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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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Makala und Julian. Ich kann nicht einfach alles aufgeben, was ich so mühsam für sie erreicht habe. Würde, Achtung, die Galerie, in der sie ihre großartigen Arbeiten ausstellen können. Und Hoffnung, ja, vor allem die Hoffnung, dass eines Tages jede Galerie in Südafrika ihre Kunst mit Stolz präsentiert. Sie alle sind genauso Teil meines Lebens, wie ihr es seid.«
    Vater senkte den Kopf, hielt aber weiterhin Mutters Finger in seinen und küsste immer wieder ihren Handrücken. »Ich verstehe. Ich weiß.« Das war alles, was er sagte.
    Mutter zog mich an sich, und ich vergrub mich in ihren Mandarinenduft und schmiegte mich an ihre weiche helle Haut.
    »Mommy!«, rief ich. »Mommy!«
    Sie umarmte mich und weinte.
     
    Vater ging hinauf, um schnell zu packen und mit seinen Freunden aus dem Untergrund zu telefonieren, die uns aus Johannesburg hinausbringen würden. Mutter und ich saßen eng umschlungen auf dem Sofa. Wieder und wieder strich sie über mein Haar.
    »Für mich ist es hier noch sicher, das weißt du doch. Mach dir keine Sorgen um mich. Mir wird nichts passieren. Aber dein Vater, hinter dem sind sie her. Du musst mit ihm gehen, Ruby. Er muss dich wegbringen aus diesem Land, das voller Hass und Angst ist. Ich komme nach, das verspreche ich dir. Ich komme, wenn es an der Zeit ist.« Das brachte sie zwischen stoßweisen Schluchzern hervor.
    »Julian …«, schniefte ich. »Wirst du ihn besuchen, Mutter, und überbringst du ihm dann einen Abschiedsgruß von mir?«
    »Ja, mein Liebling, das mache ich.«
    »Wie lange wird er im Gefängnis sein, Mutter?«
    »Das weiß keiner, aber ich werde tun, was ich kann, um ihn freizubekommen.«
    Sie legte ihre Wange an meine und wiegte mich hin und her, wie damals, als ich ein kleines Kind war. Sie sang ein Schlaflied, halb auf Xhosa, halb auf Englisch, das sie mir früher manchmal zum Einschlafen vorgesungen hatte. Wie hätten wir damals ahnen können, dass das Lied einmal wie für uns geschrieben sein würde?
     
    »Thulatu thula, baba, thula sana,
    deine Mutter ist fort, doch nicht für immer.
    Leg deinen müden Kopf aufs Kissen, Baby,
    und weine nicht mehr.
    Wenn die Sonne sinkt und es Zeit zum Schlafen ist,
    dann wird sie zu dir kommen im Traum,
    Thula, baba, thula, sana. Thula, baba, thula, sana.«
     
    Wenig später schlichen Vater und ich uns aus unserem Haus, im Begriff, die Stadt zu verlassen, in der ich so viel Liebe und so viel Schmerz erfahren hatte.
    »Egoli.« Vater hielt meine Hand, während wir mit unseren Taschen durch die schmale Gasse liefen, die seitlich an unserem Haus vorbeiführte. »Goldene Stadt.« Dann fügte er traurig hinzu: »Wir werden dich vermissen.« Es war, als könnte er meine Gedanken lesen.
     
    Wir wurden ein paar Straßen vom Westcliff Drive entfernt von einem Schwarzen aufgelesen, der in bestimmten Abständen die Scheinwerfer seines Autos aufblendete, das war der »Code«, den mein Vater zuvor bekommen hatte. Der Mann sprach kein Wort, während wir hinten in seinen unscheinbaren Van einstiegen. Wir saßen auf schlecht gepolsterten Sitzen, deren Sprungfedern wütend in meinen Hintern piksten. Stundenlang atmeten wir den unangenehmen Geruch nach Fisch und alten Pommes ein, der in dem Wagen hing, bis wir in der Nähe von Nelspruit in einem Außenbezirk einer kleinen Minenstadt anhielten.
    In einer schwach beleuchteten Baracke bekam ich von einer jungen, militant aussehenden Schwarzen eine blonde Perücke und ein Kleid mit Petticoat – ein kratziger steifer Unterrock – das mir eine Nummer zu klein war. Vater gab sie eine Tüte mit verschiedenen Dingen. Sorgfältig klebte er sich einen schwarzen Bart samt Schnauzer ins Gesicht. Dann brachte die Frau einen Rasierapparat und schor Vater den Kopf kahl. Ich sollte mich vor die Barackenwand stellen und lächeln, damit die Frau ein Polaroidfoto machen konnte. Ich war erschöpft, hungrig und müde, trotzdem drängte sie mich, für das erforderliche Foto freundlich zu lächeln. Während meine Bilder trockneten, machte sie einen Schnappschuss von Vater, als er zufällig lächelte. Er war kaum wiederzuerkennen. Nach ein paar Minuten klebte sie die Fotos in zwei Pässe und gab sie Vater. Wir waren jetzt Mike und Veronica Seagram, Vater und Tochter aus Germiston, die eine kurze Urlaubsreise nach Mosambik machten. Die Frau gab mir sogar ein Schreiben, unterzeichnet vom Direktor der Germiston-Highschool, mit der Erlaubnis, ein paar Schultage zu versäumen.
    »Gekonnte Fälschung«, sagte Vater

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