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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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uralten Rasse der Sagamores! Auch die Huronen würden ihn voraussichtlich nicht wieder die Streitaxt des Krieges mit der Feder des Amtsschreibers vertauschen lassen!
    Seit seinem Eintreffen in Walhatta hatte Meister Nick in dem Wigwam wohnen müssen, von dem aus sein Vorgänger dahin gegangen war, um seine Ahnen in den seligen Jagdgründen aufzusuchen. Lionel hätte alle Gebäude Montreals, Hôtels und Paläste für diese ungemüthliche Hütte hingegeben, nach der sich freilich junge Männer und junge Frauen drängten, seinen Herrn und Meister zu bedienen. Auch er erhielt einen guten Theil ihrer Ehrenbezeigungen. Die Mahogannis betrachteten ihn ja als die rechte Hand ihres großen Häuptlings. Und wenn dieser nicht umhin konnte, am Berathungsfeuer das Wort zu ergreifen, konnte Lionel sich nicht enthalten, die Reden Nicolas Sagamore’s mit den ausdrucksvollsten Gesten zu begleiten.
    Es ergibt sich hieraus, daß der junge Schreiber der Glücklichste unter den Sterblichen gewesen wäre, wenn sein Herr und Meister sich nicht hartnäckig geweigert hätte, seinen liebsten Wunsch zu erfüllen. Meister Nick hatte nämlich die Tracht der Mahogannis noch immer nicht angelegt. Lionel wünschte aber nichts sehnlicher, als ihn endlich einmal in Huronenkleidung zu sehen, mit Mocassins an den Füßen, hochaufstrebenden Federn auf dem Kopfe und mit dem gestreiften Mantel um die Schultern. Immer und immer wieder hatte er ihn dazu zu bewegen versucht – stets vergeblich; doch ließ er sich durch die schlechte Aufnahme, welche sein Vorschlag fand, keineswegs abschrecken.
    »Er wird schon nachgeben! wiederholte er sich. Ich lasse ihn einmal nicht in der Kleidung eines Notars die Herrschaft führen! Ich bitte einen Menschen, wonach sieht er denn aus in seinem langen Ueberrock, der Sammetweste und der weißen Halsbinde? Noch hat er den alten Adam nicht ausgezogen, doch
     

    »Das ist die Gattin jenes braven Simon Morgaz«. (S. 300.)
     
    das wird schon kommen! Wenn er in der Versammlung der Vornehmsten seines Standes den Mund aufthut, fürchte ich immer ihn sagen zu hören: »In Anwesenheit des Meister Nick und seines Amtsbruders…!« Das kann nicht so fortgehen! Ich bestehe darauf, daß er die Tracht der eingebornen Krieger anlegt, und wenn es einer Gelegenheit bedarf, ihn dazu zu bestimmen, so werd’ ich eine solche schon herbeizuführen wissen!«
    Zu diesem Zwecke kam Lionel denn auch auf einen höchst einfachen Gedanken. Aus seinen gelegentlichen Gesprächen mit den ersten Männern in Walhatta erkannte er, daß diese ihren Häuptling nur mit großem Leidwesen noch nach europäischer Art gekleidet sahen. Auf die Einflüsterungen des jungen Schreibers hin beschlossen die Mahogannis also, eine feierliche Throneinsetzung ihres Häuptlings vorzunehmen, und entwarfen deshalb das Programm zu dieser Festlichkeit, an der auch die benachbarten Stämme theilnehmen sollten. Dazu war ein Feuerwerk, Tänze und Festmahl vorgesehen, wobei doch Meister Nick unmöglich den Vorsitz führen konnte, ohne in der Nationaltracht zu erscheinen.
    Dieser Beschluß war in der zweiten Hälfte des Monats November endgiltig gefaßt worden, wobei man die Festlichkeit selbst für den 23. desselben Monats bestimmte, so daß alle Vorbereitungen beschleunigt werden mußten, um dieser den möglichsten Glanz zu verleihen.
     

    Meister Nick in Walhatta.
     
    Hätte Meister Nick sich am bezeichneten Tage nur darauf zu beschränken gehabt, daß er die Huldigung seines Volkes entgegennahm, so hätte man ihm wohl die ganze Sache verheimlichen und ihn zuletzt damit überraschen können. Da er aber in der Stellung und Kleidung eines Huronenhäuptlings dabei eine thätige Rolle zu spielen hatte, wurde der junge Schreiber beauftragt, ihn von dem Plane zu unterrichten.
    Aus diesem Grunde nun hatte Lionel am 22. November mit ihm ein Zwiegespräch, in dem die schwebende Frage zum größten Mißvergnügen Meister Nick’s ausführlich behandelt wurde.
    Zuerst, als dieser vernahm, daß der Stamm ihm zu Ehren eine Festlichkeit vorhatte, begann er damit, diesen gleich mit seinem Schreiber zum Teufel zu wünschen.
    »Möge Nicolas Sagamore geruhen, dem Rathe eines Bleichgesichtes zu folgen, antwortete Lionel.
    – Von welchem Bleichgesicht sprichst Du? fragte Meister Nick, der ihn nicht verstand.
    – Von Ihrem ergebenen Diener, großer Häuptling.
    – Nun, dann nimm Dich in Acht, daß ich aus Deinem bleichen Gesichte nicht mit einer gepfefferten Ohrfeige ein rothes

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