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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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öffentlich zur Schau stellen.
    Schließlich war das vor neun Jahren gewesen. Zu guter Letzt zog sie ihre Nike-Joggingschuhe an und band die Schnürsenkel fest zusammen. Nichts ärgerte sie mehr, als mitten in ihrem Morgenlauf eine Pause einlegen zu müssen, um sich die Schnürsenkel neu zu binden. Das Einzige, was sie an diesem Morgen noch trug, war ihr Haustürschlüssel an einer schmalen Silberkette um den Hals.
    11
    Anna drehte den Schlüssel in der Tür zu ihrem Vier-Zimmer-Apartment zweimal um, lief durch den Flur und drückte auf den Fahrstuhlknopf. Während sie wartete, dass die winzige Kabine knarzend in den zehnten Stock kletterte, führte sie eine Reihe von Dehnübungen durch, die sie beendet hatte, noch bevor der Aufzug das Erdgeschoss erreichte.
    Anna betrat die Lobby und lächelte ihrem Lieblingstürsteher zu, der sich beeilte, ihr die Eingangstür zu öffnen.
    »Morgen, Sam«, rief Anna, als sie aus dem Thornton House auf die East 54th Street in Richtung Central Park rannte.
    An Werktagen lief sie die südliche Schleife. An den Wochenenden nahm sie die sechs Meilen längere Schleife in Angriff. Am Wochenende war es egal, ob sie sich ein paar Minuten verspätete. Heute aber nicht.

    Bryce Fenston stand an diesem Morgen ebenfalls vor sechs Uhr auf, da auch er einen frühen Termin hatte. Während er duschte, hörte er die Nachrichten, doch nicht einmal ein
    Selbstmordattentäter, der sich an der West Bank mit einer Bombe in die Luft gesprengt hatte, brachte Fenston dazu, den Ton lauter zu drehen – dieses Ereignis war so alltäglich geworden wie der Wetterbericht.
    »Wieder ein herrlicher Sonnentag mit einer sanften Brise aus Nordwest, Höchsttemperaturen um die 25 Grad, Tiefsttempera-turen um die 19 Grad«, verkündete eine muntere Wetterfrau, als Fenston aus der Dusche trat. Sie wurde von einer ernsteren Stimme abgelöst, die ihn darüber informierte, dass der Nikkei in Tokio um vierzehn Punkte gestiegen und Hongkongs Hang Seng um einen Punkt gefallen war. Die FTSE in London hatte sich noch nicht entschlossen, in welche Richtung sie sich bewegen wollte. Fenston ging allerdings davon aus, dass die Fenston-Finance-Aktien wahrscheinlich weder dramatisch steigen noch fallen würden, da nur zwei Menschen außer ihm von seinem 12
    kleinen Coup wussten. Mit einem von ihnen würde Fenston frühstücken und den anderen um kurz nach 8 Uhr feuern.
    Um 6 Uhr 40 war Fenston geduscht und angezogen und betrachtete sein Spiegelbild. Er wäre gern ein paar Zentimeter größer und ein paar Kilo leichter gewesen. Aber es gab nichts, was ein guter Schneider und kubanische Schuhe mit speziell gefertigten Einlagen nicht hätten kaschieren können. Fenston hätte sich auch gern die Haare wieder wachsen lassen, aber das ging nicht, solange es so viele im Exil lebende ehemalige Landsleute von ihm gab, die ihn immer noch erkennen konnten.
    Obwohl sein Vater Straßenbahnschaffner in Bukarest gewesen war, wäre jeder, der einen Blick auf den makellos gekleideten Mann geworfen hätte, der kurz darauf aus dem
    Backsteingebäude in der East 79th Street trat und in seine Limousine mit Chauffeur stieg, davon ausgegangen, dass er in die besten Kreise hineingeboren worden war. Nur diejenigen, die genauer hingesehen hätten, würden den kleinen Diamanten in seinem linken Ohr bemerkt haben – eine Affektiertheit, die ihn seiner Meinung nach von seinen konservativeren Geschäftspartnern abhob. Keiner seiner Angestellten wagte es, ihm das auszureden.
    Fenston machte es sich im Fond seiner Limousine bequem.
    »Ins Büro«, bellte er, bevor er einen Knopf in der Armlehne drückte. Ein rauchgrauer Bildschirm surrte nach oben und unterband jedes unnötige Gespräch zwischen ihm und dem Fahrer. Fenston nahm die New York Times zur Hand, die auf dem Sitz neben ihm lag, und blätterte sie durch. Bürgermeister Giuliani schien sich verkalkuliert zu haben. Erst brachte er seine Geliebte im Gracie Mansion unter, dann verließ er auch noch seine Frau, die daraufhin nur allzu gern ihre Meinung zu diesem Thema jedem kundtat, der ihr sein Ohr lieh. Und an diesem Morgen war das die New York Times. Fenston war in die Finanzseiten vertieft, als sein Fahrer auf den Franklin-Delano-Roosevelt-Drive bog, und als die Limousine vor dem Nordturm 13
    hielt, hatte er die Seiten mit den Nachrufen erreicht. Der einzige Nachruf, an dem er interessiert war, würde frühestens morgen erscheinen, aber noch wusste ja auch niemand in Amerika, dass sie tot war.
    »Ich habe

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