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Die Festung der Perle

Die Festung der Perle

Titel: Die Festung der Perle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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mißtrauischer wurde Oone. Elric warf einen Blick auf Lady Zephir. Doch die Augen der Frau am Steuerruder waren ausdruckslos und gaben keinen Hinweis, welche Gefahren ihnen bald bevorstehen könnten.
    Das Boot drehte etwas. Durch den Dunst konnte man Land erkennen. Hohe Bäume erhoben sich über Felsblökken. Weiße Säulen aus Kalkstein schimmerten in dem sanften Licht. Elric sah über kleinen Buchten Grashügel. Hatte Lady Zephir sie vielleicht doch zu der Insel gebracht? Gerade wollte er fragen, da sah er ein riesiges Steinportal mit wunderbaren Mosaiken und Skulpturen, das so aussah, als sei es uralt.
    »Das Falador-Tor«, erklärte Lady Zephir. Ihr Stimme klang besorgt.
    Dann öffnete sich das Tor. Ein grauenvoller Wind strömte ihnen entgegen. Er zerrte an ihren Haaren und Kleidern, peitschte ihnen ins Gesicht und dröhnte und schrie in ihren Ohren. Das Boot schaukelt derart, daß Elric befürchtete, es würde gleich kentern. Er kämpfte sich zum Heck vor, um Lady Zephir am Ruder zu helfen. Der Schleier war von ihrem Gesicht gerissen. Sie war keine junge Frau, sah aber dem kleinen Mädchen, das sie im Bronzezelt zurückgelassen hatten, erstaunlich ähnlich. Ja, die Ähnlichkeit mit dem Heiligen Mädchen der Bauradim war unverkennbar. Elric übernahm das Steuerruder, damit Lady Zephir ihren Schleier befestigen konnte. Plötzlich fiel ihm ein, daß niemand je Varadias Mutter erwähnt hatte.
    Oone holte das Segel ein. Der Wind war abgeflaut, so daß sie langsam auf den düsteren, seltsam riechenden Eingang zufahren konnten, der vor ihnen gähnte, nachdem die Mosaiktüren weggeblasen waren.
    Da tauchten drei Pferde am Portal auf. Hufe schlugen durch die Luft. Schweife peitschten. Dann galoppierten sie über das Wasser auf das Boot zu. Wie der Blitz waren sie vorbeigesprengt und verschwanden im Dunstschleier. Keines der Tiere hatte einen Kopf besessen.
    Der Schrecken fuhr Elric in die Glieder. Aber es war ein Schrecken, der ihm vertraut war. Innerhalb von Sekunden hatte er sich wieder im Griff. Er wußte, daß er drauf und dran war, ein Land - ganz gleich wie es auch hieß - zu betreten, das vom Chaos regiert wurde.
    Erst als das Boot unter einem Felsvorsprung dahinglitt und in die Grotte fuhr, kam ihm zum Bewußtsein, daß er über keinen seiner bewährten Zauber mehr verfügte. Ihm standen auch keine seiner Verbündeten zur Seite, nicht einmal sein höllischer Schutzpatron. Ihm blieben nur Erfahrung, Mut und seine natürlichen Fähigkeiten. In diesem Augenblick bezweifelte er stark, daß diese ausreichen würden.

Kapitel 5
     
    Die Traurigkeit einer Königin, die nicht herrschen kann
     
    Die mächtige Barriere aus Obsidiangestein wurde plötzlich lebendig. Eine grünliche Glasmasse schob sich ins Wasser, das zischte und zu stinken begann. Dicke Dampfsäulen stiegen auf. Nachdem sie sich aufgelöst hatten, sah man einen weiteren Fluß. Er führte durch eine enge, hohe Schlucht, deren Wände aus natürlichem Fels zu sein schienen. Elrics Gedanken waren ganz auf die Interpretation seiner Umgebung gerichtet. Er überlegte, ob dieser Fluß nicht derselbe war, den sie schon einmal überquert hatten, als er mit dem Perlkrieger auf der Brücke gekämpft hatte.
    Dann griffen die tosenden Wassermassen zu. Das Boot, das so stabil gewirkt hatte, wurde wie eine Nußschale mitgerissen. Es ging nach unten, immer tiefer, bis Elric dachte, sie müßten bald den Mittelpunkt der Welt erreichen.
    Mit vereinten Kräften halfen Oone und Elric Lady Zephir, das Ruder zu halten. Doch plötzlich endete der Fluß ohne Vorwarnung vor ihnen, und sie stürzten einen Wasserfall hinunter. Ehe sie wußten, wie ihnen geschah, landete das Boot in ruhigem Gewässer und schwamm wie ein Brotkanten auf einem Teich. Der Himmel über ihnen hatte die Farbe angelaufenen Zinns. Geschöpfe mit Flügeln wie aus Leder flogen durch die Luft und verständigten sich mit schrillen Schreien. Palmen reckten ihre kaum noch grün zu nennenden Blätter empor und warteten auf eine Sonne, die niemals aufging. Über allem lag ein fauliger Geruch. Das Rauschen des Wasserfalls, das Geschrei der fliegenden Wesen über den Felsen und das Rascheln der Palmen waren die einzigen Geräusche.
    Es war warm, und doch lief es Elric kalt über den Rücken. Auch Oone schlug den Kragen ihrer Jacke hoch. Lady Zephir zog ihre Gewänder enger.
    »Kennst du dich in diesem Land aus, Oone?« fragte Elric. »Ich weiß, daß du schon hier warst, aber du scheinst ebenso überrascht zu sein wie

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