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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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zurückgeschrieben.
    Sofi blickte wieder aus dem Fenster. Es kam mitunter vor, dass er Sofi mit Linda verglich. Mit ihren fünfundzwanzig Jahren war sie nur acht Jahre älter als seine Tochter, und wenn sie fahrlässiger geschminkt war als heute und man ihre nackten Knie nicht sah, rief sie durchaus väterliche Gefühle in ihm hervor. Jetzt spürte er eine unbekannte Fremdheit zu ihr.
    Als er ihr einmal geholfen hatte, den neuen Kühlschrank in die Wohnung zu tragen, hatte ihn in der Küche eine sehr junge Mutter von einem Foto angesehen, hell wie eine Juninacht. Die Mutter musste in den letzten beiden gemeinsamen Jahren zu unvorhersehbaren Ausbrüchen geneigt haben. Ob Sofis irrwitzige Anpassungsfähigkeit daher rührte, wusste er nicht. Es war ihre Form der Intelligenz. Und manchmal ihre Schwäche. In hektischen Momenten konnte sie nahezu kindlich reagieren. Sie stürzte sich dann auf irgendein unwichtiges Detail und verlor sich darin. Das mutete Kjell jedesmal wie eine Übersprungshandlung an.

30
    Linda liebte es, wenn das Wetter so war wie sie. Am Horizont türmten sich dunkle Wolken zu einer Wand auf, und der Wind griff in plötzlichen Böen von allen Seiten an und zerzauste ihr das Haar. Sie lief die Uferstraße entlang und dann über die Brücke. Der Himmel bereitete ihr dennoch Sorge. Ob sie in diesem Jahr noch die Fünf-Sterne-Luftmatratze ausprobieren konnte, lag völlig im Dunkeln. Der Verkäufer hatte sie ihr am Samstag für künftige Nächte auf dem Balkon empfohlen. Das Modell würde gerne von Männern genommen, die in ihrer Ehe das Fass zum Überlaufen gebracht hatten. Da hatte Linda sie gleich genommen.
    Sie hatte Glück. An der Bushaltestelle Bergsunds Strand wartete wie jeden Morgen um zwanzig nach sieben Frau Schwallmadame. Dann war der Bus also noch nicht gekommen. Als der mal im Februar wegen des vielen Schnees oben am Hügel stecken geblieben war, hatte die Alte eine Stunde lang auf Papa und sie eingeredet. Seitdem nahm Papa deswegen immer schon den Bus um vier nach, und Linda musste deshalb auch früher zur Schule. Sie hatten ja den gleichen Weg.
    Als der Bus kam, zeigte Linda dem Fahrer ihre Monatskarte und lief gleich ganz nach hinten, weil Frau Schwallmadame gern vorn beim Fahrer saß, wo man sich ein bisschen unterhalten konnte. Als sich Linda auf den Sitz sinken ließ, geschah etwas Unerwartetes. Aus dem Haus neben der Haltestelle trat ein alter Mann mit einem an den Rändern herabhängenden Schlapphut und ging direkt auf die weiße Isetta zu, die dort seit vier Jahren unentwegt parkte.
    Also war nur noch die Frage offen, ob es Gott wirklich gab und was er vorhatte. Beglückt riss Linda ihren Kakao auf. Das war ganz sicher ein Zeichen. Jetzt war alles möglich.

31
    Barbro Setterlind hatte es sich mit einem Becher Kaffee auf ihrer Kühlerhaube bequem gemacht und behielt den Eingang des Geschäfts im Auge. Dass sie in etwa dieser Haltung in einer kalten Märznacht im Jahre 1990 ihre Unschuld verloren hatte, daran erinnerte sie sich nur ungern, aber leider sehr gut. Auch damals hatte sie wie jetzt immer wieder auf die Uhr geschaut.
    Es wurde halb neun, als endlich ein älterer Mann mit gelbweißem Haar vor die Tür des Antiquariats in der Drottninggatan 73 trat und den Schlüssel ins Schloss steckte. Das Goldgestell seiner Brille funkelte in der Morgensonne. Barbro überquerte die Straße und trat hinter ihn.
    »Hermann Wessén?«
    Der Mann drehte sich vorsichtig um und nickte. Barbro zückte ihren Ausweis.
    »Kjell Cederström schickt mich. Es geht um ein kleines Anliegen.«
    Wessén nickte, schob die Tür auf und ging hinein. Barbro folgte ihm durch das Geschäft und in den hinteren Raum. Wie wohl jeden Morgen seit Jahrzehnten schaufelte Wessén zuerst einmal Kaffeepulver in den Filter. Barbro zögerte, ob sie schon mit dem Vortrag beginnen sollte. Wessén verhielt sich jedenfalls so, als hätte er ihre Anwesenheit schon wieder vergessen. Als er aber dann zwei Tassen aus dem Schrank nahm, fasste sie Mut.
    »Es geht um diese beiden Zettel hier«, begann sie und legte die Kopien auf den Tisch. »Es ist eine Schriftart, die den Technikern bei der Polizei nicht geläufig ist. Und nun haben wir uns gedacht, wenn jemand eine seltene Schriftart erkennt, dann du.«
    Wessén antwortete nicht. Stattdessen nahm er die Kanne aus der Maschine und goss den Kaffee in die Tassen. Nachdem er sich gesetzt hatte, griff er nach den beiden Kopien und zog langwierig die Nase hoch. Als er an seinem Kaffee

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