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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Frauen vielleicht nicht mehr Feinde sein, und Götter nicht mehr die unversöhnlichen Feinde der Göttin…
    Troia hatte untergehen müssen, und es gab keine Gewähr dafür, daß nicht auch die neue Stadt eines Tages untergehen würde. Aber wenn sie für den Rest ihres Lebens am Aufbau einer Stadt arbeiten konnte, in der Männer ihre Söhne nicht zu Kriegern machten, die grausamen Göttern in die Schlacht folgen mußten oder in der die Töchter nicht zum Spielzeug der Männer wurden, dann hatte sie nicht umsonst gelebt.
    Kassandra erinnerte sich, wie sie als Mädchen im Tempel des Sonnengottes den Bittstellern die Weisheit des Gottes vermittelt hatte. Was hatte sie damals gesagt?
    Ich geben ihnen Antworten, die sie sich selbst geben könnten, wenn sie den Verstand benutzen würden, den die Götter ihnen geschenkt haben. Aber sie hatte hinzugefügt: Ehe ich antworte, schweige ich immer und warte, ob der Gott eine andere Antwort geben möchte.
    Kassandra lauschte in sich hinein, aber in ihrem Herzen war nur Schweigen und die Erinnerung an das strahlende Lächeln eines Gottes. Würde ein Tag kommen, an dem sie wie jede pflichtbewußte Frau das Gesicht des Gottes in ihrem Gemahl sah? Kassandra sah Zakynthos prüfend an. 
    Er war kein Sonnengott, aber er hatte ein ehrliches und freundliches Gesicht. Sie konnte sich kaum vorstellen, daß ein Gott durch ihn sprach. Aber zumindest wären seine Worte nie grausam oder selbstherrlich. Agamemnon war nicht schlimmer gewesen als Poseidon. Paris hatte Troia auf Geheiß einer Göttin in Flammen gesetzt, die grausamer und launenhafter war als jeder Mensch. Die schlimmsten Männer in ihrem Leben waren nicht schlimmer gewesen als die Götter, und ihre Übeltaten hatten sie auf Geheiß der Götter vollbracht, die sie nach IHREM Bild geschaffen hatten.
    Kassandra schwieg. Aber kein Gott sprach zu ihr, und sie kannte in diesem Augenblick die Antwort. Ihr Herz stürmte bereits über das große Meer einer neuen Welt entgegen, die zumindest so viel besser sein sollte als die alte Welt, wie Männer und Frauen sie besser machen konnten.
    »Gehen wir, Zakynthos, und suchen wir unsere Stadt. Vielleicht werden eines Tages die Menschen, die nach uns kommen, die Wahrheit über Troia und seinen Untergang erfahren«, sagte sie und ergriff seine Hand.
    Irgendwo lächelte eine Göttin. 
    Kassandra dachte:  Es ist nicht Aphrodite.

Nachwort
    Die   Ilias   berichtet nichts über das Schicksal der Kassandra von Troia. Aischylos läßt sie in seinem   Agamemnon   ebenfalls durch Klytaimnestras Hand sterben. Man hielt es für völlig legitim, Gestalten aus der   Ilias   aufzugreifen, wenn ihr Schicksal nicht Teil des Epos geworden war. Bei Euripides ist Kassandra eine der gefangenen Troianerinnen. Interessanterweise denkt sie als einzige an Rache. Aber es wird auch deutlich, daß sie wahnsinnig ist. In einem anderen Drama führt Kassandra die Frauen von Troja in einen heldenhaften Massenselbstmord.

    Im archäologischen Museum von Athen prägt die Tafel 803 folgende Inschrift:
     ZEUS VON DODONA, NIMM DIESES GESCHENK IN GNADEN AN
    DAS ICH DIR VON MIR UND MEINER FAMILIE ÜBERBRINGE -
    AGATHON, SOHN DES EKHEPHYLOS
    Aus DER FAMILIE DER ZAKYNTHER
    KONSULN DER MOLOSSER UND IHRER VERBÜNDETEN
    SEIT 30 GENERATIONEN DIE NACHKOMMEN
    DER KASSANDRA VON TROJA

Danksagung
    Ich möchte mich ganz besonders bei meinem Mann, Walter Breen, bedanken, der mir bei der Materialsammlung für dieses Buch geholfen hat. Seine Kenntnis des klassischen Griechenland, seiner Sprache und seiner Geschichte, waren von unschätzbarem Wert für das Entstehen dieses Romans - ganz besonders aber das Zitat aus dem Museum in Athen, mit dem das Buch endet, denn es lieferte die historische Grundlage für das Schicksal - und die historische Existenz - der Kassandra von Troia, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird.
    Manche Leser werden wahrscheinlich einwenden: »So steht es nicht in der  Ilias. « Natürlich nicht. Hätte ich mich mit dem Bericht in der  Ilias  zufriedengegeben, hätte ich keinen Grund gehabt, einen Roman zu schreiben. Außerdem bricht die Ilias am interessantesten Punkt ab und überläßt es dem Schriftsteller, auf Grund unterschiedlicher Sagen und Überlieferungen Mutmaßungen über das Ende anzustellen. Wenn die Verfasser der griechischen Dramen sich die dichterische Freiheit zugestanden haben, muß ich mich nicht dafür entschuldigen, wenn ich ihrem großartigen Beispiel folge.
    Ich danke auch Elisabeth

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