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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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nippte, klang das nicht viel anders. Insgesamt deutete Barbro sein Verhalten als Skepsis. Wessén stand auf und schlurfte hinaus. Weil er schon mal unterwegs war, tauschte er auch gleich seine Schuhe gegen Pantoffeln. Er kehrte mit einer vergilbten Karteikarte zurück.
    »Du solltest die hier fragen. Sie kommt ab und zu und sucht nur nach alten Büchern mit besonderem Schriftsatz.«
    Auf der Karte stand nur der Name Malin Sissing, eine Adresse im Gärdet und eine Telefonnummer.
    Zehn Minuten später spähte Barbro durch die Türscheibe in den Hausflur der Furusundsgatan 32 und versuchte, die Klingelschilder zu entziffern. Den Namen Sissing entdeckte sie nicht, und als sie beim Anrufen erfuhr, dass die Nummer abgemeldet sei, fluchte sie. Es würde wieder einer der komplizierten Tage werden.
    Sie raste durch den Montagmorgenverkehr nach Kungsholmen. Es war Viertel nach neun, als sie endlich die Garagenabfahrt am Fridhemsplan hinabrollte. Und es dauerte noch einmal eine Viertelstunde, bis sie ins Büro kam.
    Henning stand am offenen Fenster und rauchte.
    »Du solltest herkommen und schauen«, brummte er ungewöhnlich heiter für einen Montagmorgen. Als Barbro aus dem Fenster blickte, sah sie, wie Henriksson und Lexne von der Wache einen strampelnden Mann die Polhemsgatan entlangschleppten. Vorne am Altglascontainer, wo die Treppe in den Kronobergspark führte, sah man ein Dutzend weiterer Uniformierter ein Rudel Journalisten davon abhalten, über die Treppe in den Park zu gelangen. Im Park selbst standen auch Polizisten herum und sprachen mit den Leuten am Hundespielplatz. Da war um diese Zeit immer viel los. Barbro blickte jäh an der Fassade herab. So gut wie alle Fenster waren geöffnet, und mindestens fünfzig Köpfe ragten heraus.
    »Janne!«, rief Henning, und der Mann aus dem Stockwerk unter ihnen drehte seinen Kopf. »Ich sag mal, zweihundert auf eine Drogensache.«
    Janne schüttelte den Kopf »Vergewaltigung, wenn du mich fragst.«
    »Zweihundert also?«
    Janne nickte.
    »Du bist das Letzte!«, schrie Barbro hinab.
    »Warum denn?«
    »Jetzt musst du hoffen, dass es wirklich eine Vergewaltigung war.«
    Janne zuckte mit den Achseln, die auch aus dem Fenster ragten. »Aber dann hätte die Sache ja auch ihr Gutes.«
    Barbro ging zur Bundeslade, wie sie die unterste Schublade an Hennings Schreibtisch nannten, weil sie alles enthielt, was im Leben wesentlich war, und schnappte sich eine von Hennings Prince.
    »Drogensache, sag ich doch!«, brummte Henning.
    Jetzt kam Leben in die Sache. Unter ihnen eilten Per, Lasse und zwei weitere Leute von der Technischen aus dem Haupteingang. Alle vier trugen je zwei Koffer.
    Der Park war ein recht hoher Hügel. Um hineinzugelangen, musste man die Treppe an der Straßenkreuzung emporsteigen. Per und seine Männer kamen oben auf der Wiese an und machten sich am Lüftungsschacht der Polizeigarage zu schaffen. Da sie unter dem Park lag, ragte der blaue Schacht mitten aus dem Rasen.
    Henning deutete nach rechts zur Kungsholmsgatan. Von dort kam die gesamte lokale Mordkommission angelaufen. Das Vordergebäude gehörte der Reichskriminalpolizei. Die lokale Polizei saß im Seitentrakt, und man sah Kalles Truppe den langen Weg an, als sie unter ihnen vorbeirannten.
    Dann geschah eine Viertelstunde lang nichts. Die Männer standen oben auf der Wiese herum und deuteten auf die Baumkronen. Barbro wurde es zu langweilig. Sie setzte sich an Hennings Computer und suchte nach Malin Sissing. Sie wohnte seit vier Monaten in der Sickla Kanalgatan. Barbro seufzte. Sie hatte die ganze Ringstraße vor sich.

32
    Jetzt war sie doch froh, dass sie das Sommerkleid gewagt hatte. In München war die Hitze ungebrochen. Vor dem Flughafen waren sie sogleich von trockener Wärme empfangen worden. Ohne an einer Ampel anhalten zu müssen, war der Fahrer ihres Wagens in hohem Tempo einer Ringstraße durch die Stadt gefolgt. Sofi hatte sich den Wind durch das offene Fenster ins Gesicht wehen lassen. Dann hatte der Wagen die Schnellstraße verlassen und nur zwei Straßen gebraucht, bis er das Gebäude der Landespolizei erreichte. Sofi kam es vor, als bestünde die Stadt nur aus Schnellstraßen. Sie konnte auch kaum einschätzen, wie nah dieser Ort am Stadtzentrum lag, denn rundherum gab es nur Grünanlagen.
    Erst nach ihrer Ankunft erfuhren sie, welches Verbrechen hinter den Fingerabdrücken stand. Als man sie zur Betrugsabteilung geführt hatte, hatten Kjells Augen sich zu Schlitzen verengt. Er hatte also auch

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