Die Farbe der Ewigkeit
Gelächter. Nadine hatte beim Abendessen verkündet, dass sie heute früh zu Bett gehen wolle, und der Professor brütete vermutlich gerade über irgendwelchen Karten und Plänen.
Die Luft schien also rein zu sein.
Es war nicht weit bis zu den Ruinen, trotzdem fühlte Hope sich nicht besonders wohl dabei, das Camp hinter sich zurückzulassen. Schon gar nicht, wenn sie daran dachte, was mit diesem armen Arbeiter passiert war.
Geh zurück! Du bist ja verrückt, dich hier draußen mit einem Kerl treffen zu wollen, über den so gut wie gar nichts weißt!
Sie blieb kurz stehen, atmete tief durch – und ging weiter.
Im fahlen Schein des Mondes sahen die Ruinen der alten phönizischen Siedlung richtig gespenstisch aus. Hope versuchte sich vorzustellen, wie es früher einmal hier gewesen sein mochte. Dieser Ort war, soweit sie wusste, sowohl von den Griechen als auch von den Römern als Kolonie unterhalten worden. Doch die letzten Überreste dieser einstigen Pracht waren zuerst dem libanesischen Bürgerkrieg und kurz darauf noch einem schweren Erdbeben zum Opfer gefallen. Es gab nur noch ein paar Mauern und Säulen, die in den sternenübersäten Himmel hinaufragten, alles andere lag in Schutt und Asche. Zwischen den zerstörten Mosaikfußböden und umgestürzten Wänden wuchsen Dornsträucher.
„Hope?“ Nick trat aus dem Schatten einer halb zusammengestürzten Säule hervor. „Ist dir jemand gefolgt?“
Sie runzelte die Stirn. „Was soll die Frage? Warum sollte mir jemand folgen? Wer bist du eigentlich? Und was geht hier überhaupt vor?“
Er nahm ihre Hand. Im ersten Moment wollte sie sie wieder zurückziehen, doch dann genoss Hope einfach nur das warme Gefühl, das sie bei seiner Berührung durchströmte.
„Genau um das herauszufinden, bin ich hier“, entgegnete er ernst, ohne auf ihre anderen Fragen zu antworten. „All diese seltsamen Dinge, die in letzter Zeit geschehen, haben irgendwie mit dieser Ausgrabung hier zu tun. Hast du schon einmal vom Amulett des Lichts gehört?“
Hope schüttelte den Kopf. „Nein, noch nie. Was soll das sein?“
„Es ist so eine Art Schmuckstück, von dem behauptet wird, dass es über starke magische Kräfte verfügt und …“
„Moment mal“, unterbrach sie ihn und schaute ihn an, als ob er verrückt wäre. „Magische Kräfte? Das ist doch absoluter Schwachsinn!“
Nick zog eine Braue hoch. „Und was ist mit der Frau, die sich plötzlich in ein rasendes Ungeheuer verwandelt und dich angegriffen hat? War das auch Schwachsinn?“
„Dafür gibt es bestimmt eine logische Erklärung“, behauptete Hope energisch. Obwohl sie in Wahrheit längst wusste, dass es nichts brachte, die Tatsachen zu leugnen. Hier ging etwas wirklich Seltsames vor. Etwas, das sich mit den Maßstäben, die sie bisher in ihrem Leben angewendet hatte, nicht so einfach erklären ließ. „Also gut“, sagte sie schließlich seufzend. „Nehmen wir einfach mal an, dass es so etwas wie Magie wirklich gibt. Was hat das alles mit mir zu tun?“
Er zuckte mit den Schultern. „Tut mir leid, aber das weiß ich nicht. Ich bin nur absolut sicher, dass du der Schlüssel zu diesem ganzen Geheimnis bist.“
„Ich?“ Entsetzt riss sie die Augen auf.
„Der Angriff auf dich, dann der Tod dieses anderen Mädchens …“
„Shelly.“
Er nickte. „Und nun auch noch der tote Arbeiter. Das sind zu viele Zufälle auf einmal, um nicht irgendwie miteinander im Zusammenhang zu stehen. Und ich glaube, dass du ebenfalls in großer Gefahr schwebst.“
„Aber ich …“ Sie blinzelte heftig. „Nein, das kann nicht sein. Woher willst du das überhaupt wissen? Wer bist du, Nick? Was … bist du?“
„Lassen wir das.“ Ein bitteres Lächeln ließ ihn plötzlich um Jahre älter erscheinen. „Du würdest mir ohnehin kein Wort glauben.“
„Warum lässt du es nicht auf einen Versuch ankommen?“
„Also gut, wie du meinst.“ Er holte tief Luft. „Mein Name ist Dominikus le Fort. Ich wurde vor sechsundzwanzig Jahren in den Höhlen von Škocjan in Slowenien geboren. Der Name meiner Mutter war Juliette, sie kam aus einem kleinen Ort in Frankreich und lebte als Nonne in einem Kloster. Meinen Vater lernte sie kennen, als dieser bewusstlos in einem Waldstück in der Nähe des Klosters aufgefunden wurde. Sie pflegte ihn gesund und verliebte sich trotz ihres Gelübdes in ihn. Sie wusste ja nicht, mit wem sie es zu tun hatte.“
Hope schluckte. „Was stimmte denn nicht mit deinem Vater?“
„So gesehen
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