Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
Rücken daneben, und der vierte war entwaffnet. Dem setzte sie jetzt die Schwertspitze an die Kehle.
»Richte der Hohepriesterin aus, dass ich nichts mit ihr zu tun haben will. Sie soll aufhören, mir nachzustellen, es ist aussichtslos, sie kriegt mich nicht«, sagte sie.
Der Mann blickte sie an, atmete schwer, schien aber nicht besorgt. Sogar ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Da traf sie ein wuchtiger Schlag in den Nacken, und ein heftiger Schmerz durchfuhr Adhara vom Kopf bis zu den Füßen.
Fünf. Es waren fünf , dachte sie noch wütend.
Dann wurde alles dunkel um sie herum.
Rumpelnde Räder weckten sie auf. Unregelmäßige Stöße unterbrachen das anhaltende Geräusch. Langsam schlug Adhara die Augen auf und spürte sofort, wie eine heftige Übelkeit sie überkam. Sie hatte noch nicht einmal mehr Zeit, sich darüber klarzuwerden, wo sie sich befand, da erbrach sie schon alles, was sie im Magen hatte, auf einen mit Stroh ausgelegten Bretterboden.
Ihr Kopf war schwer und schien fast zu platzen. Als sie ihn zu massieren versuchte, musste sie augenblicklich die Hand zurückziehen, so sehr schmerzte die Stelle im Nacken, wo der Soldat sie getroffen hatte.
Sie blickte sich um und sah, dass sie in einem schmalen
Gefährt aus ungehobeltem Holz lag. Aber immerhin hatte man ihr aus Stroh ein weiches Lager bereitet und eine Schüssel danebengestellt. Adhara reckte sich vor, um zu sehen, was darin war. Wasser. Gierig stürzte sie sich darauf, und als es ihr kühl die Kehle hinunterlief, ging es ihr sofort ein wenig besser. Es war wie eine Arznei.
Wie ihr nun erst auffiel, konnte sie ihre Hände und auch die Füße frei bewegen. Man hatte es also nicht für nötig gehalten, sie zu fesseln. Als sie sich aufrichtete, die Hände ans Holz der Wagentür legte und daran rüttelte, spürte sie sofort den Widerstand eines Riegels auf der anderen Seite. Der Fluchtweg war verschlossen.
Sie hockte sich in eine Ecke und zwang sich nachzudenken.
Man hatte sie gefangen genommen. Aber weshalb?
Wieder durchzuckte ein heftiger Schmerz ihren Kopf, und dabei wurde sie mit Bestürzung gewahr, dass ihr dieser Kopf, so fassbar der Schmerz auch sein mochte, eigentlich nicht gehörte.
Was Adrass ihr erzählt hatte, stimmte. Sie war nicht geboren, sondern geschaffen worden. Diese Hände, ihre Hände, hatten einmal einer anderen gehört. Vorher . Und dieser Körper hatte bereits einmal ein irdisches Leben durchlaufen, hatte geliebt und gelitten, Freude und Leid empfunden, Gefühle, an die sie sich nicht erinnern konnte. Dann war er gestorben, und die Erweckten hatten sich an diesem Körper zu schaffen gemacht, um ihn zu neuem Leben zu erwecken, mit dem einzigen Ziel, ihn als Waffe zu missbrauchen.
Das Einzige, was in den zurückliegenden Monaten echt gewesen war, waren ihre Gefühle für Amhal. Die
Liebe, die sie zu ihm empfand, durchströmte sie mit ungebrochener Kraft und bewirkte, dass auch sie sich lebendig fühlte. Daher war es ganz natürlich für sie, auch jetzt noch, nach allem, was er getan hatte, nach ihm zu suchen. In gewisser Weise hatte auch er ihr ein Leben geschenkt, hatte ihr einen Namen und eine Identität gegeben, hatte sie zu der jungen Frau werden lassen, als die sie sich fühlte. Und so war es ihre Pflicht, Amhal zu retten.
Nachdem sie Adrass entkommen war, hatte sie sich auf den Weg zu einem kleinen Dorf gemacht, das sie in der Nähe von Neu-Enawar kannte. Sie brauchte Proviant, vor allem aber Auskünfte, hatte sie doch keine Ahnung, wohin San mit Amhal unterwegs sein mochte. Ohne irgendwelche Hinweise tappte sie völlig im Dunkeln.
In dem Wirtshaus, in dem sie ihre letzten Münzen ausgab, hockten nur ein paar vereinzelte Gäste, die von einer Magd bedient wurden. Nachdem sie dort ihr karges Mahl verzehrt hatte, sprach sie die Frau an und fragte sie freiheraus, ob sie vielleicht davon gehört habe, dass am Himmel über dem Dorf ein seltsames Tier, ein Lindwurm, gesichtet worden sei. »Vor ungefähr zwei Tagen müsste das gewesen sein.«
»Den … den hab ich gesehen«, lallte da ein Betrunkener mit belegter Stimme und einem Glas in Händen an einem Tisch in einer Ecke.
»Ja, natürlich hast du den gesehen. So wie das Einhorn vor zwei Monaten und dieses Fabelwesen, halb Frau, halb Pferd, vor ein paar Wochen«, lachte die Magd ihn aus. »Hör nicht auf ihn, der säuft wie ein Loch.«
»Aber wenn ich’s dir doch sage … Ich hab ihn gesehen …«, ließ sich der Betrunkene nicht beirren und erhob sich
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