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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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nicht sein Rückgrat gebrochen und verrenkt worden war, als er tot auf die Felsen geworfen wurde, dann hatte der Kerl einen Buckel gehabt wie Quasimodo.
    Und auf dem Buckel hatte er so was wie eine Tätowierung.
    Auf sein Fünfer-Eisen gestützt, beugte Marty sich weiter vor und wappnete sich, damit er sich von dem Gestank nicht übergeben mußte.
    Da war tatsächlich eine verrückte Tätowierung auf dem Buckel — ein Haifischmaul, das sich über die ganze Wölbung zwischen den Schulterblättern der Leiche erstreckte und dann unter den Armen verschwand. Das Ding war wirklich irre, beinahe dreidimensional: Wer immer die Tätowierung angefertigt hatte, hatte Pechschwarz für das offenstehende Maul benutzt und die Zähne mit Weiß ausgefüllt.
    Irgend so ‘n Eingeborener, dachte Marty bei sich. Er würde mit Nick und Tommy zum Hotel zurückfahren, sich den einen oder anderen Scotch hinter die Binde kippen und dem Hotelpersonal sagen, daß so ‘n Eingeborener aus seinem Auslegerkanu oder was auch immer gefallen war. Er würde ihnen sagen, daß sie sich ruhig Zeit lassen könnten, denn der Kerl würde nicht mehr weglaufen.
    Marty richtete sich wieder auf und tippte mit seinem Fünfer-Eisen gegen den Buckel, schob das Metall auf die schwarze Tinte des Mauls.
    Der Kopf des Golfschlägers verschwand in der Öffnung.
    »Scheiße!« entfuhr es Marty. Er riß den Schläger zurück. Nicht schnell genug. Die Haifischkiefer schnappten zu und packten den Schläger. Marty konnte hören, wie die spitzen Zähne klackend auf Graphit bissen.
    Er machte den Fehler, kostbare Sekunden damit zu verschwenden, an seinem Schläger zu zerren — er war ein Geschenk von Shirley, seiner momentanen Flamme —, doch dann ging ihm auf, was er da eigentlich tat, er merkte, daß er dieses Tauziehen verlor und ließ den Griff des Fünfer-Eisens los, als wäre er glühendheiß. Dann drehte er sich um und gab Fersengeld.
    Marty hatte noch keine drei Schritte getan, als eine Bewegung in den Felsen ihn erstarren ließ. »Tommy?« flüsterte er. »Nick?« Noch während er die Namen aussprach, sah er, daß es nicht Tommy oder Nick war.
    Die Schemen glitten auf den kleinen freien Platz zwischen den a’a -Blöcken.
    Ich werde nicht schreien, schwor Marty stumm, doch er spürte, wie sein Mut mit dem Urin dahinfloß, der sein Hosenbein hinabrann. Ich werde nicht schreien. Das geschieht alles nicht wirklich. Das ist irgendein blöder Streich wie damals, als Tommy für meine Geburtstagsparty die Nutte besorgt hat, die sich wie ein Cop ausstaffiert hatte. Ich werde nicht schreien.
    Haifischzähne schlossen sich um seinen Knöchel.
    Marty schrie.
     
    Tommy und Nick haben gerade ihre Golfwagen erreicht, als die Schreie beginnen. Beide Männer halten inne und lauschen. Das Rauschen des Windes ist so laut, das Tosen der Brandung so ohrenbetäubend, daß die Schreie schon gewaltig sein müssen, um über diesen Lärm gehört zu werden.
    Tommy dreht sich zu Nick um. »Der dumme Sack hat sich wahrscheinlich das Bein gebrochen.«
    Nick sitzt im Golfwagen, und jetzt, wo nicht mehr der Lichtschein des Vulkans darauffällt, sieht man, wie blaß er ist. »Vielleicht ist er auch ‘ner Schlange begegnet.«
    Tommy nimmt die Zigarre aus der Hemdtasche und schiebt sie sich zwischen die Zähne. »Auf Hawaii gibt es keine Schlangen, du Arschloch. Ich hab dich nur auf den Arm genommen.«
    Nick wirft ihm einen wütenden Blick zu.
    Tommy seufzt und macht sich zum Lavalabyrinth auf.
    »He«, sagt Nick. »Willst du wirklich in die Schafscheiße reingehen?«
    Tommy bleibt am Rand des a’a- Feldes stehen. »Und was würdest du vorschlagen — sollen wir ihn einfach im Stich lassen?«
    Nick überlegt einen Moment. »Vielleicht sollten wir Hilfe holen?«
    Tommy verzieht das Gesicht. »Ja, und dann kommen wir zurück und können ihn im Dunkeln nicht finden, und dann fliegen wir nach Hause und erklären Connie und Shirley, daß wir Marty einfach im Stich gelassen haben? Mhm-mhm. Außerdem ist der blöde Sack wahrscheinlich nur mit dem Fuß zwischen den Felsen steckengeblieben.«
    Nick nickt, bleibt aber im Wagen.
    »Kommst du nun mit?« fragt Tommy. »Oder bleibst du hier und läßt zu, daß Marty dich für den Rest deines erbärmlichen Lebens für eine feige Ratte hält?«
    Nick überlegt eine Weile, nickt und steigt aus dem Golfwagen aus. Er setzt sich Richtung Lavafeld in Bewegung, dann dreht er plötzlich um, geht zum Wagen zurück, zieht ein Eisen aus der Golftasche und kommt wieder

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