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Die Falsche Tote

Titel: Die Falsche Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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und unterscheidet sich vom Französischen.«
    »Ich kann Rosenfeldt fragen«, schlug Henning vor. »Er müsste es wissen. Soweit ich weiß, kennt Josefin außer Frankreich nur noch Italien, Dänemark und Südafrika.«
    Dann schallte der schrille Klingelton durch die Räume, den Sofi Per zugeordnet hatte, damit man sich beim Hinlaufen schon mal auf ihn einstellen konnte. Sie sprang auf und lief hinüber ins Büro. Alle waren vom langen Reden ermüdet und lauschten, wie nebenan der Drucker summte. Sofi kehrte mit einem Bogen Papier zurück. Ihre Augen funkelten vor Glück und vor Überlegenheit.
    Wortlos legte sie das Papier auf den Tisch und trat einen Schritt zurück. Zuerst erkannten alle das Gemeinschaftslogo von Euro- und Interpol und den Kopf eines internationalen Haftbefehles, gefolgt von sieben Feldern mit Fingerabdrücken. Beantragt worden war der Haftbefehl vom Dezernat 523 des Landeskriminalamts in Bayern.
    Das war, soweit Sofi es wusste, ein Verwaltungsbezirk in Deutschland.

28
    Henning fluchte. Jetzt am Abend war in der Drottninggatan zwischen Regierungsviertel und Sergels Torg keine Menschenseele zu sehen. Nur der Regen kam ihm entgegen. Den Kopf zu heben, um die Hausnummern abzulesen, war das Unangenehmste, was er seit Langem erlebt hatte. Das Wasser tropfte in seinen Kragen und rann unter seiner Kleidung an seinem Körper herab wie Kondenswasser an einer schönen Flasche Feierabendbier. Ein sonderbarer Treffpunkt, dachte er, als er die unauffällige Metalltür zwischen dem Buchgeschäft und dem Coffeeshop entdeckt hatte, mitten in der Fußgängerzone, wo sich zu einer anderen Tageszeit immer ein Strom aus Einheimischen und Touristen entlangschob. Das Haus lag hundert Meter vom Sergels Torg entfernt, also am öffentlichsten Ort der ganzen Stadt. Henning benötigte zwei Anläufe, um in dem finsteren Eingang den Türcode einzutippen. Drinnen stieg er in den Lift. In diesem Haus gab es nur Büros. Als er im vierten Stock ausstieg, öffnete sich schon die Tür, neben der ein Schild vorgaukeln sollte, dass hier eine Finanzberatungsfirma mit dem Namen ADM ihr Büro führte. Ein junger Mann bat ihn herein und führte ihn in ein großes Zimmer. Außer einer Spüle und einem Kühlschrank gab es nur einen langen Tisch, an dem drei Männer und zwei Frauen saßen. Am Kühlschrank stand Sten Haglund, der Chef der Reichskriminalpolizei neben Nils Kullgren, dem Säpo-Chef. Es wäre ein schönes Foto von den beiden geworden. Sten und Kullgren hatten sich über eine Kaffeemaschine hergemacht.
    »Auf Kaffee müssen wir wohl verzichten«, sagte Sten. Er kam auf Henning zu, reichte ihm förmlich die Hand, als wären sie auf einmal Fremde. Henning fiel auf, dass nur er selbst in nassen Sachen steckte. Während er Platz nahm, stellte Sten ihn vor. Die anderen wurden nicht vorgestellt. Über sie wusste Henning nur, dass es sich um die versammelten Untergrundermittler der Stufe vier handelte. Ein solches Treffen hatte noch nie stattgefunden. Henning ging davon aus, dass sich auch die anderen zum ersten Mal sahen. Sie hatten nur gemein, alle in ihren Tarnungen Entscheidungsträger zu sein, was ständig innere Konflikte und äußeren Ärger schuf.
    Anscheinend waren sie im Bilde. Ein Mann mit lichtblondem Haar in einem teuer glänzenden schwarzen Zweireiher machte den Anfang. Er saß ganz am Ende des Tisches und hatte seinen Aktenkoffer neben den Stuhl gestellt. Seine jungenhaften Pausbacken waren anscheinend immer leicht gerötet und tarnten ihn besonders gut. Henning hätte ihm alles zugetraut, aber nicht das. Als er eine Minute geredet hatte, war Henning klar, dass er als Jurist in Schwedens größtem Medienkonzern arbeiten musste. Er sprach von den Zukunftsplänen seines Konzerns, und die der Konkurrenten kannte er auch. Bei einer der großen Abendzeitungen war die Finanzlage bedrohlicher, als die Allgemeinheit vermutete. Das Unternehmen hatte begonnen, seine Immobilien zu versilbern. Das war die Mitte vom Ende. Es war jedoch nicht die Zeitung, die vor zwei Tagen begonnen hatte, gehäuft über den JK zu berichten.
    Als Nächster ergriff sein Tischnachbar das Wort. Mit seinen struppigen Haaren und dem Jeansanzug hätte Henning ihm bestenfalls zugetraut, im Freihafen die Taue zu fetten, doch er gab sehr interne Einsichten aus der Welt der Reedereien preis. Während er sprach, überlegte Henning die ganze Zeit, wie er in dieser Jacke zu solchen Einsichten aus den Chefetagen gekommen sein konnte. Vermutlich arbeitete er in einem

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