Die Farbe der Ewigkeit
nichts“, antwortete Nick. „Wenn man davon absieht, dass er ein gefallener Engel war.“
5. KAPITEL
„Ein Engel?“ Ungläubig starrte Hope ihn an, dann sprang sie auf und wollte davonlaufen, aber Nick hielt sie fest und zog sie an sich.
„Du wolltest es doch unbedingt wissen“, sagte er, und seine Stimme klang weich wie Samt. „Komm schon, sieh mich an!“
Hope wollte es eigentlich gar nicht. Sie wusste, wenn sie jetzt aufblickte, war sie verloren. Doch sie konnte nicht anders. Wie von selbst hob sie den Kopf, und als sie in seine grünen Augen sah, erlosch ihr Widerstand.
„Nick, ich …“
Er hob eine Hand und strich ihr über die Wange. Die Berührung war so zart wie ein Windhauch.
Hope stockte der Atem, ihr Herz bebte. Es war, als würde die Welt um sie herum verschwimmen, sich auflösen, bis es nur noch sie beide gab – Nick und Hope.
Mit seinen Fingern glitt er an ihrem Hals entlang, sie legte den Kopf in den Nacken und stieß ein kehliges Seufzen aus. Flüssiges Feuer schien durch ihre Adern zu pulsieren. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Und als Nick seine Lippen auf ihren Mund presste, schien ein Feuerwerk aus Licht und Farben auf sie niederzuregnen.
Die Zeit stand still.
Das einzige Geräusch, was Hope noch wahrnahm, war ihr hämmerndes Herz. Sie vergrub die Hände in Nicks weichem hellblonden Haar und zog ihn näher an sich.
Plötzlich sah sie Peters Gesicht vor sich, und sie hatte das Gefühl, in einen tiefen Abgrund zu stürzen.
Keuchend machte sie sich von Nick los und blieb schwer atmend ein paar Meter entfernt stehen. In ihrem Kopf drehte sich alles. Beinahe glaubte sie, Peters Stimme zu hören.
Wir beide, Hope, für immer …
Ehe ihr die Tränen kommen konnten, wirbelte sie herum und lief in Richtung Camp zurück. Dieses Mal ließ sie sich nicht zurückhalten und blieb erst stehen, als sie ihr Zelt erreicht hatte.
Dort sank sie auf ihr Nachtlager und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Mit einem unterdrückten Fluch kickte Nick nach einem Stein, der im hohen Bogen davonflog und in der Nacht verschwand. Was war bloß in ihn gefahren, Hope zu küssen? Sie war für ihn nur ein Mittel zum Zweck, nicht mehr und nicht weniger – oder?
Er atmete tief durch und versuchte, seinen rasenden Puls zu beruhigen. Normalerweise gehörte das zu seinen leichtesten Übungen, doch heute Nacht schien ihn nicht nur sein Verstand im Stich zu lassen.
Es war total verrückt gewesen, Hope die Wahrheit über seine Identität zu verraten. Ganz davon abgesehen, dass sie ihm wahrscheinlich ohnehin kein Wort glaubte – jetzt würde sie in auch noch für total durchgeknallt halten. Und er konnte es ihr nicht einmal verdenken. Dabei war es ungemein wichtig, dass es ihm gelang, ihr Vertrauen zu gewinnen. Er konnte sie schlecht zwingen, ihm dabei zu helfen, das Amulett des Lichts zu finden. Und genau das musste er, wenn er den Fluch seines Daseins als Nephilim ein für alle Mal brechen wollte. Und wenn es stimmte, was er inzwischen vermutete, dann ging es noch um viel mehr.
Irgendetwas musste dieser seltsame Traum doch bedeuten – Feuer, das vom Himmel regnete, und Höllenkreaturen, die die Erde bevölkerten. War das Amulett des Lichts wirklich mächtig genug, um die Heerscharen des Lichts zu stürzen, wenn es in die falschen Hände geriet?
Seufzend fuhr er sich durchs Haar.
Solange er zurückdenken konnte, befand er sich nun schon auf der Flucht. Die Seraphim – Engel aus Feuer, die sich selbstgerecht als das Strafgericht Gottes bezeichneten – hatten seine Eltern getötet, als er gerade einmal neun Jahre alt gewesen war. Seitdem schlug er sich allein durch. Und er hatte auf die harte Tour gelernt, niemandem zu vertrauen. Wer vertraute, der zeigte Schwäche – und Schwäche bedeutete den sicheren Tod.
In den Augen der Seraphim war Nick ein Bastard, der es nicht verdient hatte zu leben, dessen pure Existenz bereits eine Gotteslästerung darstellte. Deshalb verfolgten sie ihn mit derselben Unbarmherzigkeit wie zuvor seine Eltern. Doch er wusste auch, dass nicht alle Angeli so waren. Sie waren es, die die Welt davor bewahrten, im ewigen Chaos zu versinken. Wenn sie stürzten …
Nein, darüber wollte er lieber gar nicht erst nachdenken.
Mit einem letzten Seufzen fuhr er sich durchs Haar, dann machte er sich auf den Weg zurück zum Camp.
Es war besser, wenn er Hope nicht allzu lange aus den Augen ließ. Sie war der Schlüssel, und er würde nicht eher ruhen, bis er herausgefunden hatte, was sie
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