Die Farbe Der Leere
Hühnchen, Nudelauflauf und Pecannusstorte und eine Kasserolle mit einem braunen Reisgericht von den Leuten aus dem Zendo. Hester selbst hatte Reiswaffeln mitgebracht.
Als Jose die Fülle überblickte, rutschte ihm spontan heraus: »Ich bin tot und im Himmel«, dann merkte er, was er gesagt hatte, und wurde rot. Seinen Appetit beeinträchtigte das nicht.
Malone und Russo saßen nebeneinander. Katherine gesellte sich zu ihnen. Malone verputzte einen Berg Makkaroni mit Käse, und Russo pickte in einem Teller Salat herum. Russo war in diesem Umfeld deutlich weniger ruppig. Er wirkte fast schüchtern, und trotz aufrichtiger Bemühungen auf beiden Seiten gelang es Katherine nicht, mit ihm ein Gespräch in Gang zu bringen.
Als Katherine wegging, bemerkte Russo an Malone gewandt: »Sie kriegt allmählich ein bisschen Fleisch auf die Knochen. Wenn sie so weitermacht, erkennt man direkt, dass sie 'n Mädel ist, sogar von hinten.«
Malone verpasste ihm einen Tritt vors Schienbein.
Lauter Rap dröhnte durchs Haus. Die Jungs aus dem Heim und die aus der Schule bildeten zwei Gruppen in entgegengesetzten Ecken des Raums.
Als die Direktorin aufbrach, sagte sie zu Katherine: »Wir sehen uns ja beim Elternabend. Ich bin sicher, Sie wollen mit Joses Lehrern sprechen.«
Dan half beim Aufräumen, ehe er Katherine nach Hause fuhr.
Als Brians Urteilsverkündung heranrückte, nahm sich Katherine den Tag frei. Fünfundsiebzig Jahre bis lebenslänglich. Es wimmelte von Presseleuten, hauptsächlich wegen der Erwartung, dass er die für einen Angeklagten seines Alters längste Freiheitsstrafe in der Geschichte der Justiz bekommen würde. Er hatte sich des Mordes an Lenny schuldig bekannt, obwohl seine Eltern und sein Anwalt ihn gedrängt hatten, es auf eine Gerichtsverhandlung ankommen zu lassen.
Es war schon im Vorfeld klar, dass er nicht vor ein Jugendgericht gestellt, sondern als voll schuldfähig angeklagt werden würde. Das war ausgemachte Sache, sobald der Fall durch die Presse ging. Er erlangte nationale Berühmtheit als der sechzehnjährige Sexkiller. Es war die Sorte Fall, mit der jemand bei der Staatsanwaltschaft richtig Karriere machen konnte.
Später drangen Einzelheiten des Falls an die Öffentlichkeit. Katherine hatte angenommen, das würde ein gewisses Mitgefühl für Brian wecken. Aber nein. Leserbriefe aus dem ganzen Land forderten die Todesstrafe. Die meisten davon geißelten unsere viel zu tolerante Gesellschaft, das laxe System und den Mangel an strikter Disziplin. Ein paar bedauerten, dass es keine Möglichkeit gab, Brians Eltern für ihre nachsichtige Erziehung zur Rechenschaft zu ziehen, durch die sie so ein Ungeheuer hervorgebracht hatten.
Katherine hatte auf Mr. und Mrs. Campbells Anrufbeantworter ein paarmal Nachrichten hinterlassen, aber sie riefen nie zurück. Sie wusste eigentlich auch nicht, was sie ihnen hätte erzählen sollen. Ihr Sohn kam in ein Hochsicherheitsgefängnis, und es war unwahrscheinlich, dass er die Welt draußen jemals wiedersah.
Lennys Fall – das vermisste Kind mit den engelsgleichen Locken – war an sich schon eine saftige Story gewesen, aber dann hatte sie sich in etwas noch Besseres verwandelt. Das gute Kind war brutal ermordet worden, und zwar von einem durchgeknallten Teenager-Sexkiller.
Katherine hatte versucht, eine Besuchserlaubnis für Brian zu bekommen. Über seinen Anwalt wurde ihr mitgeteilt, dass Brian sie nicht sehen wollte. Sie las in der New York Times, dass er auch seinen Eltern den Besuch verwehrte. Dan lud sie ein, das Fernsehinterview mit Brian im Nachrichtenmagazin 60 Minutes bei ihm zu Hause zu sehen. Sie lehnte die Einladung ab.
Doch am Tag der Ausstrahlung überlegte sie es sich anders, rief ihn an und fragte, ob die Einladung noch galt. Sie fand sich mit Miss Bennett in seiner Wohnung ein, und die drei saßen zusammen auf Dans Couch. Als die Kamera Brians bleiches Gesicht heranzoomte, sah sie ihn zum ersten Mal, seit er in ihre Küche eingebrochen war, wieder aus der Nähe.
Dan war es, der mit der Neuigkeit anrief, dass Brian aus dem Staatsgefängnis zum Gericht überführt wurde, um gegen Robert Goldberg auszusagen.
Letztlich war die Beweislast gegen Rob schwächer, als irgendjemand sich hätte vorstellen können. Es gab keinen Zweifel, dass er im Internet Knaben nachgestellt und jede Menge geködert und verführt hatte. Aber die Staatsanwaltschaft konnte nicht einen einzigen auftreiben, der gegen ihn ausgesagt hätte. Für manche von ihnen war das
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