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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Scheiß-Mauna-Pele-Ferienhotel so scheißleer ist? grollte Marty stumm in Richtung der Reisebüro-Schnepfe. »He!« brüllte er wieder.
    Da war ein Geräusch zu seiner Linken. In Richtung der Klippen. Es klang wie ein Stöhnen.
    »Ach, ihr Arschlöcher«, knurrte Marty. Die beiden Clowns waren ihm nachgegangen, um ihn zu suchen, und jetzt hatte sich einer der beiden was getan. Wahrscheinlich den Knöchel verstaucht oder ein Bein gebrochen. Marty hoffte, daß es Nick war; er spielte lieber mit Tommy, und die Vorstellung, den Rest des Urlaubs mit Warten zuzubringen, während Nick krampfhaft versuchte, seinen Ball wieder aus einem der Sandlöcher rauszuschlagen, war nicht gerade verlockend.
    Abermals ertönte das Stöhnen, so leise, daß man es unter der Brandung und dem Rauschen des Windes hörte.
    »Ich komm ja schon«, brüllte Marty und tastete sich einen flachen Hang zwischen den Lavabrocken hinunter. Er steckte den Ball in die Tasche zurück und benutzte das Fünfer-Eisen wie einen Gehstock.
    Es dauerte länger, als er gedacht hatte. Welcher der beiden Idioten ihm auch immer hier herunter gefolgt und auf die Schnauze gefallen war, war wirklich mächtig vom Weg abgekommen. Marty hoffte nur, daß er das Arschloch nicht auch noch nach oben tragen mußte.
    Wieder ertönte das Stöhnen und endete in einer Art zischelndem Seufzen.
    Was, wenn es gar nicht Nick oder Tommy ist? schoß es ihm plötzlich durch den Sinn. Die Vorstellung, irgendein armes Schwein, das er nicht einmal kannte, aus dem Lavalabyrinth zurück auf den Platz zu schleppen, wollte ihm gar nicht gefallen. Er war auf diese Scheißinsel gekommen, um Golf zu spielen, nicht den guten Samariter. Wenn es einer von den Scheißeingeborenen oder so war, würde er dem Kerl sagen, er solle die Ruhe bewahren, und dann schnurstracks Richtung Hotelbar abdampfen. Das Scheißhotel war praktisch verlassen, aber sie hatten dort oben sicher jemanden, dessen Aufgabe es war, hier rauszugurken und verletzte arme Schweine einzusammeln.
    Wieder ertönte das zischelnde Stöhnen.
    »Bin gleich da«, knurrte Marty. Er konnte jetzt die feinen Tropfen der Gischt in der Luft spüren. Die Klippen mußten ganz nah sein; niedrige Klippen, nur sechs, sieben Meter über dem Wasser. Er sollte lieber die Augen offenhalten. Am Himmel funkelten die Sterne. Es wäre wirklich der krönende Abschluß dieses durch und durch beschissenen Urlaubs, wenn er jetzt auch noch kopfüber in den Pazifik stürzte. »Komme schon!« keuchte er, als das Stöhnen abermals erklang. Es kam direkt hinter dem nächsten Lavahaufen hervor.
    Die a’a -Blöcke säumten einen kleinen freien Platz, und Marty blieb wie erstarrt auf dem Sand stehen. Da lag jemand. Es war weder Nick noch Tommy. Und es war eine Leiche, kein lebender Mensch. Marty hatte schon Leichen gesehen, und das hier war eine. Wer auch immer gestöhnt hatte, dieses arme Schwein war es nicht gewesen.
    Die Gestalt war so gut wie nackt, nur ein kurzer, nasser Stoffetzen war um die Taille gewickelt. Marty trat näher heran und sah, daß es ein Mann war — klein, untersetzt, die Wadenmuskeln durchtrainiert, als wäre er ein Läufer oder so. Es sah so aus, als würde er schon eine ganze Weile hier liegen: Die Haut war gummiartig weiß und schon aufgeworfen von der Verwesung, und die Finger des Typen sahen aus wie weiße Maden, die sich jeden Moment zurück in den Sand bohren würden. Es gab noch ein paar andere Indizien, an denen Marty erkennen konnte, daß er es hier nicht mit dem Stöhner zu tun hatte: Das lange Haar des Mannes war von Seetang überzogen, seine Lider waren geöffnet, ein Auge reflektierte das Sternenlicht wie Glas, während das andere Auge nicht mehr vorhanden war, und aus dem offenstehenden Mund des Mannes krabbelte ein kleiner Krebs oder so ein Viech.
    Marty unterdrückte den Brechreiz und trat noch einen Schritt näher heran, das Fünfer-Eisen vor sich ausgestreckt. Er konnte den Mann jetzt riechen, eine eklig süße Mischung aus Salzwasser und Verwesung. Die Wellen mußten ihn hier heraufgespült haben, denn die Leiche lag ausgebreitet auf ein paar dieser kleinen, schartigen Lavafelsen, die aussahen wie Miniaturstalaktiten oder -Stalagmiten oder wie auch immer die blöden Dinger hießen.
    Er tippte die Leiche vorsichtig mit seinem Fünfer-Eisen an, und der Tote bewegte sich leicht, rollte schwerfällig auf die Seite, als wäre er mit Meerwasser vollgepumpt.
    »Mein Gott«, entfuhr es Marty. Die Leiche war ein buckliger Zwerg. Wenn

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