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Die fetten Jahre

Die fetten Jahre

Titel: Die fetten Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koonchung Chan
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dem Vormarsch –  ja, aber wer ist dafür verantwortlich? Es ist das Verdienst eurer korrupten Partei! Wer ist denn seit mehr als sechzig Jahren an der Macht? Etwa die Kuomintang?«
    »Sie sagen, China erlebe sein Goldenes Zeitalter! Wenn das so ist, warum herrschen dann nicht Recht und Gesetz? Soll China etwa kein Rechtsstaat werden? Ihr hattet über sechzig Jahre Zeit, das in die Wege zu leiten! Aber das Problem ist: Die Partei will überhaupt keine politischen Reformen, Politik dient einzig und allein zur Bereicherung korrupter Offizieller und Funktionäre. Wie soll eine Einparteiendiktatur das Problem ihrer eigenen Korrumpiertheit lösen? Seht euch doch die nächste Generation der Reichen und Mächtigen an, die ihr herangezogen habt! Wo soll das denn hinführen?! Das ist Machtkapitalismus in Reinform!«
    »In Sachen Scheinheiligkeit kann es niemand mit der KP aufnehmen. Sie macht doch nichts anderes, als den Menschen ins Gesicht zu lügen, Tatsachen zu verschleiern und Geschichte zu fälschen! Und was die da oben machen, machen die da unten nach, selbst die junge Generation habt ihr verdorben! Ein Volk, das einmal Ehrlichkeit und Vertrauen in Ehren hielt, ist so tief gesunken. Und das nennt ihr Goldenes Zeitalter?«
    Auch Chen schaltete sich ein: »Du redest die ganze Zeit davon, wie man das Land reich und stark macht, wie man Ressourcen sichert und die Wirtschaft stimuliert; dass es gilt, Japan abzuhängen und die USA einzuholen. Aber zu welch immensen Kosten! Umwelt und Ressourcen der kommenden Generationen werden heute schon überstrapaziert! Wir können nicht denselben Weg gehen, den der Westen bei seiner Industrialisierung gegangen ist, früher oder später ist das Ende dieses Weges erreicht und es geht so nicht mehr weiter.«
    Bei seinen Geschäften in Afrika hatte Fang Caodi noch etwas anderes beobachten können: Die chinesischen Unternehmen, die in Afrika Infrastrukturprojekte durchführten, brachten ihre eigenen Arbeiter aus China mit, sodass die Bevölkerung vor Ort leer ausging und die Arbeitslosigkeit unverändert hoch blieb; billige chinesische Produkte überschwemmten den afrikanischen Markt und zerstörten damit alles, was noch an einheimischem produzierendem Gewerbe vorhanden war. Die Chinesen unterschieden sich nicht im Geringsten von den ehemaligen Kolonialherren aus Europa, sie machten gemeinsame Sache mit den herrschenden korrupten Eliten und pressten den Ländern ihre Rohstoffe ab, ohne dort nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum zu schaffen.
    »Wieso ist ein so mächtiges Land zugleich so zerbrechlich, dass es nicht die leiseste Kritik verträgt und die Meinungsfreiheit mit allen Mitteln abwürgt?«, fragte Xiaoxi. »Was ist das für eine Großmacht, in der die Herrschenden solche Angst vor dem Internet haben?«
    Fang Caodi hatte nach seiner Rückkehr nach China ausgiebig die Minderheitengebiete bereist. Auf den Spuren seines Vaters und Sheng Shicais war er bis in die äußersten Ecken Xinjiangs gekommen. Sein Fazit: Die Minderheitenpolitik der KP hatte versagt. Die Han-Chinesen beklagten sich über die Ungerechtigkeit umgekehrter Diskriminierung, während sich Uiguren und Tibeter erniedrigt und unterdrückt fühlten. In der lokalen Verwaltung wucherte ein Dickicht aus Korruption und Bürokratie; Funktionäre nutzten die ethnischen Spannungen, um sich zu bereichern. Alter Hass und neuer Zorn ließen Xinjiang und Tibet nicht zur Ruhe kommen. »Wir brauchen ein föderalistisches System, anders geht es nicht!«, rief er aus.
    »Du bist wie alle konfuzianischen Gelehrten«, sagte Chen. »Nur den Reichsfrieden im Kopf und keinen größeren Wunsch, als den Herrschenden zu dienen, Könige und Kaiser zu beraten. Aber die Nähe zur Macht erregt dich, und sobald man dich in ihr Zentrum vorlässt, stützt du selbst einen autoritären Tyrannen. Du glorifizierst die absolute Macht, indem du behauptest, nur so ließe sich Großes erreichen, aber letztendlich verbirgt sich dahinter nur dein eigener, glühender Ehrgeiz. Großes ist noch lange nichts Gutes, und es lässt sich genauso gut Böses anrichten, mit weit reichenden Folgen. Gab es dafür in den letzten Jahrzehnten nicht genügend Beispiele?«
    He Dongsheng hörte zu und grinste, als genösse er die Kritik. Dann sagte er: »Ihr habt alle recht mit dem, was ihr sagt. Aber eure Informationen sind nichts im Vergleich mit denen, über die ich verfüge. Ich könnte euch Dinge erzählen, viel schrecklicher und absurder als alles, was ihr je gehört habt.

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