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Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Titel: Die Falschmünzer vom Mäuseweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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saß
sie selbst auf einer Art Rokoko-Couch.
    Klößchens Mutter wirkte
erschreckt und erschöpft. Dass sie zur Beruhigung Baldriantropfen genommen
hatte, konnte man riechen. Tarzan jedenfalls roch es.
    Dass Klößchen ihr Sohn war,
hätte kein Fremder vermutet. Für eine Frau war sie groß. Aber sie wog kaum
einen Zentner. In ihr blondes Haar waren bläuliche Tupfer hineingefärbt. Sie
hatte eine spitze Nase, die der kaum überstandene Schreck jetzt noch spitzer
machte. Alles an ihr wirkte zerbrechlich: Die schmalen Hände und der dünne
Hals, den sie oftmals mit mehreren Ketten belastete.
    »O Gott!«, sagte sie. »Nein,
war das schrecklich!«
    Matt umarmte sie Klößchen, der
vor Besorgnis seinen Hunger vergaß.
    Tarzan sah zu, wie Gaby ihrem
Papi in die Arme flog.
    Emil Glockner war ein hoch
gewachsener, kerniger Mann von 43 Jahren, wie Gaby vorhin witzigerweise
verraten hatte. Sein schütteres Haar ließ ihn etwas älter erscheinen. In seinen
warmherzigen Augen lag immer ein forschender Zug. Genaues Beobachten war ihm
zur Gewohnheit geworden — Berufskrankheit, wie er sagte. In seiner Freizeit
betätigte er sich gern und oft als Schwimmtrainer. Zu seinen besten Nixen im
Wasser gehörte — Gaby. Sie war eine begabte Rückenschwimmerin und hatte schon
viele Preise gewonnen.
    Von Tarzan hielt Herr Glockner
viel. Er mochte die gradlinige Ehrlichkeit des Jungen und seinen
unverwüstlichen Tatendurst. Außerdem war Tarzan findig und clever, wenn es
darum ging, einen Übeltäter zu überführen. Etliche Male war das schon geglückt
— meistens allerdings in Zusammenarbeit mit seinen Freunden vom TKKG.
    Er und Karl begrüßten Herrn
Glockner. Der Kommissar war eben gekommen und noch im Mantel.
    Herr Sauerlich nötigte ihn
abzulegen und brachte selbst den Mantel zur Garderobe.
    Himmel, was ist denn nun
Schreckliches passiert?, dachte Tarzan.
    Als spüre sie seine Ungeduld,
sagte Frau Sauerlich mit klagender Stimme: »Ich wurde überfallen. Man hat mich
beraubt.«
    »Nein?«, sagte Klößchen und
ließ den Mund offen.
    »Jeder nimmt sich einen
Stuhl!«, rief Herr Sauerlich. Er stieß sieben Löcher in die Luft — offenbar,
weil sie zu siebt waren. »Dann überlassen wir dem lieben Herrn Glockner die
Fragen, nicht wahr? Möchtest du vielleicht eine Stärkung, Erna?«
    Er meinte seine Frau. Aber sie
winkte ab.
    Kommissar Glockner hatte sein
Notizbuch aufgeklappt und hielt den Kugelschreiber bereit, um sich Notizen zu
machen.

    »Wenn ich Sie am Telefon
richtig verstanden habe, Frau Sauerlich, ereignete sich der Überfall vor einer
halben Stunde?«
    »Ja, genau.» Sie sah auf ihre
zierliche Armbanduhr.
    »Wo?«
    »In der Rastern-Allee, dort, wo
der Park endet.«
    Das war nicht allzu weit von
hier, wie Tarzan wusste. Eigentlich eine vornehme Gegend.
    »Sie waren allein?«, fragte
Glockner.
    Frau Sauerlich nickte. »Ich
hatte eine Freundin besucht und befand mich auf dem Rückweg. Ich trug meinen
dunklen Nerzmantel und hatte die dazu passende Krokoledertasche am Arm.«
    »Bitte, schildern Sie, wie es
sich abspielte!«
    »Ich war in Gedanken versunken.
Ich ging auf dem parkseitigen Gehweg. Sonst war die Straße sehr still. Ich sah
niemanden. Einmal fuhr ein Wagen vorbei. Die Häuser liegen, wie Sie sicherlich
wissen, recht weit zurückgesetzt in den Gärten. Hilfe hatte ich von nirgendwo
zu erwarten. Mich hat auch niemand bemerkt — selbst dann nicht, als ich um
Hilfe rief.«
    Sie machte eine Pause. Für
einen Moment presste sie die Lider herab, als wollte sie einen hässlichen
Anblick abwehren.
    »Hinter mir«, fuhr sie dann
fort, »hörte ich Motorengeräusch.«
    »Ein Wagen?«, fragte der
Kommissar.
    »Nein, es war ein Motorrad.
Aber ich habe erst darauf geachtet, als es neben mir war.«
    Glockner nickte und sein
Gesicht wirkte müde. »Ich ahne, wie es weitergeht. Aber, bitte, erzählen Sie!«
    »Ich wusste nicht, wie mir
geschah! Plötzlich war das Motorrad neben mir. Zwei saßen drauf. Beiden trugen
schwarze Lederkleidung, die mit vielen Nieten verziert war. Der Fahrer blieb im
Sattel — oder wie sagt man? — , aber der andere sprang ab. Er stürmte auf mich
zu, stieß mich gegen die Schulter. Ich taumelte. Beinahe wäre ich im Schnee
ausgeglitten und gestürzt. Ich schrie auf. Da hatte er schon meine Tasche gepackt,
riss sie mir weg, obwohl ich mich instinktiv an den Henkel klammerte. Aber ich
konnte es nicht verhindern. Er zerrte mir die teure Tasche weg — sie hat 1200
Mark gekostet, nicht wahr, Herrmann!«,

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