Die Feuer von Troia
und legte folgsam ihre Hand in seine. SEINE Haut fühlte sich kalt an, und ihre Hand zitterte ein wenig bei der Berührung. Als sie aufblickte, entdeckte sie auf SEINEM Gesicht den Anflug eines Lächelns, das überhaupt nicht dem strengen und unnachgiebigen Tyndareos glich; der Gott schien zu lachen - nicht über sie, sondern mit ihr. ER legte seinen Arm um sie und hüllte sie in seinen Mantel, so daß sie die Wärme seines Körpers spürte. ER sprach nicht mehr, sondern zog sie in das Zimmer, das sie gerade erst verlassen hatte.Dann drückte ER sie unter dem Mantel eng an sich, und sie spürte, wie SEINE Männlichkeit sich an ihrem Körper aufrichtete.
Gelten die Gesetze gegen die Vereinigung mit einem anderen Mann auch für einen Gott, der in Gestalt meines Gemahls zu mir kommt ? fragte sie sich bestürzt. Irgendwo in diesem Körper mußte der wahre Tyndareos sie sehen. War er eifersüchtig, oder freute er sich, daß seine Gemahlin die Gunst seines Gottes gefunden hatte? Leda konnte keine Antwort auf ihre Fragen finden, und an der Kraft, mit der ER sie hielt, wußte sie, es wäre unmöglich, sich IHM zu widersetzen.
Zuerst hatte sie SEINEN fremden Körper als kalt empfunden; inzwischen erschien er ihr angenehm warm, wie vom Fieber erhitzt.
ER hob sie hoch und legte sie auf das Bett, nach einer einzigen schnellen Berührung war sie bereits offen, erregt und bereit. Dann war ER über ihr und in ihr; Blitze umspielten seine Gestalt und sein Gesicht, fanden ihr Echo im stoßenden Rhythmus seiner Berührung. Einen Augenblick lang schien es kein Mann zu sein, auch kein Mensch; sie schien sich allein auf einem hohen, windgepeitschten Gipfel zu befinden, umhüllt von rauschenden Flügeln oder einem lodernden Feuerring, oder in der Umschlingung eines Tieres, das sie mit Verwirrung und Ekstase schändete - schlagende Flügel, ein Donnerschlag, als sein heißer fordernder Mund von ihrem Mund Besitz ergriff.
Dann war es plötzlich vorüber, als sei alles vor sehr langer Zeit geschehen, als sei es eine verblassende Erinnerung, ein Traum, und sie lag auf dem Bett. Sie kam sich sehr klein, verlassen und allein vor, und sie fröstelte, als der Gott über ihr stand und, wie es schien, bis in den Himmel ragte. ER beugte sich zu ihr hinunter und küßte sie mit großer Zärtlichkeit. Sie schloß die Augen, und als sie erwachte, schlief Tyndareos tief und fest an ihrer Seite, und sie wußte nicht genau, ob sie das Bett überhaupt verlassen hatte. Es war Tyndareos; als sie die Hand ausstreckte, um sich zu vergewissern, war sein Körper warm - oder kühl -, und um die Haare neben ihr auf dem Kissen zuckten nicht die kleinsten Blitze.
Hatte sie alles nur geträumt? Bei diesem Gedanken hörte sie in der Ferne draußen ein leises Donnergrollen. Wohin ER auch gegangen war, der Gott hatte sie nicht völlig verlassen. Und Leda wußte, wie lange sie auch noch die Gemahlin von Tyndareos sein mochte, sie würde nie mehr in das Gesicht ihres Gemahls blicken, ohne nach einem Zeichen des Gottes zu suchen, der in seiner Gestalt zu ihr gekommen war.
2
Wenn Königin Hekabe hinaus vor die Mauern Troias ging, blickte sie jedesmal voll Stolz auf die Stadt, die wie eine Festung war. Terrasse um Terrasse erhob sich Troia hoch über die fruchtbare Ebene des grünen Skamander, vor dessen Mündung das Meer lag. Sie staunte immer wieder über das Werk der Götter, die ihr die Herrschaft über Troia geschenkt hatten - ihr; der Königin, und Priamos, ihrem Gemahl, Krieger und Gefährten.
Hekabe war die Mutter von Prinz Hektor, seinem Erben. Eines Tages würde ihren Söhnen und Töchtern die Stadt gehören und das Land dahinter, soweit das Auge reichte.
Selbst wenn das Kind, das sie bald gebären sollte, eine Tochter war, hatte Priamos keinen Grund, sich über sie zu beklagen. Hektor war inzwischen sieben und damit alt genug, die Waffenkunst zu lernen. Man hatte bei dem Schmied, der für den königlichen Haushalt arbeitete, bereits seine erste Rüstung in Auftrag gegeben. Ihre Tochter Polyxena war vier Jahre alt. Mit ihren langen, rötlichen Haaren, die wie Hekabes Haare waren, würde sie einmal hübsch sein. Sie würde eines Tages so viel wert sein wie ein Sohn, denn eine Tochter konnte mit einem der rivalisierenden Könige verheiratet werden und für Priamos ein Bündnis dauerhaft festigen. Der Haushalt eines Königs sollte mit Söhnen und Töchtern gesegnet sein. Die Palastfrauen hatten ihm viele Söhne und auch ein paar Töchter geboren. Aber als
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