Die Farben der Sehnsucht
Typ Frau sein, um Pfarrersgattin zu werden.“
Alix nahm sich einen Moment, um darüber nachzudenken. „Du willst damit sagen, dass ich eher so wie du sein sollte.“
Susan schüttelte den Kopf. „Es ist nicht einfach, in einer Kirchengemeinde tätig zu sein – das will ich damit sagen. Die Leute sind sich nicht bewusst, wi e kritisch sie sind. Die Gemeinde wird dich betrachten und sich dann ein Urteil über Jordan machen.“
„Ich verstehe.“ So hatte Alix das Thema noch nicht betrachtet.
Susan warf einen kurzen Blick über ihre Schulter und beobachtete ihren Mann und ihren Sohn. „Larry weiß nicht, dass wir diese Unterhaltung führen“, sagte sie mit gesenkter Stimme.
„Weiß Jordan davon?“ Wenn Susan diese Frage mit Ja beantwortete – das schwor Alix sich –, würde sie sofort aufstehen und gehen.
„Himmel, nein!“, erwiderte Susan. „Ich wollte das Gespräch von Frau zu Frau führen.“
Jordans Mutter musste nichts weiter sagen – Alix wusste es auch so. Sie wusste es, weil sie im Haus der Donovans das Telefonat zwischen Jacqueline und Susan mit angehört hatte. „Im letzten Monat, ein paar Tage, bevor ich die große Hochzeitsfeier abgeblasen habe“, begann Alix und starrte in ihr Glas, „war ich bei Jacqueline. Ihr beide habt gerade telefoniert, und Jacqueline wusste nicht, dass ich im Haus bin. Ich wollte nicht lauschen und hätte gehen sollen, aber ich hörte, wie mein Name fiel. Und ich verstand in ungefähr zwei Sekunden, worum es in dem Telefongespräch ging: Du wolltest lieber, dass ich Jordan nicht heirate.“
Susan wirkte ertappt und wurde rot. „Nein, das ist es nicht! Das stimmt nicht! Oje, du verstehst mich vollkommen falsch.“
„Dann erkläre es mir doch einfach noch mal“, sagte Alix und bemühte sich, nicht abwehrend oder wütend zu klingen.
„Es ist nur …“ Susan hielt inne. „Ich gebe zu, dass ich meine Bedenken hatte, und“, fuhr sie eilig fort, „dann ist mir allmählich aufgegangen, dass mein Sohn drauf und dran ist, eine Frau zu heiraten, die Kontakte zu Schlägern hat.“
„Ich kenne auch ein paar Huren“, erwiderte Alix, als wäre das alles ein Scherz. „Tatsächlich sind das sehr anständige Leute. Ich wette, dass dich das überrascht.“
Susan blinzelte ein paarmal.
„Hat Jordan dir von der Zeit erzählt, als ich auf der Straße lebte? Oder wie oft ich aus Pflegefamilien abgehauen bin?“
„Alix, das tut mir leid“, flüsterte Susan.
„Das muss es nicht. Vielleicht hast du recht. Du hast erwartet, dass dein Sohn ein hübsches blondes Mädchen aus der Kirchengemeinde heiratet. Und du hast ganz sicher nicht damit gerechnet, dass er sich ein Mädchen aussucht, dessen Mutter im Gefängnis ist und dessen Vater sich aus dem Staub gemacht hat, ohne sich noch einmal umzusehen. Ich habe Sünden begangen, Drogen genommen, am Abgrund gelebt. Und ich bin längst nicht mehr das kleine zierliche Mädchen, das so hart dafür gekämpft hat, in der Sonntagsschule eine Bibel zu gewinnen.“
Jordans Mutter wurde bleich.
„Das ist noch nicht das Schlimmste“, fuhr Alix kalt fort.
„Bitte, das ist nicht nötig“, flehte Susan. „Jordan liebt dich …“
„Hör zu. Du musst verstehen, dass ich jetzt nicht mehr der Mensch bin, der ich damals war“, sagte Alix und versuchte, den Kloß in ihrem Hals herunterzuschlucken. Sie wollte nicht, dass Susan sie weinen sah. „Jordan weiß das, aber ich bin mir nicht sicher, ob du es auch weißt.“
„Vielleicht nicht“, gab Susan zu. „Aber was soll ich denn glauben, wenn ich höre, dass Leute zu dir kommen und dich darum bitten, jemanden umbringen zu lassen?“
„Nicht umbringen – zusammenschlagen“, korrigierte Alix – als ob es wirklich einen Unterschied machen würde. „Margaret wollte, dass der Mann, der ihre Tochter überfallen hat, denselben Schmerz erleidet, den er ihr zufügte.“
Sie hatte offenbar etwas lauter gesprochen, denn Jordan blickte zu ihnen herüber.
Nun kam er zum Tisch gelaufen. „Hat Dad dir davon erzählt?“, fragte er seine Mutter.
Susan sah Alix an und flehte sie stumm an, ihm nicht von der restlichen Unterhaltung zu erzählen. „Ja, er hat es mir gesagt“, sagte sie fest. „Alix und ich sprachen gerade über den … Vorfall.“
Jordan stellte sich hinter Alix und legte seine Hände auf ihre Schultern. „Hat Alix dir gesagt, was sie Margaret geantwortet hat?“ Seine Stimme klang ungerührt, doch Alix konnte spüren, wie aufgewühlt er war.
Seine Mutter
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