die Mafia hatte und hörte angespannt zu. Die Polizei wollte ihn also in die Händlerorganisation ORTIS schleusen und so an den Boss der Russenmafia kommen.
»Also diesmal keine Alleingänge!«, sagte er.
Katzan grinste breit.
Katzan hatte sich in ganz Europa mit Drogenhändlern angefreundet und war jedes Mal halb verrückt geworden von diesen Jobs, die ihm mindestens zwei Persönlichkeiten abverlangten: eine, die sich auf die Seite des Gesetzes stellte, die andere, die im Dreck wühlen ging und mit den Kriminellen kungelte. Meistens fiel was ab für ihn. Das machte die Sache reizvoll.
François sah in das Gesicht seines Bruders.
Seine Augen waren dunkle Schlitze. Von Zeit zu Zeit zitterten seine Unterlider. So kannte er ihn nicht. So besessen.
»Auf welcher Seite bist du eigentlich?«, fragte François.
Katzan atmete verächtlich aus.
»Auf der richtigen«, sagte er. »Worauf du einen lassen kannst!«
François wollte, dass ihn diese Augen endlich wieder ansahen, freundschaftlich, vielleicht sogar tröstend.
Es war eine dieser Aktionen, die sich die Polizei überlegt hatte, um an die Russenmafia ranzukommen. Da gab es das ORTIS-Kartell, eine Balkanbande, die in letzter Zeit erhebliche Probleme im Drogengeschäft hatte, weil sie im Schatten der Russenmafia stand, an die sie liefern musste, ohne genug Gewinn zu machen, und da gab es Marian, den Boss der Russenmafia. Mit Hilfe von ORTIS und Katzan, den ORTIS als ihren Mann akzeptierten, wollten sie nun gemeinsam gegen die Russen vorgehen und einen fingierten Deal abwickeln.
»Das
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