Die Falschmünzer vom Mäuseweg
unserem Fall sind es Scheine mit der
Seriennummer NE 1060279 Z. Außerdem scheint der Graveur, der die Druckplatten
herstellt, ein Spaßvogel zu sein.«
»Ein Spaßvogel?«, fragte Gaby
erstaunt.
Der Kommissar nickte. »Lies mal
vor, Tarzan, was auf der Rückseite des Scheins rechts oben kleingedruckt
steht.«
Es war sehr klein gedruckt.
Aber Tarzan konnte es entziffern.
»Wer Banknoten nachmacht«, las
er, »oder verfälscht oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in
Verkehr bringt — Komma — wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr
bestraft.«
»So ähnlich«, lächelte
Glockner, »steht es auf jeder Banknote. Aber nur so ähnlich, denn der Geldfälscher
hat sich einen Spaß erlaubt. Offensichtlich vertraut er darauf, dass niemand
das Kleingedruckte liest. Was ja auch tatsächlich niemand für nötig hält.
Deshalb hat der Geldfälscher schlankweg unsere Rechtsprechung geändert —
vielleicht für den Fall, dass er mal erwischt wird. Richtig muss es nämlich
heißen: ...wird mit Freiheitsstrafe nicht unter ZWEI JAHREN bestraft.«
»Ganz schön dreist.« Tarzan gab
das Falschgeld zurück.
Die Köchin steckte den Kopf
durch die Tür.
»Soll ich nun die Kerzen
anzünden?«
Frau Sauerlich nickte. »Ja. Ich
glaube, mit meinem Fall sind wir fertig. Oder haben Sie noch Fragen, Herr
Glockner?«
Er hatte keine mehr.
Alle gingen nach nebenan, wo
der Tisch vorweihnachtlich mit Tannengrün, dicken Zapfen und hübschem
Weihnachtsschmuck dekoriert war. Kerzen brannten.
»Süße Teller« mit Plätzchen,
anderem Gebäck, Nüssen und Früchten warteten auf die Kinder.
Offenbar war Klößchens Mutter
diesmal über ihren eigenen Schatten gesprungen und hatte auch Marzipan und
Schokolade zugelassen — oder die Köchin hatte sich durchgesetzt.
Klößchen kaute bereits.
Die Erwachsenen tranken Tee mit
Rum. Herr Sauerlich mischte das im Verhältnis eins zu eins. Aber Herr Glockner,
der ja noch fahren musste, hielt sich — was den Rum betraf — sehr zurück.
Nach kurzer, aber gemütlicher
Adventsfeier mussten Tarzan und Klößchen ins Internat zurück.
Karl schloss sich ihnen an.
Gaby wurde von ihrem Vater mitgenommen.
Georg, der Chauffeur, wartete
schon in der Eingangshalle.
Er hatte ein gutmütiges Gesicht
und bürstendicke Brauen. Er war etwas gehbehindert, galt aber als erstklassiger
Chauffeur. Seit 15 Jahren schon hatte er die Stellung bei den Sauerlichs. Er
kannte Klößchen von klein auf und die beiden waren regelrecht miteinander
befreundet. Klößchen sagte »Georg« zu ihm und »du«.Tarzan redete ihn natürlich
mit »Herr Georg« an, Karl ebenso.
Der Jaguar war silbergrau
lackiert, innen alles mit Leder bezogen. Es roch angenehm. Das Armaturenbrett
bestand fast nur aus wertvollem Holz und der Motor schnurrte leiser als eine
Katze im Schlaf.
Die Jungs stiegen ein.
»Zuerst zum Internat oder erst
zu Karl?«, fragte Georg.
»Ich glaube, es ist günstiger,
wenn wir erst Karl nach Hause bringen«, meinte Klößchen. Im väterlichen
Straßenkreuzer fühlte er sich ganz zu Hause.
Sie fuhren zur Lindenhofallee
und lieferten Karl ab. Dann schnurrte der Jaguar in südlicher Richtung aus der
Stadt hinaus — zum Internat.
Die Schule, bekannt für ihre
hohen Anforderungen, lag etwa 20 Trablaufminuten vom Stadtrand entfernt
inmitten freier Natur. Nur Jungen wurden als Heimschüler aufgenommen. Aber die
Klassen waren gemischt. Drei, vier Mädchen, die in der Stadt wohnten,
sogenannte »Externe« gehörten zu jeder. Eine Zubringerstraße führte zur Schule.
Während Klößchen sich mit Georg
über den Überfall der Handtaschenräuber unterhielt, blickte Tarzan hinaus.
Nacht deckte die Felder zu.
Aber der Schnee schimmerte. Und hoch über den Schneewolken blinkte manchmal das
Silberlicht des Mondes. Krähen hockten im Schnee. Das Scheinwerferlicht schnitt
streifige Bahnen in die eisige Luft. Wenn es auf Krähen traf, glänzte ihr
Gefieder.
Als sie das Internat
erreichten, hatte Klößchen alles erzählt: Das Erlebnis mit den Ledertypen, das
tollkühne Rodeln am AFFENZAHN und Tarzans Kraftleistung, als er Gaby auf dem
Schlitten im Laufschritt den Berg hinaufgezogen hatte.
Sie verabschiedeten sich von
Georg, stiegen aus, sahen zu, wie er wendete und gemächlich zurückfuhr.
Klößchen griff in den Beutel,
in dem er sein Adventsgebäck hatte, und gab sich was zwischen die Zähne.
Durchs Tor, das um diese Zeit
noch geöffnet war, liefen sie auf das Internatsgelände. Es war riesig,
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