Die Feuerkämpferin 02 - Tochter des Blutes
weiter aufmerksam musterte.
»Die Lage ist außer Kontrolle geraten«, erklärte sie dann. »Die jüngsten Ereignisse haben uns an den Rand des Untergangs geführt.«
Mit einem Mal hatte Adhara wieder das Bild vor Augen, wie Amhal König Neor tötete, und mit aller Anstrengung verscheuchte sie die Erinnerung.
»Während dein Freund unseren König so kaltblütig ermordete, haben uns am Saar die Elfen angegriffen.«
Wie die Wucht einer Ohrfeige traf Adhara diese Neuigkeit. Die Elfen?
Trotz allem musste Theana lächeln, als sie Adharas verwunderte Miene sah. »Ja, wir haben Krieg. Die Elfen waren es, die die Seuche verbreiteten, um uns auf diese Weise zu schwächen, bevor sie zum Angriff übergingen. Es ist ein Eroberungsfeldzug. Mit Sicherheit trachten sie danach, die Aufgetauchte Welt wieder in ihren Besitz zu bringen.«
Adhara versuchte, das Zittern zu beherrschen, das ihre Hände befallen hatte. »Nun, trotzdem verstehe ich nicht, was ich damit zu tun haben soll.«
»Das will ich dir erklären. Lange habe ich mich geweigert, der Wahrheit ins Auge zu sehen, ich war verblendet und habe die Warnzeichen unterschätzt. Doch nun bin auch ich überzeugt, dass Marvash wieder unter uns ist. Vor allem aber: Du bist Sheireen, die Geweihte, die dazu auserwählt ist, über ihn zu triumphieren. Von der dramatischen Lage habe ich mich selbst überzeugen können, ich habe meine Stellung verlassen und mich ins Land des Wassers begeben.«
Wieder diese Geschichte, diese Worte, die ihr bereits Adrass weismachen wollte.
»Ich weiß nichts von einem Marvash, und vor allem bin ich keine Geweihte. Das sind doch nur hirnlose Ammenmärchen«, rief Adhara, wobei sie hochfuhr und die Fäuste so fest ballte, dass die Fingerknöchel weiß wurden.
»Aber als unsere Truppen Amhals Spuren folgten, gelangten sie zu einem geheimen, nun zerstörten Bau. Dort hausten einmal die Erweckten. Es ist ein Ort, den du sehr gut kennst …«, fuhr Theana fort.
Adhara lief ein langer Schauer über den Rücken.
»Du siehst, ich bin über alles im Bilde«, sprach die Zauberin leiser weiter. »Adhara, ich muss sicher wissen, ob du eine Sheireen bist. Es gibt schmerzlose Wege, dies festzustellen.«
»Genug jetzt!«, brauste Adhara auf. »Was wollt ihr nur alle von mir? Nein, ich lasse mir kein Schicksal anhängen, das gar nichts mit mir zu tun hat. Ich gehe meinen eigenen Weg!«
»Und der wäre?«, fiel ihr Theana ins Wort. »Alles, was dein Leben einmal ausgemacht hat, hat sich aufgelöst. Learco ist tot, Dubhe an der Front, und Amina hat seit Tagen ihr Zimmer nicht mehr verlassen. Den Hof, wie er einmal war, gibt es nicht mehr, und zerstört hat ihn jener Mann, dem du dein ganzes Vertrauen geschenkt hast.«
»Ich allein kenne Amhals wahren Kern«, murmelte Adhara.
»Ach was! Amhal und San sind das Krebsgeschwür, an dem das Land der Sonne zugrunde geht. Das haben
wir leider zu spät begriffen. Doch noch ist nicht alle Hoffnung verloren. Wir können ihnen etwas entgegensetzen …«
»Aber ohne mich…«
»So versteh doch …«
»Da gibt es nichts zu verstehen.«
Reglos, wie durch einen Abgrund getrennt, standen sie einander an dem mit Büchern übervollen Schreibtisch gegenüber.
»Ich lasse dich nicht gehen«, erklärte Theana schließlich.
Adhara deutete ein Lächeln an. »Endlich zeigt Ihr Euer wahres Gesicht. Auch Ihr wollt mich nur benutzen, nicht anders, als es die Erweckten getan haben.«
An empfindlichster Stelle getroffen, biss Theana die Zähne zusammen.
»Haltet Ihr es denn für richtig, was sie mir angetan haben? War es richtig, mich aus einer Leiche zu erschaffen? Mich zu quälen und zu einer Art Waffe zu schmieden, die dem Tod und dem Martyrium geweiht ist?« Adhara hatte sich der alten Frau bedrohlich genähert, und deren Gesicht war kaum mehr eine Handbreit von dem ihren entfernt.
»Wenn dies alles uns retten kann …, vielleicht ja«, antwortete die Hohepriesterin, ohne eine Miene zu verziehen.
Da fuhr Adhara sie an: »Verräterin!«
Theana griff zu einem Glöckchen, und einen Augenblick später standen zwei Wachen auf der Schwelle. »Ergreift sie!«
Adhara wollte sich auf Theana stürzen, doch die
Männer warfen sie zu Boden und drehten ihr einen Arm auf den Rücken. Die Brust gegen den Fußboden gepresst, konnte sie sich nicht mehr rühren, und ihr Atem stockte.
»Schafft sie in den Kerker«, befahl Theana. Die Wachen wechselten einen ungläubigen Blick. »Ihr habt gehört, was ich gesagt habe. Also los!«
Da nahmen
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